Honda SLR 650:Single-Spaß - total normal

Für 9000 Mark ein guter und preiswerter Begleiter für alle Tage

(SZ vom 13.08.1997) Im Honda-Programm haben (fast) alle Motorräder Beinamen: Da gibt es unter anderem die Africa Twin, die Pan European oder - ganz neu - die Firestorm. Zu den im Sinne der Nomenklatur als Mauerblümchen zu bezeichnenden Modellen gehört die für die 97er Saison neu vorgestellte SLR 650. Das preisgünstige Einzylindermotorrad kommt nicht nur ohne Kosenamen daher, sondern zeigt sich auch in seinen Qualitäten unauffällig - total normal. Wobei wir das als Kompliment meinen: ein Single für jedermann und jedefrau, ein guter Begleiter für alle Tage.

Unspektakulär sind Erscheinungsbild und Technik: Ein fahrtwindgekühlter Viertakt-Einzylindermotor mit vier Ventilen regt heute niemanden zu Begeisterungsstürmen an. Trotz der für den Stufenführerschein auf nur 25 kW (34 PS) beschränkten Leistung kommt aber in der Praxis Freude auf: Das Triebwerk ist ein vibrationsarm arbeitender, gut im Futter stehender Motor mit breit nutzbarmen Drehzahlband; offen leistet der von der Enduro Dominator stammende Motor 39 PS. Er ist zwar leistungsschwächer, besitzt aber mehr Power im unteren Drehzahlbereich. Prima auch das leicht schaltbare Getriebe, einwandfrei die Bremsanlage mit je einer Scheibe vorne und hinten.

Das Fahrwerk macht ebenfalls Freude: Ganz im Sinne des jüngsten Single-Trends, ausgelöst durch die BMW F 650, ist die SLR als Alleskönner ausgelegt: Mit Soft-Enduro-Reifen soll sie auf Bundesstraße, Alpenpaß und Feldweg gleichermaßen Spaß machen. Der Kompromiß der konkurrierenden Ziele Fahrkomfort und Straffheit ist gelungen: Die Federwege und die Dämpfungsabstimmung genügen den Ansprüchen an ein Universalmotorrad. Es löst sich dank guter Sitzposition leicht in Kurven einlenken und ist mit 175 Kilogramm nicht allzuschwer geraten. Auch die Sitzhöhe ist mit 85 Zentimetern noch im grünen Bereich.

Für Europa entwickelt

Abstriche muß man bei der Ausstattung machen: Ein Drehzahlmesser fiel dem Rotstift der Kalkulatoren zum Opfer, ein Hauptständer ist ebenfalls nicht lieferbar. Immerhin spendet der große H-4-Scheinwerfer ordentliches Licht. Die Sitzposition für die Mitnahme eines Passagiers ist in Ordnung.

Deshalb fällen wir ein gutes Urteil über ein unspektakuläres Motorrad: Für gerade 9000 Mark wird von Honda ein sehr ordentliches Fahrzeug geboten. Wobei der günstige Preis nur deshalb möglich ist, weil diese Honda nicht aus Japan kommt: Sie wurde exklusiv für den europäischen Markt entwickelt und wird im Honda gehörenden Montesa-Werk in Barcelona gebaut. Si sieht Globalisierung aus japanischer Sicht aus.

Von Ulf Böhringer

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