Kommentar:China unter Strom

Kommentar: Elektroautos brauchen eine bessere Ladeinfrastruktur, meint Joachim Becker.

Elektroautos brauchen eine bessere Ladeinfrastruktur, meint Joachim Becker.

Elektroautos der Chinesen sind zweite Wahl, bei den Akkus steigen sie zur Weltmacht auf: Im vergangen Jahr legte der Absatz von Stromern dort um 53 Prozent auf 507000 zu. Bei den Batteriezellen sind die Chinesen weltweit auf Platz zwei - Tendenz steigend.

Von Joachim Becker

Energiewende auf der Straße? Elektroautos bleiben in den USA und Deutschland weiter unter der Wahrnehmungsschwelle. In China erleben alternative Antriebe dagegen einen - staatlich angeheizten - Boom. Dort legte der Absatz im vergangen Jahr um 53 Prozent auf 507 000 zu, während in Deutschland lediglich 25 154 Stromer verkauft wurden. Trotz Förderprämie ging die Zahl bei reinen Batteriefahrzeugen sogar um 7,7 Prozent auf 11 410 Neuzulassungen zurück, während Plug-in-Hybride laut dem Center of Automotive Management (CAM) leicht zulegten.

Elektroautos der Chinesen sind zweite Wahl, bei den Akkus steigen sie zur Weltmacht auf

Das Ziel der Bundesregierung von einer Million E-Fahrzeugen bis 2020 rückt in weite Ferne. In China sollen dann fünf Millionen Stromer unterwegs sein und jährlich zwei Millionen hinzukommen. Da in China bereits 2015 mehr als 20 Millionen Fahrzeuge neu zugelassen wurden, dürften Elektrofahrzeuge dort im Jahr 2020 einen Marktanteil von fünf bis zehn Prozent erreichen. Elektroautos für den Massenmarkt - das verheißt goldene Zeiten für Batteriehersteller. Momentan verändern sich die Gewichte in dieser Industrie gravierend. Derzeit entfällt jeweils rund ein Drittel der weltweiten Produktion von Batteriezellen für Elektroautos auf Korea und China. Der chinesische Auto- und Batteriehersteller BYD (Build your dream) steht weltweit an zweiter Stelle der führenden Hersteller für Batteriezellen in Automobilanwendungen. Zusammen mit der schnell wachsenden Contemporary Amperex Technology (CATL) wollen die Chinesen an den Koreanern vorbeiziehen. Das letzte Drittel des Kuchens wird künftig von Panasonic und Tesla beherrscht - wenn das Modell 3 wie geplant auf den Markt kommt. Die Europäer, die gerne auf ihre technologische Führung im Autosektor verweisen, spielen beim absehbaren Boom der Batteriezellen nur eine Nischenrolle.

Dabei ist die Zellfertigung nicht nur strategisch, sondern auch wirtschaftlich interessant: Mit etwa 20 Prozent machen die Akkus einen großen Teil der Wertschöpfung im Auto aus - mehr als Verbrennungsmotoren und Getriebe. Wer an eine Zukunft der Stromer glaubt, muss daher bei der Zellchemie vorne mitspielen. Außer Bosch und dem Staubsaugerhersteller Dyson investieren derzeit aber keine europäischen Firmen signifikant in neue Zelltechnologien.

Die Strategieberatung Lux Research erwartet für 2020 ein Marktvolumen für automobile Lithium-Ionen-Akkus von rund zehn Milliarden Euro. Danach geht es erst richtig los. Doch Europa wird bei diesem Geschäft nicht dabei sein.

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