ILA:Wie die Zeit verfliegt

Nicht einmal zwei Jahrzehnte nach der Pionierleistung von Otto Lilienthal öffnete die erste Internationale Luftfahrtausstellung ihre Tore. Zunächst in Frankfurt, später in Berlin. Inzwischen blickt die Leistungsschau der Fliegerei auf ein Jahrhundert Messegeschichte zurück.

Susanne Kilimann

Mit Otto Lilienthals Gleitflug vom Windmühlenberg bei Potsdam beginnt das Zeitalter der Fliegerei. Knapp zwei Jahrzehnte später beschließen die Pioniere unter den Flugzeugkonstrukteuren, ihre Geräte auch einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen: 1909 findet in Frankfurt am Main die erste Internationale Luftfahrtausstellung - kurz ILA - statt.

Es ist die erste eigenständige Luftfahrtmesse der Welt. Ganze 100 Tage kann das Publikum auf dem Messegelände unterschiedliches Fluggerät bestaunen, Zeppeline dominieren die Schau. Gezeigt werden Luftschiffe der Konstrukteure Zeppelin, Parseval, Clouth und Ruthenberg. Ballons und Flugzeuge aber sind die eigentlichen Messestars. Das Flugzeug der amerikanischen Pioniere Wilbur und Orville Wright erregt besonderes Aufsehen. Als "deutsche Hoffnung" wird der Doppeldecker des Flugzeugkonstrukteurs August Euler gefeiert.

1912 beginnt das Luftpost-Zeitalter

1912 präsentiert sich die Luftfahrtschau erstmals in Berlin. Alle bekannten Flugzeugwerke der damaligen Zeit stellen ihre Produkte auf dem Messegelände am Kaiserdamm aus. Ein Highlight der Schau ist August Eulers Doppeldecker mit der Typennummer 33, der sogenannte "Gelbe Hund", mit dem im Ausstellungsjahr mit einem Flug ab Frankfurt das Luftpost-Zeitalter beginnt. Großes Aufsehen erregt auch die "Tauben-Limousine", das Modell eines Verkehrsflugzeuges für drei Passagiere mit voll verkleideter Kabine. Vater dieser Erfindung ist der Automobilkonstrukteur Edmund Rumpler, der sich damals für Jahre ganz dem Flugzeugbau verschreibt. Der Erste Weltkrieg bringt eine Zwangspause für die Messe, erst zehn Jahre nach Kriegsende gibt es in Deutschland wieder eine Internationale Luftfahrtausstellung - wieder in Berlin. Zu dieser Zeit feiert die Öffentlichkeit noch begeistert die erste Ost-West-Überquerung des Atlantischen Ozeans mit einer Junkers W 33 Bremen mit der Besatzung Köhl, von Hünefeld und Fitzmaurice.

Dieses Ereignis machte auch die amerikanische Öffentlichkeit auf die Leistungen der deutschen Luftfahrttechnik aufmerksam und entsprechend ist war der Andrang zur ILA 1928. Aussteller aus 19 Ländern zeigen rund 150 Flugzeuge, Triebwerke und nahezu alles, was mit der Fliegerei zu tun hat. Die deutschen Flugzeugbauer bringen ihre neuesten Entwicklungen mit nach Berlin, vom leichten Sport- und Schulflugzeug BFW M 21 bis zum viermotorigen Dornier Superwal. Für die Vorzüge des Luftverkehrs warb die "Deutsche Luft Hansa", mit mehr als 150 Maschinen ist das Unternehmen zu dieser Zeit die größte Fluggesellschaft der Welt.

1960 kommt der Durchbruch

Vier Jahre später - bei der Deutschen Luftsport-Ausstellung (Dela) - dreht sich alles um die sportlichen Aspekte der Fliegerei. Die Ausstellerliste des Jahres 1932 liest sich wie das Who is Who der deutschen Luftfahrtunternehmen: Focke-Wulf, Heinkel, Klemm, Messerschmitt - alle geben sich in Berlin ein Stelldichein. Großes Aufsehen erregt die Studie eines "Flugautos" mit einem klappbaren dreiteiligen Windmühlenflügel.

Höhepunkt der Schau sind jedoch 100 Flugzeuge aus allen Teilen Deutschlands, die zum "großen Dela-Flugtag mit Flugzeugrennen" auf dem Flughafen Berlin-Tempelhof starten. Die meisten der begeisterten Zuschauer ahnen sicher noch nicht, dass es für lange Zeit die letzte große Luftfahrtausstellung in Deutschland sein soll. Als die Nationalsozialisten an die Macht kommen, ist die Ära der Luftfahrtausstellungen erst einmal vorbei.

1960 stellen bereits 170 Firmen aus

1955 bekommt Deutschland seine bei Kriegsende verlorene Lufthoheit zurück - eine "Internationale Reiseflugzeugschau" rückt damit wieder in den Bereich des Möglichen. Zwei Jahre später ist es soweit: Im Rahmen der Hannover Industriemesse werden auf dem Flughafen Langenhagen auch Fluggeräte gezeigt. Auf der Ausstellerliste finden sich zwar nur 17 Namen, trotzdem ist die Schau ein Publikumserfolg und gute Geschäfte macht man auch. Nach dem gelungenen Auftakt beschließen die Veranstalter, der Bund der Deutschen Luftfahrtindustrie, fortan jedes Jahr eine Luftfahrtausstellung auf die Beine zu stellen. Der Grundstein für eine über 30-jährige ILA-Tradition in Hannover ist gelegt.

1960 bringt den Durchbruch für die "Deutsche Luftfahrtschau" der Nachkriegszeit. Nicht nur Reise- und Sportflugzeuge werden gezeigt. Auch Hubschrauberproduzenten, Triebwerksbauer und die militärische Luftfahrt machen die Messe zu ihrer Bühne. 170 Firmen aus acht Ländern und mehr als 100.000 Besucher lautet die Erfolgsbilanz.

Auch Tupolew war für eine Sensation gut

1970 präsentiert sich zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg auch die Sowjetunion auf der deutschen Luftfahrtmesse. Zwei Jahre später ist das Überschall-Passagierflugzeug des russischen Konstrukteurs Tupolew die Messeattraktion. 1974 feiert man etliche Premieren, zum Beispiel die des europäischen, maßgeblich unter deutscher Beteiligung gebauten Großraumfliegers Airbus A300. 1978 bekommt die Flugschau ihren einstigen Namen zurück - seither ist sie wieder die "ILA". Die zeitliche Trennung von der Hannover-Messe bringt der Flugschau zudem mehr Eigenständigkeit.

Im Nach-Wendejahr 1990 findet die letzte ILA in Hannover statt. Die Veranstalter entscheiden, das Großereignis in die alte und neue deutsche Hauptstadt Berlin zu verlagern und als ein führendes internationales Messe- und Kongress-Event für die gesamte Aerospaceindustrie auch konzeptionell neu auszurichten.

Seither hat sich die nun im Zweijahres-Rhythmus ausgetragene Schau auf dem Südgelände des Flughafens Berlin Schönefeld als europäischer Handelsplatz für die gesamte Luft- und Raumfahrtindustrie etabliert. Hier werden inzwischen Geschäftsabschlüsse und Kooperationsvereinbarungen in zweistelliger Milliardenhöhe unterschrieben.

Weit mehr als 200.000 Besucher kommen, um die Neuheiten der Branche zu sehen. An den Fachbesuchertagen empfängt die Messe hochkarätige Delegationen aus Politik und Wirtschaft. Bei Konferenzen und Workshops geht es heute um die Herausforderungen, die das neue Jahrtausend mit sich bringt - "Globale Sicherheit" und der "Kampf gegen den Terrorismus" stehen auf der Agenda.

Die Lösungen liegen nach Überzeugung etlicher Militärs und Industrievertreter förmlich "in der Luft".

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