Mercedes Vito mit Elektroantrieb:Das Angebot an E-Transportern wächst

Elektrische Transporter von Mercedes-Benz Vans: eVito ab sofort bestellbar; Ökosystem für die Elektrifizierung gewerblicher Flotten

Bis zu 120 km/h schnell, die Reichweite beträgt 150 Kilometer: Der Mercedes eVito soll die Elektrifizierung des Lieferverkehrs vorantreiben.

(Foto: Daimler AG)
  • Daimler hat einen neuen Elektro-Transporter auf Basis des Mercedes Vito vorgestellt. Für einen Nettopreis von 40 000 Euro gibt es eine Reichweite von 150 Kilometern.
  • Der Konzern zielt damit vor allem auf die Paketdienste - eine Branche, die in den kommenden Jahren weiter wachsen dürfte.
  • Unklar ist aber, ob sich elektrisch angetriebene Nutzfahrzeuge auch für Handwerker rechnen.

Von Marco Völklein

Wie so viele beim Thema Elektromobilität verweist auch Volker Mornhinweg zunächst auf die Vergangenheit, bevor es um die Zukunft geht. Schon 1908 hatte Daimler der Berliner Feuerwehr einen Löschzug mit E-Antrieb geliefert. Der versprach hohe Betriebssicherheit, sofortige Einsatzbereitschaft und geringe Wartungskosten. "Dann aber setzte sich eine andere Technologie durch", sagt der Leiter der Transportersparte bei Daimler. Nämlich der Verbrenner. Doch künftig wollen die Stuttgarter wieder mehr auf E-Mobilität setzen.

Seit dieser Woche können Kunden den neuen elektrisch angetriebenen Vito bestellen; vom Sommer 2018 an soll der mittelgroße Transporter ausgeliefert werden. 2019 soll der größere Sprinter mit E-Antrieb folgen, der unterhalb des Vito angesiedelte Citan irgendwann später. Ziel sei es, sagt Mornhinweg, sämtliche gewerblich genutzte Transporter als Stromer anzubieten. "Wir sind von der Notwendigkeit des elektrischen Antriebs überzeugt, allen voran im innerstädtischen Bereich."

Tatsächlich sehen Fachleute vor allem in den Innenstädten das größte Potenzial. Die Paketzusteller von DHL, Hermes oder UPS absolvieren meist Touren zwischen 70 und 90 Kilometer Länge pro Tag, diese sind zudem gut planbar. Beste Voraussetzungen also für den E-Antrieb. Zudem stehen die Autos über Nacht in Depots, wo die Akkus geladen werden können. Doch noch immer dieselt der Großteil der Zustellerflotte durch die Städte. "Das Angebot an E-Transportern ist nach wie vor überschaubar", sagt Joseph Seybold, Verkehrsreferent bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern. Nissan liefert mit dem e-NV-200 einen kleinen Transporter, Iveco hat einen elektrifizierten Daily im Angebot. Daneben bieten Spezialfirmen wie die Hamburger Emovum Umbauten in Kleinserien an - die aber sind meist nicht gerade günstig.

Der Paketzusteller DHL, eine Tochter der Deutschen Post, hatte schon vor Jahren bei Herstellern wie Daimler angefragt, ob sie einen E-Transporter in Großserie bauen können. Doch die winkten ab. Letztlich stieg die Post selbst in die Produktion eines Stromers ein - und bietet seit Kurzem ihren Streetscooter auch anderen Firmen oder Kommunen an. Auf einer Roadshow zeigte der Konzern zuletzt sein E-Fahrzeug, unter anderem auch mit Kipper- oder Kühlaufbauten.

Der Internethandel wächst weiter

Das Interesse an solchen Fahrzeugen sei da, sagt IHK-Vertreter Seybold. Schließlich könnten Verwaltungsrichter in Stuttgart oder München schon bald Fahrverbote für Diesel-Autos verhängen. "Das schwebt wie ein Damoklesschwert über den Unternehmen." Mancher Firmenchef in Südbayern habe "ein ungutes Gefühl" und befürchte, seine Kunden in der Landeshauptstadt irgendwann nicht mehr anfahren zu können. Mit einem elektrisch angetriebenen Fahrzeug wäre der Zugang zur City indes gesichert.

Zumal ein Ende des Booms in der Paketbranche nicht in Sicht ist. Wegen der stetig steigenden Nachfrage im Internethandel hat sich die Zahl der in Deutschland transportierten Pakete und Päckchen von 2006 bis 2016 laut dem Branchenverband BIEK um etwa 50 Prozent auf mehr als drei Milliarden gesteigert. Bis 2021 erwarten Marktbeobachter einen Zuwachs auf vier Milliarden Sendungen pro Jahr. Um all die Bestellungen auszuliefern, dürften die Flotten der Zustellfirmen weiter wachsen, befürchten Beobachter wie Seybold. Und so könnte es sein, dass die Kommunen irgendwann nur noch Zusteller reinlassen, deren Transporter weniger Lärm und Schadstoffe in die Straßen tragen.

"Ein Nutzfahrzeug muss sich rechnen"

Daher glauben auch die Daimler-Leute, dass sich ihr neuer e-Vito nun besser verkaufen wird als der seit 2010 angebotene Vito e-Cell, der 80 Kilometer Reichweite bot, von dem bislang aber nur rund 1000 Stück ausgeliefert wurden. Mittlerweile sei der Markt "reif für einen flächendeckenden Absatz", sagt Mornhinweg. Die Batterien seien billiger, leichter, leistungsfähiger und weniger platzraubend als noch vor einigen Jahren.

Die Reichweite des neuen e-Vito gibt Daimler denn auch mit 150 Kilometer an, die Höchstgeschwindigkeit mit 120 Stundenkilometern. Die Akkus sollen binnen sechs Stunden voll aufgeladen sein. Mit einem Kaufpreis von knapp 40 000 Euro (ohne Mehrwertsteuer) ist der e-Vito etwa 10 000 Euro teurer als sein Dieselpendant; dem gegenüber stünden aber Einsparungen, etwa bei Wartung und Stromkosten, sagt Mornhinweg. Nach etwa drei Jahren habe der Unternehmer die Mehrkosten drin. Dieser Punkt sei "kriegsentscheidend", findet IHK-Fachmann Seybold. "Ein Nutzfahrzeug muss sich rechnen, sonst wird es nicht gekauft."

Rechnen sich E-Transporter auch für Handwerker?

Um die Kunden zum Stromern zu bringen, haben die Daimler-Leute zudem weitere Dienste rund um ihre E-Transporter kreiert. So soll eine Smartphone-App aufzeigen, welche Fahrten, die derzeit mit einem Diesel-Transporter absolviert werden, künftig mit einem Elektrofahrzeug zu bewältigen wären. Außerdem will der Konzern spezielle Fahrertrainings sowie die Kunden bei der Installation der benötigten Ladesäulen beraten. Offen ist aber, ob die Firmen für all diese Zusatz-Dienste extra zahlen sollen - oder dies im Preis eines neuen e-Vitos enthalten sein wird.

Ohnehin steht Mornhinwegs Elektrostrategie offenbar noch ziemlich am Anfang. Zwar betont der Manager, künftig in sämtlichen Bereichen, also angefangen bei der Personenbeförderung bis hin zum Gütertransport, mehr und mehr auf den Elektroantrieb zu setzen. Doch bei der Präsentation wurde fast nur von der Paketbranche geredet. Schließlich hatte DHL-Konkurrent Hermes, so hört man in der Branche, auch gehörig Druck ausgeübt auf die Stuttgarter. "Andere Branchen und Firmen warten aber auch auf Lösungen", sagt IHK-Mann Seybold. Doch die Kostenparität des elektrischen Vito gegenüber seinem Dieselpendant, das räumen sie auch bei Daimler ein, lässt sich zum Beispiel im Handwerk (noch) nicht realisieren - unter anderem wegen der geringeren Laufleistungen und den weniger gut planbaren Touren.

Gespannt warten nun viele darauf, dass VW den elektrifizierten Crafter bringt. Die Wolfsburger vertreiben ihr neues Vorzeigemodell seit diesem Frühjahr, die E-Variante hatten sie im Herbst 2016 eigentlich für das Jahr 2017 in Aussicht gestellt.

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