Maserati Quattroporte V8 3. 2:Zurück zur Aristokratie

Die feinste italienische Limousine kostet 145 000 Mark

(SZ vom 07.08.1996) Eine der kleinsten, feinsten und ältesten Autofirmen der Welt ist zweifellos das in Modena beheimatete Unternehmen Maserati - seit82 Jahren werden in der Viale Ciro Menotti, 332 in Modena Sportwagen von Hand gefertigt. Pretiosen, die in den 50er und 60er Jahren zu den Lieblingen der Reichen dieser Welt gehörten (damals fuhren nur die Playboys und Berufs-Söhne Ferrari) - ein Haus mit Charisma und Historie, das in der Ölkrise pleite war - und von dem Argentinier Alejandro de Tomaso für ein paar tausend Lire übernommen wurde.

De Tomaso rettete die Marke mit Neptuns Dreizack im Emblem - aber der Preis dafür war der Biturbo, der in zuvielen Varianten mit zuvielen Qualitätsproblemen ausgeliefert wurde. Doch dann kam vor zwei Jahren die Rettung in Form von La Mamma: Fiat übernahm das Unternehmen, und seitdem geht es bergauf. Zuerst wurde das Modellprogramm drastisch gestrafft - heute sind nur noch das Ghibli-Coupé und die viertürige Limousine Quattroporte im Programm -, und dann wurde sehr rasch ein ziemlich umfangreiches Qualitätsprogramm in Angriff genommen.

"Der neue Quattroporte ottocilindri ist die schnellste, teuerste und luxuriöseste Limousine, die in Italien gebaut wird", verkündete Eugenio Alzati, der neue Chef des Hauses voller Stolz - und in der Tat arbeitet unter der Motorhaube des ottocilindri ein 3,2 Liter-Achtzylinder, der (abgeleitet von dem Triebwerk des Shamal) bei 6400/min 247 kW oder 335 PS leistet. Beeindruckend ist auch das maximale Drehmoment von 450 Nm, das bei zivilen 4400/min bereitgestellt wird. Für derartige Werte hat der Motor natürlich schon über ein paar ganz besondere Features zu verfügen: vier obenliegende Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, zwei Turbolader mit zwei Ladeluftkühlern, eine elektronische Multipoint-Einspritzung - und viel Leichtmetall.

Die daraus resultierenden Fahrleistungen - knapp 270 km/h Höchstgeschwindigkeit und eine Beschleunigung in 5,8 Sekunden von Null auf 100 km/h - lassen so die meisten echten Sportwagen ziemlich betulich aussehen. Und genau in dieser Lücke des betont sportlichen Viertürers für den Familienvater hatten sich ja auch die Vorgänger erfolgreich getummelt: Von der ersten Generation (1963 bis 1969) wurden 679 Modelle ausgeliefert, die zweite Baureihe (1979 bis 1990) entstand sogar in 2241 Exemplaren. Und alle hatten - wie auch die neueste Quattroporte-Generation - einen Achtzylinder unter der Motorhaube.

Erste kurze Fahrten hinterließen die erfreuliche Gewißheit, daß Maserati wieder in das Gedächtnis der automobilen Aristokratie zurückkehren könnte - die Fahrleistungen waren überragend, das Fahrwerk sportlich (aber nicht zu unkomfortabel), der Innenraum mit dem Geruch von Leder und Holz erfüllt und der Klang aus den vier verchromten Auspuffrohren ließ (wenn auch durch die heutigen Zulassungsbestimmungen gedämpft) Erinnerungen an die Mille Miglia und die Targa Florio aufkommen.

280 Ottocilindri plant das Werk im nächsten Jahr (mit der Hilfe eines ausgeweiteten Händlerwetzes) zum Preis von 145 000 (Sechsgang-Schaltgetriebe) und 149 000 Mark (Automatik) zu verkaufen - mit dem brillanten Motor und der deutlich verbesserten Verarbeitungsqualität könnte die italienische Antwort auf den BMW M5 die Hoffnungen erfüllen.

Von Jürgen Lewandowski

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: