Jaguar im Wandel der Zeit:Die Schnauze macht's

Von SS-Cars über den berühmten E-Type bis zum neuen F-Type: Wie sich die Marke Jaguar verändert hat und ob der Nachfolger hält, was das "schönste Auto der Welt" einst versprach. Eine Rückschau mit historischen Bildern.

Ruth Schneeberger

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A Jaguar F-Type is displayed during the International Sao Paulo Motor Show media day in Sao Paulo

Quelle: REUTERS

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Von SS-Cars über den berühmten E-Type bis zum neuen F-Type: Wie die Marke Jaguar sich verändert hat und ob der Nachfolger hält, was das "schönste Auto der Welt" einst versprach. Eine Rückschau mit historischen Bildern.

Jaguar hat es spannend gemacht mit der Präsentation seines neuen Sportwagens. Selbstbewusstsein gehört zum Geschäft, aber der neue F-Type soll es nun tatsächlich mit keinem Geringeren aufnehmen als mit dem legendären E-Type. Adrian Hallmark, Global Brand Director von Jaguar Cars, sagte vorab: "Die Enthüllung des neuen F-Type Ende September in Paris wird als ein wichtiges Datum in die Jaguar-Geschichte eingehen, denn er markiert die Rückkehr in ein Segment, in dem Jaguar seine größten Erfolge feierte und das Jaguar mitbegründete." Hell strahlte der Stern des E-Type aus den 60er Jahren, der damals als "schönstes Auto der Welt" gefeiert wurde. Jaguar punktete in den vergangenen Jahrzehnten allerdings eher mit Coupés und Limousinen. Doch jetzt traut man sich wieder:

Im Bild: Sao Paulo Motorshow Ende Oktober 2012

Jaguar F-Type

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Auf vielfachen Kundenwunsch, so Jaguar, wurde nun wieder ein zweisitziger Roadster gebaut, in Anlehnung an den berühmten Vorgänger. Und so sieht er aus, der neue F-Type.

Jaguar E-Type

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Zum Vergleich: der E-Type. Was ist ähnlich, was ist anders?

Jaguar

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Diese Fragen wurden unter anderem beim "Private Viewing" von Jaguar Anfang November in München diskutiert, wo Presse und ein interessiertes Publikum zum ersten Mal dem Prototypen ganz nahe kommen durften. Bisher gibt es nur vier Modelle auf der ganzen Welt. Dies ist eines davon. Mitte 2013 kommt der Wagen in den Handel.

Jaguar

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Mitten im Gedränge um das Auto, in dem jeder mal probesitzen wollte, aber nicht alle durften: Sternekoch Holger Stromberg. Fürs Foto durfte er sogar an den Kühlergrill fassen, aber mit Grills kennt er sich ja auch aus. Außerdem war Stromberg (nicht zu verwechseln mit dem TV-Stromberg, dem peinlichsten Chef aller Zeiten) an diesem Abend zuständig für die zum Auto passende Verpflegung: gegrillte Jakobsmuscheln an Schokoladen-Mousseline, Wakame-Wachteln und Kalbstafelspitz mit Meerrettich-Nocken sollten für angemessenen Gaumenschmaus sorgen, während im Publikum eifrig gefachsimpelt wurde:

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Hat der F-Type das Zeug, genauso zu überzeugen wie damals der E-Type? Sieht er ihm überhaupt in irgendeiner Weise ähnlich? Eher nicht so, befanden viele. "Sieht zu sehr nach Japaner aus", tuschelten die einen, "zu wenig katzenartig" die anderen, "ganz hübsch, aber kein besonderer Vorteil gegenüber anderen neuen Sportwagen", "für Jaguar nicht unique genug", hieß es in München hinter vorgehaltener Hand. Zumindest von denen, die in der Absicht gekommen waren, den Wagen eventuell kaufen zu wollen und nicht nur für die Fotografen zu posieren oder leckere Häppchen abzustauben. Aber: Man wolle sich gerne überzeugen lassen von den inneren Qualitäten des Wagens, sobald er denn für Probefahrten zur Verfügung stünde. Das soll im Frühling der Fall sein, wie der Leiter des Produktmarketings von Jaguar Land Rover Deutschland, Timo Thomé, erklärte, man könne sich auch gerne schon unter http://f-type-circle.de voranmelden. Und: Dies sei eine Wiederbelebung des E-Type-Spirits, die sich nicht an formalen Einzelheiten ablesen lasse. Begeisterter als von der Außenwirkung zeigten sich viele Gäste aber vom Innenleben des F-Type: Alles soll auf den Fahrer zugeschnitten sein, güldene Schaltwippen am Dreispeichen-Lenkrad, der Automatik-Hebel ähnelt einem Joystick, Lüftungsdüsen werden diskret versteckt und öffnen sich erst, wenn der Fahrer das möchte (oder Kontroll-Algorithmen die Öffnung veranlassen). Dezent luxuriös nennt Jaguar das und verweist auf "Soft-Feel"-Schalter, satiniertes Chrom und dunkel gefärbtes Aluminium, die für Understatement im Cockpit sorgen sollen.

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Zur weiteren Ausstattung und Leistung: Die Rohkarosserie ist aus (zum Teil recyceltem) Aluminium und wiegt nur 216 Kilo - im fertigen Zustand bringt der F-Type rund 1600 Kilo auf die Waage. Als Motoren zur Auswahl stehen ein per Kompressor beatmeter 5.0-Liter V8 mit 459 PS und zwei ebenfalls aufgeladene 3.0-Liter V8 mit 380 oder 340 PS, zu Basispreisen von 73.400 bis 99.900 Euro. Alle Motoren leiten ihre Kraft über eine Achtstufen-Automatik weiter. Ab Werk gibt es ein Stop-Start-System. Bei den S-Modellen sorgt ein aktives Auspuffsystem mit Klappensteuerung für Rennsportsound. Weil möglichst wenig die Ästhetik stören soll, fährt der Heckspoiler erst ab einer Geschwindigkeit von knapp 100 km/h aus und verschwindet unter 65 km/h wieder in der Versenkung. Ähnlich wie die Türgriffe: Solange sie nicht per Fernbedienung oder durch manuellen Druck zum Ausfahren aktiviert werden, bleiben sie versteckt, bündig mit der Tür. Außerdem: "Performance-Sitze" mit punktuell verstellbarer Weite. Erstmals im Jaguar kann der Fahrer mittels eines Dynamik-Programmes auswählen, welche Parameter er unabhängig voneinander verändern will, etwa Lenkung und Gaspedal auf "sportlich" zu stellen, während die Dämpfer im Normalzustand bleiben. Angeboten wird auch eine Beschleunigung von 0 auf 100 in auf Wunsch 4,3 Sekunden. Doch so manch potentieller Kunde in München rümpfte auf den ersten Blick trotzdem die Nase: "Nichts besonderes, das können die anderen auch alles."

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Kann man es den Kunden von heute gar nicht mehr recht machen? Nun ja: So mancher trauert offenbar noch dem E-Type nach, dessen Produktion 1975 eingestellt wurde. Hier nochmal zum Vergleich: E-Type von hinten. Aus diesem Anlass also: Ein Rückblick auf den berühmten Vorgänger und seine Historie.

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Im Frühling 1961 wurde der Jaguar E-Type als Coupé auf dem Genfer Auto-Salon vorgestellt (im Bild). Er schlug damals ein wie eine Bombe. Mit seiner überlangen Schnauze, der signifikanten gebeulten Motorhaube, dem geduckten Profil und dem grazilen Gesamtbild war der Wagen für die damalige Zeit so neuartig (dazu kamen mit 265 PS und 240 Spitze eine außergewöhnliche Leistung und ein verhältnismäßig geringer Preis), dass er sich in Windeseile zum Kultauto entwickelte. Mit so viel Zuspruch hatte Jaguar-Gründer William Lyons (1901 - 1985) gar nicht gerechnet. Die unerwartete Nachfrage führte dazu, dass von 1961 bis 1975 rund 72.500 E-Types hergestellt wurden. Von Twiggy über das monegassische Fürstenpaar bis zu vielen Hollywoodstars: Jeder, der etwas auf sich hielt, wollte jetzt diesen Wagen haben, vor allem in die USA wurde das Auto verkauft. Designer Malcolm Sayer hatte ganze Arbeit geleistet. Auch technisch glänzte das gute Stück: Geradezu revolutionär für die konservative britische Autoindustrie war die hintere Einzelradaufhängung in einem eigenen Hilfsrahmen mit einem Längslenker und zwei Federbeinen und Querlenkern an jedem Rad, mit Antriebswellen als oberen Querlenkern. Diese Neukonstruktion veränderte Fahrverhalten, Fahrkomfort und auch Aussehen so grundlegend, das sie noch bis in die 1990er Jahre in Jaguars verwendet wurde. Dabei war der E-Type eigentlich aus der Not entstanden: Jaguar musste wegen damaliger finanzieller Engpässe für das Vorgängermodell XK 150 einen Nachfolger prösentieren, der nicht allzu große Entwicklungskosten verschlingen durfte.

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Auf der Automesse wurde der E-Type als Abkömmling des erfolgreichen Rennwagens Jaguar D-Type vorgestellt. Dieser (im Bild) hatte drei Mal in Folge das berühmte 24-Stunden-Rennen von Le Mans gewonnen (1955 - 1975). Es war eine Idee der Jaguar-Techniker, aus dem siegreichen Rennwagen-Modell einen Nachfolger des Jaguar XK 150 zu bauen. Weil man einen Nachfolger für den nach zehn Jahren veralteten Wagentyp suchte. Aus der Homologation des D-Type (für jeden Neuwagen musste für die Zulassungsprüfung eine Reihe von Testfahrzeugen desselben Typs gebaut werden) waren noch etliche Modelle übrig, mit denen die Fahrzeugbauer nun experimentierten. Doch das Experiment verkaufte sich schlecht. Steve Mc Queen war einer der ganz wenigen prominenten Käufer. Einige übrige Modelle wurden bei einem Brand in den Werkshallen von Jaguar 1957 zerstört. Ein schwerer Brocken, der William Lyons noch im Magen lag, als vier Jahre später der E-Type als offizieller D-Type-Nachfolger präsentiert wurde - als zweiter Versuch, den D-Type weiterzuentwickeln.

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Der D-Type hingegen war ein Nachfolger des Jaguar C-Type (im Bild), einem Rennwagen. Dieser war 1951 rund um den Motor des verbesserten CK 120 gebaut worden und hieß eigentlich Jaguar XK 120 C. Das "C" sollte für competition stehen, also Wettbewerb. Der C-Type gewann auf Anhieb Le Mans. Er basierte noch auf dem bis dahin üblichen Gitterrohrramen - und sah auch optisch, zumindest von vorne, wiederum seinem Vorgängermodell noch recht ähnlich.

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Das war der XK 120 (im Bild mit Entwickler William Lyons (rechts) und Schauspieler Clark Gable, 1948). Aus diesem Modell wurden 1954 der XK 140 und 1957 der XK 150 entwickelt - mit nach und nach immer mehr Komfort für die Insassen. Am Ende war auch der extreme Hüftschwung entfallen und aus der geteilten Frontscheibe eine Panorama-Windschutzscheibe geworden. Die Wildkatze war bereit zum Abheben. Was der E-Type als Weiterentwicklung seiner beiden Vorgänger (D-Type und XK 150) 1961 denn auch tat. Der Name Jaguar im übrigen ...

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... war nicht gottgegeben: "Swallow Sidecars", also Schwalben-Beiwagen, hieß die Firma, die William Lyons, Sohn eines Klavierbauers, 1922 (im Bild) zusammen mit einem Kollegen in Blackpool gegründet hatte, damals erst 21 Jahre alt. Man stellte Motorrad-Beiwagen her - und Lyons, der selbst im Motorradsport erfolgreich war und einige Bergrennen gewonnen hatte, erwies sich von Anfang an als Ästhet. Die Beiwagen waren elegant und schon damals besonders formschön in Zeppelin-Form gehalten. Der Zeppelin galt damals als das Nonplusultra des mobilen Designs. Um die Produktion möglichst preiswert auf Automobile erweitern zu können, ...

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... entschloss sich Lyons daraufhin, auf günstige Standardfahrgestelle des britischen Autoherstellers Austin optisch atemberaubende Karosserien aufzubauen. Das Logo war eine Schwalbe, und der erste Austin Swallow war 1927 ein ziemlicher Erfolg. Als Automobilenthusiast begeisterte sich Lyons von Anfang an für niedrige, elegante Linien, wie sie auch gerade in den USA beliebt wurden. Die von den Großserienherstellern verfügbaren Fahrgestelle aber ließen solche Dimensionen nicht zu. Also setzte Lyons alles daran, einen der großen Hersteller zur Produktion besonders flacher Gestelle mit langem Radstand zu überreden - exklusiv für sein Unternehmen. Dafür gewann er die Firma Standard. 1931 stellte er auf der Motor-Show in der Londoner Olympia-Halle den SS 1 vor (im Bild). Der Markenname ergab sich aus einem Streit zwischen Swallow und Standard darüber, wer von beiden zuerst genannt werden sollte, also wählte man die Abkürzung "SS". Er war das erste Fahrzeug mit einer eigenständigen Chassis, also einem extra gefertigten Fahrgestell. Er wird heute als allererster Jaguar angesehen - obwohl die Marke damals noch anders hieß.

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Quelle: Jaguar

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Es folgten noch weitere SS-Modelle, unter anderem der SS100 (im Bild, 1935), die Jaguar von Anfang an den Ruf einbrachte, ein Hersteller von besonders preiswerten Sportlimousinen zu sein. Im Vergleich zu ähnlichen Autos wie etwas Bentley waren gerade die SS-Modelle günstig - und dabei von ähnlicher Qualität: Der SS100 avancierte zum erfolgreichen Sportwagen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h (stolze 100 miles per hour, deshalb die Ziffernbezeichnung im Namen). Fünf Le-Mans-Siege von Jaguar während der 50er-Jahre mit taten ihr übriges, um den legendären Ruf der Marke zu begründen. 

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Quelle: Jaguar

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Nach dem Krieg musste der Auto- und Firmenname geändert werden, weil "SS" auch in England zu stark an die Nazis erinnerte. William Lyons wollte aber bei den Tiernamen bleiben, blätterte in einem Tierlexikon - und entschied sich, dass der Jaguar, nach dem Löwen und dem Tiger die drittgrößte Raubkatze der Welt, am besten die Eigenschaften seiner Autos verkörpere. Im Oktober 1948 wurde also kein Standard-Swallow-Wagen mehr, sondern ein Jaguar, der XK 120 (hier nochmal im Bild), vorgestellt. Er war auch optisch an den Wild- und Großkatzengedanken angepasst. Er war noch niedriger und sportlicher, hatte noch mehr Leistung. Als die Firma im Krieg wie alle Autohersteller nur noch Flugzeugmotoren bauen durfte, im Hinterzimmer aber an einem Motor weiterbaute, um den Standardmotor zu verbessern, entwickelte sie eine vielversprechende Rennwagentechnik mit obenliegenden Nockenwellen und Leichtmetallzylinderkopf. Doch nach dem Krieg fehlte der Stahl. Die Karosserie der Reihe "X" wurde daher mit Aluminium gebaut.

Alphabet-Renner

Quelle: STG

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Und hier schließt sich nun endlich der Kreis: Auch der F-Type (im Bild), der 65 Jahre nach dem ersten Nachkriegsjaguar (XK 120) auf den Markt gebracht wird, ist aus Aluminium erbaut. Inzwischen nicht mehr aus Gründen des Mangels, sondern, um ihn leichter zu machen. Damit knüpft er dann doch noch an alte Zeiten an - allerdings im sehr neuem Gewand. Jaguar gehört inzwischen zum indischen Tata-Konzern, nachdem Ford von 1989 an 19 Jahre lang die Geschicke der britischen Traditionsfirma gelenkt hatte.

© Süddeutsche.de/goro/lala
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