20 Jahre Škoda und VW:Raus aus Europa

VW unterstützt die Wachstumspläne von Škoda-Chef Vahland. Schließlich will man Toyota als Weltmarktführer ablösen.

Thomas Fromm

Meistens sind Manager zufrieden, wenn die Produkte ihres Unternehmens bei Tests gut abschneiden. Manchmal aber geht der Schuss auch nach hinten los. Skoda ist so ein Beispiel. Eigentlich wäre es eine feine Sache gewesen: Der Škoda Superb Kombi bekam bei Autotests vor über einem Jahr hervorragende Noten.

Die ewige Nummer Acht - 50 Jahre Skoda Octavia

Mit dem Škoda Octavia an den Strand: Das Modell wird heute noch gebaut, allerdings in modernerer Ausführung. Der Vertrag, der den Einstieg von Volkswagen bei dem Hersteller besiegelte, trat am 16. April 1991 in Kraft. Im Jahr 2000 übernahmen die Wolfsburger das Unternehmen zu 100 Prozent.

(Foto: dpa)

Dumm nur, dass er damals, Anfang 2010, besser abschnitt als ausgerechnet der Konzernbruder VW-Passat. "Bietet mehr fürs Geld", "mehr Ausstattung und noch mehr Raum", und auch bei der Qualität "kaum ein Unterschied", so lautete das Urteil der Auto-Experten.

Das eigentliche Problem war: Der edle Škoda mit seinen Leder-, Holz- und Chromverarbeitungen kostete nicht nur einige tausend Euro weniger als der Passat, er fuhr wegen seiner kostspieligen Extras auch nicht die nötigen Gewinne ein, mit denen die Konzernmutter eventuelle Verluste beim Passat hätte ausgleichen können.

Die Konzernoberen in Wolfsburg waren sauer. "Wir werden Škoda an eine kürzere Leine nehmen müssen", sagte VW-Chef Martin Winterkorn damals. "Ich gönne ihnen den Erfolg, aber wir können uns nicht selbst schwächen." Ein anderer Manager sprach hinter den Kulissen von "Kannibalisierungsversuchen aus Tschechien" - kräftiger hätte es in der Auto-Großfamilie kaum krachen können.

Ein Autobauer, der einst zu den Edel-Marken Osteuropas gehörte, wollte eben edel bleiben - auch im Vergleich zu seiner deutschen Konzernmutter. Es dauerte nicht lange, da ruderte der damalige Škoda-Chef Reinhard Jung zurück. Škoda werde sich wieder "ins Kompaktsegment" zurückziehen. Will heißen: günstige Einstiegsmodelle für den Osten bauen.

Billig aus Tschechien, Mittelklasse aus Niedersachsen - so war die VW-Welt wieder in Ordnung. Inzwischen hat man sich darauf geeinigt, dass technische Innovationen zuerst bei VW und dann erst bei Škoda zum Zug kommen und die Marke VW noch weiter oberhalb von Škoda positioniert ist. Im nächsten Jahr etwa soll es ein abgespeckter Škoda mit der Renault-Billig-Marke Dacia aufnehmen.

Der Fall der Tschechien-Tochter aber brachte eine grundsätzliche Frage auf die Agenda: Wie viel Eigenständigkeit können die einzelnen Markentöchter im VW-Konzern haben? Mit dem neuen Škoda-Chef Winfried Vahland kam dann auch die neue Strategie.

Als der Westfale vor ein paar Wochen auf dem Genfer Autosalon ein neues, aufpoliertes Markenlogo und neue Designstudien vorstellte, war klar: Die Zukunft Škodas muss zwar ohne Ledersitze und Kristallgläser als Standard-Repertoire auskommen. Eine reine Billigmarke aber wird Škoda auch in Zukunft nicht sein.

Auch Škoda muss helfen, damit VW die Nummer eins wird

Wer mit Vahland spricht, merkt schnell: Der Mann ist selbstbewusst. So einer übernimmt nicht freiwillig die Billigheimer-Fraktion im VW-Konzern. Vahland hat da andere Pläne. Statt zum Discounter abzusteigen, will er wachsen. Der Absatz soll von heute 760.000 pro Jahr bis 2018 verdoppelt werden.

Der Škoda-Chef weiß, dass er allein schon wegen seiner ambitionierten Ziele auf die Unterstützung aus der Wolfsburger Konzernzentrale zählen kann. Die Mutter will bis 2018 die Absatzmarke für den gesamten Konzern von zehn Millionen Autos knacken und damit Toyota als Weltmarktführer ablösen. Škoda und seine ambitionierten Ziele müssen dabei helfen. Nicht nur in Osteuropa.

Vahland, der früher mal das China-Geschäft bei Volkswagen leitete, will raus aus Europa. Heute produziert Škoda 60 Prozent in Europa; den Rest in Schwellenländern. Künftig, sagt der Škoda-Chef, werde sich das ändern - dann werde man 60 Prozent der Autos außerhalb Europas bauen.

Vor allem China hat der Manager im Auge. Hier ist Škoda erst seit ein paar Jahren vertreten und verkauft bereits 180.000 Fahrzeuge. Ein tschechisches Unternehmen, mit einem globalen Auto als Weltmarke für Europa, Indien, China und andere Wachstumsmärkte - das ist es, was Vahland vorschwebt.

Solange der Manager gute Zahlen in die Zentrale liefert, dürfte er freie Hand für seinen Modell-Kurs haben. Im vergangenen Jahr hatte Škoda seinen Gewinn nach Steuern mehr als verdreifacht.

Vor allem dank Kunden aus Russland, Indien und China kletterte der Gewinn von 110 Millionen Euro auf 349 Millionen Euro. Der Umsatz stieg zwischen 2009 und 2010 um 22,4 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro. Vor allem die Einführung des neuen Kleinwagen-Modells City soll in den nächsten Jahren weiterhin kräftig für Wachstum sorgen.

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