Kia Soul:Der Würfel soll gefallen

Mit dem neuen kompakten Soul will Kia zur Designermarke werden: Der mutig gezeichnete Koreaner nimmt wenig Rücksicht auf Konventionen.

Joachim Becker

Würfeln muss kein riskantes Glücksspiel sein - das bewies Rubik's Cube, der das Tüfteln mit buntscheckigen Quadraten in den achtziger Jahren zum Megatrend gemacht hat. Der neue Kia Soul scheint nun die Knobelei im Würfel-Format noch weiter treiben zu wollen: Statt mit sechs Farben auf knapp sechs Zentimeter Außenlänge können Soul-Käufer mit elf neuen Karosseriefarben auf 4,10 Meter Länge spielen.

Kia Soul: Klare Kante: Der mutig gezeichnete Kia Soul nimmt wenig Rücksicht auf Konventionen.

Klare Kante: Der mutig gezeichnete Kia Soul nimmt wenig Rücksicht auf Konventionen.

(Foto: Foto: oh)

Zur Auswahl stehen so aparte Metallic-Töne wie Javabraun, Cocktailorange und Green Tea Latte; auch Vollton-Farben wie Schneeweiß, Vanilla Shake und Florentinerrot sind angesagt. Dazu kommen auf Wunsch Rallye-Streifen, Drachen-Tattoos und Hahnentrittmuster sowie Chromleisten und schwarze Glanzapplikationen an Front, Stoßfängern und A-Säulen. Expressiver kann man ein Auto dieser Klasse kaum anhübschen: Wandeln beim konservativen koreanischen Hersteller plötzlich alle auf dem Lifestyle- und Egotrip?

Die Provokation ist wohl kalkuliert. Denn der erstaunliche Erfolg des Mini und des Fiat 500 rufen immer mehr Wettbewerber auf den Plan, weil eintönig-funktionale Kilometerfresser nicht mehr für einen der vorderen Plätze genügen. Wer den unerbittlichen Preiskampf um jeden einzelnen Kunden vermeiden will, muss auch bei den Kompakten künftig mehr fürs Gefühl bieten. "Der Soul wird der erste Kia sein, bei dem die Kunden sich erst über Farben, Ausstattung und Zubehör informieren und danach nach dem Preis fragen", hofft Designchef Peter Schreyer. Und: "Der Soul markiert einen Wendepunkt. Ich bin sicher, dass dieser Schritt schon bald als ein Durchbruch auf dem Weg von Kia zur Designermarke gesehen wird."

Ähnlich ambitioniert hatte sich vor Jahren der im Renault-Vorstand für Design verantwortliche Patrick Le Quément geäußert. Doch mutige Modelle wie der Avantime und der Vorläufer des neuen Mégane floppten. Kia will trotzdem mehr Charakter wagen, zumal der knapp 15 Zentimeter längere Cee'd alle Mainstreamwünsche in der Golf-Klasse bedient.

Der Würfel soll gefallen

Der Soul nimmt weniger Rücksicht auf Konventionen und verbindet die erhöhte Sitzposition und die bullige Front eines Mini-SUVs mit den mächtigen D-Säulen und auffälligen Rückleuchten eines Vans. Dank der schwarzen A-Säule wirken die scheinbar durchgängigen Glasflächen so elegant wie bei einer Motoryacht, das Dach scheint wie eine Markise frei darüber zu schweben.

Aufgebrezelt mit der Top-Ausstattung Spirit stiehlt der Soul auch wesentlich teureren Autos die Schau: 18-Zoll-Räder, Niederquerschnittsreifen, Dachreling, abgedunkelte Scheiben hinten, Parksensoren hinten, elektrisch anklappbare Außenspiegel, Sitzheizung vorn, Lederlenkrad, Lederschaltknauf sowie allerlei Aluminium-Zierrat sind bereits für 18.950 Euro zu haben.

Kia erwartet, dass die große Mehrheit der Soul-Käufer 25 bis 44 Jahre sein wird. Auf der Aufpreisliste finden sich entsprechend jugendliche Extras - zum Beispiel rot-schwarzes Interieur und ein Soundsystem mit 315 Watt Leistung, Subwoofer und zwei rötlich-orangefarbene Leuchtringe an den Lautsprechern in den Vordertüren, die im Takt der Musik pulsieren.

Doch für harte Beats ist der Soul gar nicht gemacht, die hohe Sitzposition und der bequeme Einstieg lassen eher an Klassik-Radios denken. Auch das Fahrverhalten inspiriert mehr zu sanftem Gleiten als zur wilden Hatz. Dem 126-PS-Benziner geht auf der Autobahn erstaunlich schnell die Puste aus, kein Wunder bei dieser quadratischen Stirnfläche. Für rund 1800 Euro Aufpreis belohnt der ähnlich starke Diesel mit 260 Newtonmeter Drehmoment, übertriebene Sportlichkeit kommt aber auch mit dem Selbstzünder nicht auf.

Der Würfel soll gefallen

Der Soul setzt eher auf innere Werte wie eine Airbag-Vollausstattung; selbst die Basisausstattung für weniger als 15.000 Euro verfügt über ESP, crashaktive Kopfstützen und Curtain-Airbags vor den Seitenfenstern. Ebenfalls serienmäßig sind in allen Modellen ein 112-Watt-Audiosystem mit RDS-Radio, CD-Player, AUX- und USB-Eingang, sechs Lautsprecher, elektrische Fensterheber rundum, Zentralverriegelung und einen Zwölf-Volt-Anschluss in der Zentralkonsole.

Den wichtigsten Beitrag zum Komfort leistet jedoch das üppige Platzangebot, das eine ganze Klasse über dem Parkplatzbedarf liegt: Heckpassagiere können sich über den vergleichsweise größten Fußraum freuen, die Kopffreiheit erinnert an Vans und SUVs.

Enttäuschend ist die Qualität der Interieur-Materialien. Mag die Armaturentafel auch noch so Ferrari-Rot leuchten oder beige-schwarz schimmern - die Hartplastikflächen wirken trist und fallen hinter die Anmutung im Cee'd zurück. Zu einem Designerstück will das nicht passen.

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