Mittelklasseauto im Fahrbericht:Opel lernt beim neuen Insignia aus seinen Fehlern

Der neue Opel Insignia, getarnt als Erlkönig.

Letzte Testfahrten: Der neue Insignia versteckt seine Formen noch bis Ende des Jahres unter einer Tarnfolie.

(Foto: Opel)

Bessere Motoren, weniger Gewicht, ein größerer Kofferraum beim Kombi: Opels Mittelklassemodell soll endlich so gut sein wie die Konkurrenz. Das gelingt nicht in jeder Hinsicht.

Test von Michael Specht

Zu groß, zu schwer, die Motoren zu durstig und die Innovationen zu dürftig: Opel hat die Probleme des vorigen Astra erkannt und konsequent abgestellt. Belohnt wurde dies unter anderem mit dem Titel "Auto des Jahres". Nun wollen die Rüsselsheimer auch beim Insignia die Kurve kriegen.

Opels Flaggschiff, seit Ende 2008 auf dem Markt, war nicht gerade der Hit im Segment. Kritik gab es bei den Punkten Gewicht, Bedienung, Verbrauch und Platzangebot. Vergleichstests in Fachzeitschriften konnte der Insignia selten für sich entscheiden. "Wir haben alle diese Punkte sorgfältig abgearbeitet", verspricht Vorstandschef Karl-Thomas Neumann.

Der Insignia wächst auf Audi-A6-Format

900 000 Exemplare liefen vom Insignia bisher von den Bändern. Es gibt ihn als Stufenheck- und Schräghecklimousine sowie als Kombi, hinzu kommen nahezu identische Varianten der englischen Schwestermarke Vauxhall. In den USA und China wird der Insignia als Buick Regal verkauft. Opel spricht von einem großen Erfolg, doch der Blick in die aktuellen deutschen Zulassungszahlen zeigt, dass der Hauptkonkurrent VW Passat mehr als viermal so viele Kunden findet. Auch der Škoda Superb liegt vorne, während der Ford Mondeo beim Absatz leicht hinterher fährt.

Nun soll alles besser werden. Die zweite Generation des Insignia geht im kommenden April an den Start. Sie wächst auf eine opulente Länge von 4,90 Metern. Das hat Audi-A6-Format, während sich der Radstand mit 2,83 Meter eher auf Audi-A4-Niveau bewegt. Insgesamt steht der neue Insignia flacher und breiter auf den Rädern. Trotz des stattlichen Auftritts soll Opels größte Limousine, die fortan auf den Namen Grand Sports hört, 175 Kilogramm abgespeckt haben.

Der brave Insignia hat abgespeckt

Letzteres kommt vor allem der Agilität und dem Verbrauch zugute. Mit der Neuauflage des Insignia halten auch moderne Motoren und Getriebe Einzug in das Mittelklassemodell. Wir konnten den neuen 1,5-Liter-Turbobenziner mit 165 PS ausprobieren. Er löst den alten 1,6-Liter mit 170 PS ab. Darüber rangiert der 2,0-Liter-Turbo mit 250 PS, den es ausschließlich mit Automatik und Allradantrieb gibt.

Bei der ersten Ausfahrt überzeugte das neu entwickelten Sechsganggetriebe mit kurzen, knackigen Schaltwegen und einer präzisen Führung. Der 1,5-Liter-Motor wirkt agil, zieht bereits aus niedrigen Drehzahlen gut los, klingt aber beim Hochdrehen etwas angestrengt. Überfordert ist er mit seinem recht kleinen Hubraum jedoch nicht. Die Kombination passt. Anders als VW beim Passat (und Skoda beim Superb) wird Opel allerdings kein Doppelkupplungsgetriebe anbieten. Opel setzt auf die klassische Wandler-Automatik mit acht Fahrstufen.

Kein Dreizylinder, aber ein OPC mit 400 PS

Zum Marktstart stehen zudem drei Diesel-Aggregate mit Leistungen zwischen 110 und 170 PS bereit. Ein Biturbo-Selbstzünder mit rund 240 PS folgt später. Auch ein OPC-Powermodell steht auf der To-do-Liste der Rüsselsheimer. Leistungsziel: rund 400 PS. Außerdem soll es einen 140-PS-Einstiegsbenziner geben. Hausverbot hat der Dreizylinder aus dem Astra. Wann und ob eine Plug-in-Hybrid-Version nachgereicht wird, ließ Opel-Chef Neumann noch völlig offen.

Optisch lässt Designchef Mark Adams den Insignia deutlich sportlicher auftreten. Der Wagen wirkt fast wie ein viertüriges Coupé. Die Silhouette ist flacher, die Kanten sind präziser, die Scheinwerfer schmaler. Optional gibt es LED-Matrixlicht. Die Räder erreichen eine maximale Größe von 20 Zoll im Durchmesser. Von der Tarnfolie befreien will Opel sein Topmodell im Dezember. Die öffentliche Premiere soll im März auf dem Genfer Autosalon stattfinden. Das gilt für den Fünftürer Grand Sports und den Kombi Sports Tourer. In der zweiten Jahreshälfte 2017 folgt dann die auf Abenteuer getrimmte Country-Tourer-Version.

Der Kombi soll einen größeren Kofferraum bekommen

Kräftig entrümpelt hat Opel das Cockpit. Zwar bleibt es bei klassischen Rundinstrumenten hinter dem Lenkrad, doch der größte Teil der Bedienung läuft über den Touchscreen. In der Basis misst dieser leider nur eine Größe von sieben Zoll, gegen Aufpreis sind es acht Zoll. Das sind nicht gerade Abmessungen, die man Kunden in dieser Fahrzeugklasse als Premium verkaufen kann. Preislich dürfte der Insignia Grand Sports bei knapp unter 26 000 Euro starten und liegt damit auf dem Niveau der Konkurrenz.

Eine klassische, viertürige Limousine wird Opel mangels Nachfrage gar nicht mehr anbieten. Ihr Anteil liegt beim heutigen Insignia unter drei Prozent. Dagegen wählen mehr als 80 Prozent der Kunden den Kombi. Das wird beim Nachfolger nicht anders sein. Umso mehr nahmen sich die Entwickler die Kritik am geringen Raumangebot zu Herzen. Laut Mark Adams soll der neue Sports Tourer deutlich mehr Ladevolumen erhalten - und dabei sogar noch sportlicher aussehen als der Vorgänger. Das Pummelchen wird also erwachsen.

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