Jaguar, Land Rover und Tata:Zwischen Luxuskarossen und Billigautos

Der frühere Opel-Manager Carl-Peter Forster möchte bei uns mehr Jaguar und Land Rover absetzen - und bald den indischen Kleinwagen Tata Nano.

Thomas Fromm

Würde er jetzt einfach nur die Straße hinuntergehen, wäre er nach zehn Minuten bei seinem alten Arbeitgeber BMW. Aber Carl-Peter Forster ist nicht in den Jaguar-Laden hinter der Münchner BMW-Zentrale gekommen, um über BMW zu sprechen. Oder über Opel, wo er bis 2009 gearbeitet hat. Forster ist gekommen, um über seinen neuen Job zu reden. Über die britischen Edelmarken Jaguar und Land Rover, und über den indischen Autobauer Tata Motors, bei dem er im Februar als Chef anheuerte. "Es macht mir sehr viel Spaß, es ist anders als das, was ich vorher gemacht habe", sagt Forster. Man glaubt es ihm.

Es muss ein seltsames Leben sein, dass der Manager seit einigen Monaten führt. Ein Leben der Gegensätze. Die Familie lebt in Oxford, sein Büro ist in Mumbai. Da, wo das Thermometer schon mal auf 47 Grad klettert. "Schon ziemlich warm dort", sagt er. Auch beruflich geht es um Extreme. Es ist eine paradoxe Situation: Jaguar und Land Rover sind seit 2008 Teil von Tata Motors, seit Ford die Edeltochter für 2,5 Milliarden Dollar an die Inder verkauft hat. Marktkenner hielten den Preis von Anfang an für gnadenlos überhöht, aber die Inder wollten die britische Traditionsmarke.

Heute kann sich der Hersteller - anders etwa als der Premium-Wettbewerber Audi bei der Mutter Volkswagen - kaum im konzerneigenen Baukastensystem bedienen. Jaguar, die britische Edelmarke hier, Tata mit seinen Lkws und dem Billigauto Nano dort - beide liegen am jeweiligen Ende der Produktpalette. "Natürlich können wir am oberen Ende mit Tata zusammenarbeiten", sagt Forster. "Aber das werden wir sehr vorsichtig machen."

Zurzeit bezieht Jaguar noch Motoren von Ford; gemeinsam mit Tata lassen sich im Elektronik-Bereich Einsparungen erzielen, später vielleicht auch bei alternativen Antrieben. Ansonsten aber sind die Autos zu unterschiedlich. Sie bedienen unterschiedliche Länder, Kulturen - und Geldbeutel.

Forster hat schon im ersten Jahr den Umsatz von Jaguar und Land Rover verdoppelt

Jaguar und Landrover, das ist etwas mehr als die Hälfte des gesamten Tata-Umsatzes, der im vergangenen Geschäftsjahr bei rund 16 Milliarden Euro lag. Auch wenn man zurzeit nur an die 200.000 Autos pro Jahr baut - mittelfristig will Forster 300.000 Fahrzeuge der Marken Jaguar und Landrover verkaufen.

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Als Carl-Peter Forster Anfang des Jahres nach Indien ging, um das Fahrzeuggeschäft des Großkonzerns Tata zu leiten, war das eine Überraschung. Der Deutsche wurde damit nicht nur oberster Chef von Tata Motors, sondern auch von Jaguar und Land Rover - jenen beiden britischen Edelmarken, die Tata gerade für viel Geld von Ford übernommen hatte. Zuvor hatte er für BMW und Opel gearbeitet. Jetzt geht es um den täglichen Spagat - zwischen teuren Premiumwagen und Billigfahrzeugen wie dem Tata Nano.

(Foto: afp)

Schon im ersten Quartal 2010 konnte er die Zahl der verkauften Autos gegenüber dem schwachen Vorjahr auf 57.000 verdoppeln. In diesem Jahr will Forster Profit für Tata Motors sehen, nicht zuletzt auch dank Jaguar und Landrover. "Wenn uns die Wirtschaft nicht noch kräftig in die Suppe spuckt, machen wir dieses Jahr einen Gewinn", sagt Forster. Immerhin: Im vergangenen Jahr konnte der Luxuswagenhersteller, der unter seinem Vorbesitzer Ford noch Verlust erwirtschaftet hat, einen Gewinn von 37,9 Millionen Euro vorweisen.

Forster, immer unterwegs zwischen Oxford, Mumbai und dem Rest der Welt, spart - und hofft. In Großbritannien sollen zwei von drei Werken zusammengelegt werden, um Kosten zu drücken. Geplant ist, in den nächsten zwei bis drei Jahren eine Fertigung in China aufzubauen. Ein Partner vor Ort wird gerade gesucht.

Nur mit seinen Nano-Autos will Forster nicht in den Boom-Markt China. Indische Billigautos für den Billigmarkt China, das könne nicht funktionieren. "Ich glaube nicht, dass die Chinesen auf uns gewartet haben", sagt der Manager.

Nach Europa soll der Nano erst später

Nach Europa will er den Nano bringen, aber noch nicht sofort. Zwei bis drei Jahre könnte es noch dauern, bis der erste Tata Nano auf europäischen Straßen fährt. Mit einem Preis von 1600 Euro ist er zurzeit einer der billigsten Kleinwagen der Welt, allerdings dürfte es einige Tausend Euro kosten, den indischen Wagen auf das Niveau europäischer Standards aufzurüsten.

"Der Nano würde, so wie er heute gebaut wird, die hiesigen Umwelt- und Sicherheitsauflagen nicht erfüllen", sagt Forster - auch deswegen dürfte er hierzulande einiges mehr als in Indien kosten. Dann, so der Tata-Manager, wäre auch eine teurere Elektrovariante des Wagens denkbar.

Forsters Mission ist nicht einfach. Von seinem Arbeitgeber, Tata-Präsident Ratan Tata, hat er eine klare Ansage mit auf den Weg bekommen: Der Deutsche sollte in einem ersten Schritt Jaguar und Landrover wieder in die schwarzen Zahlen bringen. In einem zweiten Schritt soll er dem indischen Autobauer nun bei seiner Expansion auf den europäischen Märkten helfen. Das gilt für die Tata-Modelle ebenso wie für Jaguar und Landrover.

Dass dabei sein früherer Arbeitgeber BMW aber kaum zu überholen sein wird, weiß auch Forster. "Wir sind ja gar nicht groß genug, um deutsche Premiumhersteller zu schlagen", sagt er. "Wir wissen, dass wir mit Jaguar und Landrover der Kleinere unter den Premium-Herstellern sind und wollen daher etwas Besonderes bauen."

Forster spricht vom "jungen, modernen britischen Design" und davon, dass viele andere Hersteller "vorhersehbare Autos" bauen würden. Das Äußere soll es nun richten. Allein im laufenden Jahr sollen die Verkaufszahlen in Deutschland trotz der schwachen Konjunktur in der Branche um mindestens zehn Prozent steigen. Es wird ein harter Kampf für ihn.

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