Kolumne:Vollbremsung per Joystick

Fahrerlose Busse sind in mehreren Städten im Einsatz. Allerdings ist weiterhin ein Überwacher an Bord - der bedient den Bus mit Joystick und Touchscreen. Das bietet insbesondere jungen Leuten völlig neue Berufsperspektiven.

Von Stefan Fischer

Wenn junge Menschen einsehen, dass aus ihnen entgegen ihren festen Überzeugungen doch keine Fußballprofis werden und auch keine begehrten Schauspielerinnen, ja nicht einmal Youtube-Stars - dann müssen sie sich wohl oder übel nach einem bodenständigen Beruf umsehen. Wenn schon nicht glamourös wie bei einer Karriere als Prominenter, soll dieser Beruf wenigstens cool sein.

Busfahrer ist aus Sicht eines jungen Erwachsenen eher kein cooler Beruf.

Vor diesem Hintergrund muss man die Bemühungen vieler Nahverkehrsbetriebe sehen, die aktuell mit fahrerlosen Bussen experimentieren. In Stockholm zum Beispiel fährt seit einigen Tagen ein solches Vehikel, in Sitten in der Schweiz gab es im vergangenen Jahr bereits ein Pilotprojekt. Und auch in Deutschland möchte man nicht hintanstehen, sowohl Hamburg als auch Bad Birnbach verstehen sich in dieser Angelegenheit als Pioniere.

Aber geht es dabei wirklich um autonomes Fahren? Im Kleingedruckten zu all den Jubelmeldungen über diese Ausweise technischen Fortschritts steht nämlich immer verschämt, dass sich schon noch jemand an Bord dieser vermeintlich selbstfahrenden Busse befindet, der sie in Zweifels- und Gefahrenfällen steuert. Nur eben nicht mit Lenkrad, Gas- und Bremspedal. Sondern mit Joystick, Touchscreen oder Spielekonsole.

Die deutsche Automobilbranche begeistert sich inzwischen sehr für alternative Antriebsarten und anderen neumodischen Schnickschnack. Die Fahrgäste aber sind skeptisch. Insofern gibt es die Begleiter in den selbstfahrenden Test-Bussen - als Übergangslösung. Doch jeder weiß, dass nichts so beständig ist wie ein Provisorium.

Und die schnöden, viel kritisierten Nahverkehrsbetriebe stehen dadurch endlich mal lässig da. Weil junge Leute ihre Leidenschaft bei ihnen zum Beruf machen können. Und ihr Geld mit etwas verdienen, das sie beim Gaming gelernt haben: Ausweichmanöver an der Konsole, Vollbremsung per Joystick! In der Ausbildung muss man ihnen nur beibringen, dass sie (und ihre Passagiere) keine sieben Leben haben.

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