Kolumne:Wieso fährt keiner Bus?

In Film und Fernsehen fahren Hauptdarsteller meist große Autos. Nun aber drängen sich auch Anbieter anderer Mobilitätsformen in die Szenen hinein.

Von Marco Völklein

Die Produktplatzierung funktioniert - nicht nur in deutschen Fernsehserien. Man hat sich ja daran gewöhnt, dass da die Kommissare im neuen Kombi der oberen Mittelklasse zur Vernehmung rollen. Und im Abspann der Hinweis erscheint, dass "Produktionshilfe" geleistet wurde, wahlweise von einem Konzern aus München oder Stuttgart oder von einer traditionsreichen Automarke aus Tschechien.

In vielen US-Serien aber drängt sich seit Kurzem der Eindruck auf, irgendwie werde gar kein eigenes Auto mehr bewegt. Fast schon im Akkord nutzen da die jungen Helden die fast ebenso jungen Fahrdienstvermittler. "Soll ich Sie fahren?", wird einer gefragt. "Nein danke", antwortet der: "Ich bestell' mir ein Uber." Wer noch mit Derrick TV-mäßig sozialisiert wurde, beginnt sich allmählich zu wundern: Ruft sich heute niemand mehr ein stinknormales Taxi?

Neulich ließ sich beobachten, dass im "Product Placement" nun auch die vergleichende Werbung einzieht. Da griff einer bei der Frage, ob er schon wisse, wie er denn nun nach Hause komme, natürlich zum Schlautelefon und sagte: "Ich nutze Uber." Doch dann rief ihm sein Gesprächspartner hinterher: "Nehmen Sie lieber Lyft. Die behandeln ihre Fahrer wenigstens anständig." Wer da wohl Produktionshilfe geleistet hat?

Es gibt aber auch Transportmittel, die kommen in der Welt des Fiktionalen entweder nur unterrepräsentiert oder überhaupt nicht vor. Ja, ist schon klar, Tatort-Kommissar Thiel strampelt in der Zweirad-Hochburg Münster mit dem Fahrrad in die Gerichtsmedizin, um sich dort mit Herrn Professor Doktor Doktor Boerne zu kabbeln. Aber das war's dann auch schon weitgehend. Und mit Bus oder U-Bahn scheint irgendwie überhaupt niemand mehr von A nach B zu gelangen. Jedenfalls nicht im Kino oder im Fernsehen.

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