Maserati MC Stradale:Das Gesetz der Straße

Der Maserati MC Stradale ist ein Rennauto mit Straßenzulassung. So klingt er, so geht er, so sieht er aus, so gibt er sich. Ein Ausflug in den Grenzbereich zwischen Faszination und Unvernunft.

Georg Kacher

Der Maserati MC Stradale ist ein Rennauto mit Straßenzulassung. So klingt er, so geht er, so sieht er aus, so gibt er sich. Ein Ausflug in den Grenzbereich zwischen Faszination und Unvernunft.

Wenn es kein Maserati wäre, würde man sagen, ganz schön prollig, die Kiste. Der Frontspoiler hängt tief genug, um Kanalratten zu köpfen. Der Heckspoiler verdoppelt den Anpressdruck bei 200 km/h. Die 20-Zöller passen kaum in die Radhäuser.

Als Garnierung gibt es Schlitze, Splitter und Schwellerverbreiterungen, auf Wunsch sogar matten Lack und einen roten Dreizack-Aufkleber fürs Dach. Auch innen ist dieser Gran Turismo mehr MC (Maserati Corse, so heißt die Rennabteilung) als Stradale.

Wir sind umgeben von Alcantara und Karbon; wir blicken auf riesige Schaltwippen und auf Fahrprogrammtasten mit der Aufschrift Sport und Race; wir kauern im Schraubstock aus Vierpunktgurt und Kohlefaserschale. Gestartet wird nicht per Knopfdruck sondern mit dem Zündschlüssel, geschaltet wird das elektrohydraulische Transaxle-Getriebe bevorzugt mit den Fingerspitzen, gebremst wird mit Brembo-Sätteln und ultraleichten Verbundscheiben.

Der MC Stradale hat gegenüber dem Gran Turismo S 110 Kilo abgespeckt. Verschwunden sind die Rückbank, die beheizten Memorysitze und ein Großteil der Geräuschdämmung. Neu an Bord sind unter anderem Sportauspuff, Leichtbauräder und Überrollkäfig.

Unterwegs im Wunderland der technischen Extreme

Auch der technische Inhalt ist gut gemachter Minimalismus: keine variable Dämpferkennung, keine verstellbaren Stabis, kein Kurvenlicht, keine ESP-Zwischenstufe, keine Tricks bei Lenkung und Differential.

Der Anlasser setzt die Aufregung in Gang: Der Motor klingt schon im Leerlauf wie ein Bote der Finsternis, das Getriebe peitscht in nur 60 Millisekunden die Gänge durch, das Ansprechverhalten des Antriebsstrangs übt sich in vorauseilendem Gehorsam. Wer das linke Schaltpaddel gezogen hält, erlebt die hohe Schule aus Zwischengas, Drehzahlanpassung und Herunterschalten mit doppeltem Gangsprung.

Nein, Segeln kann der MC Stradale leider ebenso wenig wie Stopp-Start oder Rekuperation. Mit 450 statt 440 PS und 510 statt 490 Nm spurtet der immer noch 1670 Kilo schwere Zweisitzer in 4,6 Sekunden von null auf 100 km/h und ist 301 km/h schnell. Maserati nennt einen Verbrauch von 14,4 Liter - allerdings ohne Vergnügungszuschlag. Leider ist die Federung so komfortabel wie ein sparsam gefülltes Kopfkissen, die Sitzposition so hoch wie unbequem, der Grenzbereich zu schmal.

Dafür begeistert der Maserati im Dreiklang aus Straßenlage, Handling und Leistung. Der Motor schlenzt schon bei 2500 Touren 80 Prozent des maximalen Drehmoments an die Hinterhand, auf der 52 Prozent des Gesamtgewichts lastet. Die Bremsen verzögern in Verbindung mit den P-Zero-Corsa-Reifen mit fast surrealer Konsequenz. Und das Chassis degradiert die physikalischen Gesetzmäßigkeiten zur puren Theorie.

Nein, der MC Stradale für 152.320 Euro ist mit Gewissheit kein Auto für alle Tage und alle Gelegenheiten. Ein Suchtmittel für einsame Sonntagmorgen schon eher.

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