Manipulation beim "Gelben Engel":Autohersteller erwägen Rückgabe von ADAC-Preis

ADAC - Verleihung Gelber Engel

Der "Gelbe Engel 2014" für das "Lieblingsauto der Deutschen".

(Foto: dpa)

"Dann wäre der Preis wertlos." Die Autohersteller reagieren empört auf die Nachricht, dass der ADAC bei der Wahl zum "Gelben Engel" nicht nur die Stimmzahlen, sondern auch die Reihenfolge manipuliert hat. Nicht alle Autokonzerne haben allerdings schon entschieden, ob sie die Preise zurückgeben wollen.

Von Thomas Harloff

Was ADAC-Chef Peter Meyer in einem Interview in der aktuellen Motorwelt bereits vermutete, scheint sich nun zu bewahrheiten: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung wurden bei der Wahl zum Autopreis "Gelber Engel 2014" nicht nur die Stimmzahlen nach oben korrigiert, sondern auch die Reihenfolge nachträglich geändert. Nun gibt es die ersten Reaktionen aus der Autoindustrie. Diese gehen in eine gemeinsame Richtung, stimmen aber keineswegs komplett überein.

"Sollte sich diese Manipulation bewahrheiten, werden wir definitiv alle Preise zurückgeben", sagt eine Daimler-Sprecherin zu Süddeutsche.de. "Sie hätten dann ihren Wert verloren." BMW, der vermeintliche Profiteur der nun bekanntgewordenen Manipulation, sieht das ähnlich: "Sollte der Bericht der Süddeutschen Zeitung den Tatsachen entsprechen, hätte der 'Gelbe Engel' des ADAC insgesamt seine Glaubwürdigkeit verloren", heißt es aus der Münchner Konzernzentrale. "Dann würden wir die Auszeichnungen des 'Gelben Engel 2014', wie auch sämtliche Gelbe-Engel-Auszeichnungen der vergangenen Jahre, zurückgeben."

BMW 5er statt VW Tiguan

Laut internen Unterlagen des ADAC wurde der eigentlich siebtplatzierte BMW 5er bei der diesjährigen Wahl zum "Gelben Engel" durch die Manipulation auf Rang fünf gehoben. Für die Mittelklasselimousine sei der VW Tiguan dagegen aus den Top Fünf gefallen. Allerdings ist man sich bei Volkswagen offenbar noch nicht ganz im Klaren darüber, wie man bei Bestätigung der Manipulation mit den bislang gewonnenen Autopreisen umgehen würde. Ein VW-Sprecher sagte SZ.de, man wisse noch nicht genau, ob man die Gelben-Engel-Trophäen zurückgeben werde, falls der Autoclub den SZ-Bericht in der kommenden Woche bestätige. Dagegen zitiert die Bild-Zeitung einen VW-Sprecher mit den Worten: "Wenn das stimmt, schicken wir dem ADAC eine ganze Ladung Preise zurück."

Der VW Golf war in der umstrittenen Verleihung zum "Lieblingsauto der Deutschen" gewählt worden. Nach Bekanntwerden der Ungereimtheiten hat Volkswagen anders als früher darauf verzichtet, mit dem "Gelben Engel" zu werben. Schon damals hieß es aus Wolfsburg, man müsse jetzt sehen, wie man mit dem Preis umgehe.

"Der Preis ist nun wertlos"

Einen eigenen Imageschaden befürchten die Autohersteller jedoch (noch) nicht. Man gebe den Preis zurück, weil er wertlos sei, und nicht, um vorzubeugen, dass der ADAC-Skandal auf die Industrie überschwappe, heißt es dort. Es sei ein Imageschaden für den "Gelben Engel" entstanden, nicht für die Konzerne. Zudem widersprechen die Hersteller einem Bericht in der heutigen Ausgabe der FAZ, in dem behauptet wird, es gebe eine bereits vorbereitete gemeinsame Erklärung, in der sie erklären würden, dass man die "Gelben Engel" zurückgäbe, falls auch die Reihenfolge bei diesem Publikumspreis manipuliert worden sei. "Diese Erklärung wäre garantiert über meinen Tisch gewandert, falls es sie gegeben hätte", hieß es bei einem Hersteller.

Der ADAC war bislang nicht für eine Stellungnahme zu den jüngsten Entwicklungen zu erreichen. Der Autoclub verwies auf sein Statement vom vergangenen Dienstag, in dem es heißt, dass sich die vom ADAC beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte am 10. oder 11. Februar zur Leserwahl "Lieblingsauto 2014" äußern und die Ergebnisse ihrer Untersuchungen bekanntgeben wird.

ADAC verabschiedet Zehn-Punkte-Plan

Unterdessen hat der ADAC heute einen Zehn-Punkte-Plan verabschiedet, um den eingeschlagenen Reformplan "konsequent fortzusetzen", wie es aus der Münchner Zentrale heißt. "Angesichts der Vorwürfe der vergangenen Wochen sind wir überzeugt, dass der ADAC eine Zäsur braucht und sich neu ausrichten muss", sagt Peter Meyer. "Wir müssen alles Etablierte auf den Prüfstand stellen und Strukturen, Abläufe, Regeln und auch unsere bisherige Kultur kritisch hinterfragen."

In einer ersten Maßnahme habe der ADAC die Anwaltskanzlei Freshfields damit beauftragt, sämtliche Compliance-Regelungen des Autoclubs zu überprüfen und ein umfassendes, deutlich erweitertes Compliance-System zu entwickeln. Außerdem wird die neue Position des Chief Compliance Officers (CCO) geschaffen, der künftig auf die Einhaltung von Verhaltensrichtlinien achten und eventuelle Verstöße aufdecken soll. Zudem werde der ADAC eine Website einrichten, auf der ADAC Mitglieder auch anonym auf Missstände hinweisen können.

Neben dem Zehn-Punkte-Plan hat der ADAC auch drei Sofortmaßnahmen bekanntgegeben. So bekämen Pannenhelfer beim Verkauf von Autobatterien ab sofort keinen finanziellen Bonus mehr. Außerdem würden Rettungshubschrauber nun nur noch im Rahmen von Rettungshilfen eingesetzt werden. Zudem fänden zukünftig alle ADAC-Tests mit doppelter Qualitätskontrolle statt.

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