Kawasaki Cruiser VN 2000:Mann, ist die dick, Mann!

Angesichts einer Sitzhöhe von nur 680 Millimeter ist das Erreichen des Bodens selbst für Dackelbeinige ganz einfach. Auch sonst setzt der fernöstliche Motorradbauer mit seinem Landstraßentanker für 17.195 Euro im nicht gerade spärlich besetzten Cruiser-Markt.

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Nie war es leichter, sich den Hubraum eines Motorradmotors vorzustellen - denn dazu braucht es nur zwei Oktoberfest-Maßkrüge. Die haben einen Außendurchmesser von rund zehn Zentimeter und messen vom Innenboden bis zum oberen Henkelansatz ziemlich genau 12,3 Zentimeter. Fast identisch sind die Zylindermaße der neuen Kawasaki VN 2000 - nämlich 103,0 mal 123,2 Millimeter, was einen Hubraum von exakt 2053 Kubikzentimeter ergibt und ein Rekord im Serienmotorenbau ist. Wer sich jetzt noch vorstellt, den Inhalt beider Maßkrüge in 0,025 Sekunden auszutrinken, weiß, welche Arbeit dieser Motor bei Volllast leistet: Er konsumiert in jeder Sekunde den Inhalt von 80 Bierkrügen - Luft allerdings.

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103 PS oder 76 Kilowatt leistet der V2, bei 3200 Umdrehungen stehen 177 Newtonmeter Drehmoment zur Verfügung. Zum Vergleich: Der Zweiliter-FSI im Audi A4 bringt es auf 200 Nm, hat aber ein etwa viermal so schweres Fahrzeug zu bewegen. Aber: Die VN 2000 zieht nur dann die Arme lang, wenn man es darauf anlegt; im Extremfall beschleunigt die Zweitausender bis auf 220 km/h.

Erwartungsgemäß unangenehm ist das Rangieren des Dickschiffes; 378 Kilogramm Leergewicht benötigen erheblichen Nachdruck. Weniger unangenehm als befürchtet ist Kurvenfahren, auch wenn die Trittbretter schon bei mäßigen Schräglagen aufsetzen. Doch lediglich Wenden am Lenkeranschlag artet in Arbeit aus, alle anderen Radien gehen leicht und stabil von der Hand. Erleichtert wird langsames Fahren durch den sehr kurz übersetzten ersten Gang, was Hilfsmaßnahmen mit dem Kupplungshebel unnötig macht. Und angesichts einer Sitzhöhe von nur 680 Millimeter ist das Erreichen des Bodens einfach.

Das Bedeutsamste für einen VN-2000-Besitzer ist sicherlich die wohl einmalige Verbindung aus technischen Superlativen und großer Show, die dieses Motorrad ermöglicht. Der größte Serien-V2 der Welt glänzt durch sein perfektes Aussehen mit schwarzem Schrumpflack und offen zur Schau getragenen Stoßstangen zur Ventilbetätigung, die in Chrom-Gehäusen laufen. Auf der anderen Motorseite das Pendant: verchromte Ölsteigleitungen. Der breite, flache Tank, die oberarmdicken, dumpf bollernden Auspuffrohre, der feine Zahnriemenantrieb oder die Dreifach-Projektionsscheinwerfer - eine halbe Stunde voller Bewunderung beim ersten Kontakt mit der VN 2000 ist schnell vorbei.

Diese Kawa ist ein dicker Brocken - auch beim Preis: 17 195 Euro verlangen die rund 60 deutschen CCC-Händler. Gemeint sind damit die neuen ¸¸Cruiser Competence Center", die in diesem Jahr 300 Exemplare unters Volk bringen sollen. Und das natürlich mit möglichst vielen teuren Extras - vom Windschild bis zur Satteltasche.

Quelle: Süddeutsche Zeitung Nr.58, Mittwoch, den 10. März 2004 , Seite 79

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