Lang-Lkws:Kommt mit den Super-Lkws der Super-Stau?

Illustration eines Lang-Lkw

Bis zu 25,25 Meter sind die neuen Gigaliner lang.

(Foto: dpa; Bearbeitung SZ)

Sie machen die Straßen kaputt, verstopfen die Autobahnen und verschmutzen die Umwelt, so die Befürchtungen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Lang-Lkws.

Von Felix Reek

Was unterscheidet einen Lang-Lkw von einem normalen Lkw?

Der größte Unterschied liegt in der Länge und dem Transportvolumen der auch Gigaliner genannten Lastwagen. Normale Sattelkraftfahrzeuge dürfen maximal 16,50 Meter lang sein, Lkws mit Anhänger 18,75 Meter. Die Gigaliner, die in einem Feldversuch getestet werden, dürfen eine Länge von 25,25 Metern nicht überschreiten. Dabei sind fünf verschiedene Kombinationen aus Zugmaschine und Anhängern möglich, die das Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hier erklärt. Die Lang-Lkws müssen als solche gekennzeichnet sein und besitzen spezielle Sicherheitssysteme wie Rückfahrkamera, Abstandstempomat, Notbremssystem und automatische Achslastüberwachung. Das Gewicht bleibt gleich: Auch die langen Lkws wiegen maximal 40, beziehungsweise 44 Tonnen.

Transportieren die Lkws mit Überlänge andere Güter als normale Lkws?

"Grundsätzlich können Lang-Lkws die gleichen Güter transportieren wie normale Lkws", sagt Michael Reink vom Handelsverband Deutschland (HDE). "Da die Tonnage jedoch weiterhin auf 40 Tonnen beschränkt ist, sind vor allem großvolumige Güter von Interesse." Im Falle des Einzelhandels sind das zum Beispiel große Mengen Toiletten- und Küchenpapier, Windeln sowie sperrige Gegenstände wie Baumarktbedarf, Dämmmaterial und Möbel. Aber auch Haushaltsgeräte, Luftfracht, Kleidung und Lebensmittel transportieren die Lang-Lkws.

Was bedeutet der Einsatz der Gigaliner für die Infrastruktur? Müssen Parkplätze, Kreisel und Nothaltebuchten vergrößert werden?

Im Moment sind die Lang-Lkws nur auf dem sogenannten "Positivnetz" im Einsatz. Das sind 11 600 Straßenkilometer, die für sie freigegeben sind. 70 Prozent davon sind Autobahnen. "Parkbuchten, etwa auf Raststätten oder auf Autohöfen, müssen an die neuen Längen angepasst werden", erklärt Andreas Hölzel vom ADAC. "Kreisverkehre, zum Beispiel vor Ortseinfahrten, sind für Lang-Lkws aufgrund des geringen Radius ungeeignet. Diese kamen aber auch nicht im Feldversuch vor", so der Experte weiter. Die Gigaliner sind vor allem für den Transport zwischen Produktionsstätten und Zentrallagern vorgesehen. "Dort, wo es bauliche Schwierigkeiten gibt", sagt Michael Reink vom HDE, wie etwa Innenstädte und Fußgängerzonen, "werden die Lang-Lkws voraussichtlich auch in Zukunft keine Fahrgenehmigung erhalten."

Bringen die Super-Lkws den Super-Stau?

Davon ist nicht auszugehen. Weil bisher noch nicht genügend Lang-Lkws im Verkehr unterwegs sind, simulierte das Bundesamt für Straßenbau Situationen an Verkehrsknoten jeweils mit herkömmlichen Lkws sowie mit Gigalinern. Im Abschlussbericht heißt es: "Sofern (...) lediglich Transportleistungen konventioneller Lkws durch Lang-Lkws ersetzt werden, sind keine negativen Auswirkungen auf den Verkehrsablauf (...) auf Autobahnen zu erwarten." Unabhängig davon warnt Andreas Hölzel vom ADAC: "Angesichts wachsender Verkehrsmengen ist in Zukunft sowieso mit mehr Stau zu rechnen."

Werden Brücken oder Straßen durch die längeren Lastwagen stärker belastet?

Die Untersuchungen des BASt innerhalb ihres Feldversuches sind eindeutig: "Brücken werden wegen des identischen Gewichts von Lang- und normalen Lkws gleich belastet", erklärt Petra Peter-Antonin von der Behörde. "Straßen werden durch die günstigere Verteilung auf mehr Achsen weniger belastet." Die Beschränkung auf 40 Tonnen Gesamtgewicht führt dazu, dass ein überlanger Lastwagen mit acht Achsen weniger die Oberfläche schädigt als ein normaler Lkw mit fünf Achsen. Dies gilt aber nur für die engen Rahmensetzungen des Tests des BASt. "Bei Änderung eines oder mehrerer Kriterien können sich daher durch den Einsatz von Lang-Lkws sowohl niedrigere als auch höhere Beanspruchungen auf den Straßenoberbau ergeben", heißt es im Abschlussbericht der Behörde.

Sinkt der Spritverbrauch, wenn nur noch zwei Lang-Lkws statt drei konventioneller Lkws die gleiche Ladung transportieren?

Petra Peter-Antonin fasst die Formel simpel zusammen: "Zwei Lang-Lkws ersetzen drei herkömmliche, deshalb: weniger Energieverbrauch." Andreas Hölzel vom ADAC ergänzt: "Weitere Einflussfaktoren auf den Verbrauch sind aber auch die Fahrweise, die Beladung und die Motorisierung." Genaue Zahlen über den mit dem Kraftstoffverbrauch zusammenhängenden Ausstoß von Abgasen der Lang-Lkws gibt es noch nicht. Laut dem BASt läuft hierzu zurzeit eine Studie in Baden-Württemberg.

Wäre ein Ausweichen auf die Schiene und ein Ausbau des Bahnverkehrs nicht die sinnvollere und umweltfreundlichere Alternative?

"Ein Ausspielen der Straße gegen die Schiene ist nicht der richtige Weg", beschwichtigt Michael Reink vom HDE. "Es gilt, auf Weiterentwicklungen aller Transportmöglichkeiten zu setzen." Laut dem BASt gibt es sowieso wenig Überschneidungen bei den transportierten Gütern. "Die Schiene eignet sich zum Beispiel sehr gut zum Transport von schwerem Schüttgut über weite Strecken", so Peter-Antonin. Verlagerungen von Bahn auf Binnenschiffe oder Lang-Lkws zeigten sich in den Untersuchungen des BASt nicht und seien angesichts der von den Gigalinern transportierten Güter eher unwahrscheinlich. Die Anzahl der in den Tests eingesetzten Lang-Lkws ist allerdings bisher zu gering, um Auswirkungen auf den Schienenverkehr verlässlich prognostizieren zu können.

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