Maserati Quattroporte Evolutione:Der Dreizack lebt wieder

Vier Türen, acht Zylinder, 335 PS und 270 km/h für 137 800 Mark

(SZ vom 30.05.1998) In Zeiten, in denen sich die wenigen großen Hersteller um die wenigen verbliebenen Nischenhersteller schlagen, wird es Fiat sicherlich freuen, daß man sich die Anrechte auf die Traditionsmarke Maserati bereits vor vielen Jahren sicherte - und nachdem die bereits 1926 gegründete Renn- und Sportwagenmanufaktur 1993 in den Turiner Konzern überführt wurde, war dann die am 1. Juli 1997 vollzogene Verschmelzung von Ferrari und Maserati der nächste Schritt, um die Marke mit dem Dreizack wieder zur alten Größe zu führen.

Zeigte sich der charismatische Ferrari-Chef Luca de Montezemolo vor einigen Jahren noch mit leichten Berührungsängsten vor dem ewigen Konkurrenten, so ist er sich heute sicher, daß die beiden Marken perfekt miteinander harmonieren: "Während Maserati mit Sechs- und Achtzylindermotoren - mit und ohne Turboaufladung - und mit einer viertürigen Limousine sowie mit einem Coupé und einem Spider auf den Markt kommt, deren Design klassisch-italienisch gestaltet ist, werden Ferrari die Acht- und Zwölfzylindertriebwerke ohne Aufladung vorbehalten sein. Oder anders gesagt: Maserati steht auch zukünftig für die eher introvertierten Italophilen, die ihre Autos in dunkelblau oder schwarz bestellen, während die Ferraristi die eher extrovertierten Käufer sind, deren Fahrzeuge zumeist rot zu sein haben. "

Natürlich haben sich die Ferrari-Ingenieure nach der Übernahme die Produkte des Hauses Maserati einmal genauer betrachtet - und das Ergebnis dieser Überarbeitung rollt in diesen Tagen unter dem Namen Quattroporte Evolutione zu den Händlern. Zwar hat sich äußerlich an der viertürigen Limousine praktisch nichts geändert, doch unter dem Blech und im Interieur stellt sich der Quattroporte als ziemlich neues Fahrzeug dar. Paolo Marinsek, der neue Vorsitzende von Maserati: "Ein Großteil der Technik wurde mit der Hilfe unserer Kollegen von Ferrari auf noch mehr Zuverlässigkeit hin überarbeitet - und es konnte mit deren Hilfe auch manches Gespräch mit Lieferanten geführt werden, denen an einer gemeinsamen Belieferung von Ferrari und Maserati liegt. Schließlich hat Ferrari mit Maserati beachtliche Stückzahlen geplant: 1999 sollen 2000 Modelle verkauft werden, denen im Jahr 2000 dann 2500 Exemplare folgen werden - und für das Jahr 2003 plant Montezemolo etwa 10 000 Fahrzeuge, die sich im Verhältnis 1/3 Ferrari und 2/3 Maserati bewegen sollen. "

Um Maserati wieder in diese Stückzahlen zu bewegen, wird im September das langerwartete neue Coupé erscheinen, das den ersten Schritt weg von der lange bekannten Biturbo-Optik darstellt. "Das neue Coupé ist ein Meisterwerk des Designers Giugiaro", schwärmt Montezemolo, "ein Gran Tourismo der besten Maserati-Tradition. Ein Modell, dem im Jahre 2000 ein Spyder folgt, der in den USA präsentiert wird - und mit dessen Hilfe Maserati nach knapp zwei Jahrzehnten wieder in die USA zurückkehren wird. "

Und ewig lächelt der Carabinieri

Doch zuerst gilt es einmal, mit dem Evolutione wieder das Vertrauen in die Marke mit dem Dreizack zurückzugewinnen. Bei einer kurzen Fahrt mit dem 247 kW (335 PS) starken Achtzylinder, zeigte sich der Viertürer agil wie eh und je - und es ist schon beeindruckend, wie sich die 1647 Kilogramm schwere Limousine in knapp sechs Sekunden zu 100 km/h aufschwingt. Das Werk gibt eine Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h an, die wir allerdings - trotz des aufmunternden Lächelns der Carabinieri - nicht erreichen wollten.

Im Interieur, das sich nun etwas schlichter und ohne die klassische Uhr am Armaturenbrett gibt, überwiegt noch immer reichlich Leder und liebevoll verarbeitetes Holz, so wie es die Tradition eben gebietet. Unter der Motorhaube arbeiten zwei bekannte Triebwerke: der 2,8-Liter-Sechszylinder mit 206 kW (280 PS) sowie der 3,2-Liter-Achtzylinder mit den bereits erwähnten 335 PS, wobei beide Varianten mit einem Sechsganggetriebe oder einer Viergang-Automatik lieferbar sind. Die Preise (Automatik in Klammern): Quattroporte V6 - 123 300 DM (128 300 DM); Quattroporte V8 - 137 800 DM (141 800 DM).

Zweifellos ist der Quattroporte eine der attraktivsten Chancen für den eiligen Familienvater, der Uniformität eines BMW oder Mercedes aus dem Wege zu gehen - daß jedoch Qualität und Zuverlässigkeit die Basis des Erfolgs ist, hat Montezemolo schon lange verstanden. Aber Probleme dieser Art hat er bei Ferrari gesehen und in den Griff bekommen - also kann man auch für Maserati hoffen.

Von Jürgen Lewandowski

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