Mercedes-Benz C 250 D / E 250 D:Mit ambivalenten Gefühlen

Technisch einwandfrei, aber mit altväterlichem Design

(SZ vom 21.01.1995) Was für den einzelnen zählt, wenn er sich ein Auto kauft, ist so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Wer sich für einen Mercedes-Benz interessiert, vor allem für die Diesel-Varianten, dürfte sein Augenmerk auf Verbrauch, Solidität und Langlebigkeit legen. Zwei Vertreter dieser Sparte im Angebot der Stuttgarter sind der C 250 D und der E 250 D.

Der Motor, der jeweils den Antrieb besorgt, ist mit einer Leistung von 83 kW (113 PS) ausgestattet und verfügt über einen Hubraum von genau 2497 Kubikzentimetern. Da die C-Klasse bekanntermaßen kleiner und damit auch leichter ist als die E-Klasse, verhält sich das Aggregat jeweils anders. Auf dem Papier scheint es gar keine so große Differenz zu geben, denn der Unterschied bei der Beschleunigung von Null auf 100 km/h macht nur 0,5 Sekunden aus (15,0 Sekunden beim C), und die Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h ist sogar identisch. Selbst der werksseitig angegebene Drittelmix-Verbrauch von 7,0 Liter beziehungsweise 7,1 Liter Dieselkraftstoff kann als vergleichbar guter Wert bezeichnet werden.

Warum entscheidet man sich dann nun für die eine oder eher die andere Untertürkheimer Limousine? Im C 250 D reagiert der 2,5-Liter-Motor agiler und vermittelt einen etwas spritzigeren Eindruck - wenn man das überhaupt so nennen kann - als im E 250 D. Die Federung beider Wagen ist auf Komfort ausgelegt und zeigt trotz eher weicher Abstimmung aber stabile Fahreigenschaften. Die Fünfgang-Schaltung des Fünfzylinders arbeitet mit gewohnter Präzision und trägt zum Gefühl von bequemem Reisen bei.

Im Inneren erstaunt die E-Klasse dadurch, daß sie kaum geräumiger wirkt - zumindest nicht auf den vorderen Plätzen - als die C-Klasse. Auf den hinteren Sitzen ist der Unterschied dann allerdings schon zu bemerken. Das Mercedes-Cockpit ist in jeder Hinsicht übersichtlich und funktional, das Lenkrad scheint immer noch eine Spur zu groß. Auf den vorderen Sitzen, die für so ziemlich jede Körpergröße optimal einzustellen sind, werden die Passagiere im Notfall von zwei serienmäßigen Airbags geschützt. So variabel die Verstellmöglichkeiten des Gestühls sind, so unpraktisch sind sie zu bedienen, da der Raum zwischen der Tür und dem Sitz einfach zu eng ist - da paßt keine Hand dazwischen.

Die solide Verarbeitung und die hohe Qualität der Werkstoffe eines Mercedes- Benz sind fast schon sprichwörtlich, beinahe so wie das eher biedere Design der Karosserie. Ohne jeglichen Pfiff, ohne witzige Details präsentieren sich beide Typen, im Innenraum vermitteln die hochglanzlackerierten Holzverkleidungen einen düsteren und altväterlichen Eindruck - es kann sich ein durchaus ambivalentes Gefühl entwickeln, wenn man einen Mercedes fährt.

Für welches der beiden Modelle man sich nun entscheidet, ist sicher auch eine Frage des Geldbeutels. Autos mit dem Stern gehörten noch nie zur Kategorie der Schnäppchen, dafür wird aber auch ein großes Paket an Sicherheit und Serienausstattung geboten. So verfügen beide über beheizbare und elektrische verstellbare Außenspiegel, eine Zentralverriegelung, einen Fahrersitz, der in der Höhe und der Neigung verstellbar ist, höhenverstellbare Gurte mit Gurtstraffern sowie die praktische Innenbeleuchtung mit Verzögerungsrelais. Beim C 250 Diesel muß man für dieses Paket 51 405 Mark locker machen. Die E-Klasse bietet noch eine Reihe mehr serienmäßige Ausstattung: elektrische Fensterheber vorne, eine beheizbare Scheibenwaschanlage und eine Schließanlage mit Infrarot-Fernbedienung. Die Wegfahrsperre ist bei beiden Modellen serienmäßig eingebaut - sie ist für Autos, die seit 1. Januar gebaut werden, Pflicht. Der Kaufpreis für den umfangreicher ausgestatteten E 250 Diesel beträgt 56 292,50 Mark.

Ob nun überhaupt für eine der beiden Diesel-Limousinen von Mercedes-Benz der Zuschlag kommt, kann auch daran liegen, welche Prioritäten der Interessent setzt. Sind es die gute Ausstattung und die solide Verarbeitung sowie die niedrigen Verbrauchswerte, kommen beide in Frage. Stehen aber mehr die zügigere Fahrweise, die kompakte Form und der schmälere Geldbeutel im Vordergrund - es soll auch Mercedes-Fahrer geben, bei denen 1000 Mark sehr wohl eine Rolle spielen -, müßte die Wahl eigentlich auf das kleinere Modell der C-Klasse fallen.

Daß der Diesel-Motor als Antriebsalternative weiterhin Zukunft haben wird, zeigt auch eine von Mercedes-Benz veröffentlichte Prognose. Sie besagt, daß im Jahr 2010 der Anteil der Modelle, die von einem Diesel-Aggregat angetrieben werden, etwa 23 Prozent aller Pkw ausmachen wird. Zur Zeit liegt dieser Wert bei 15 Prozent.

Von Marion Zellner

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