Honda Civic:Geschrumpft, aber doch gewachsen

Der Kompaktwagen bietet nun trotz kürzerer Abmessungen deutlich mehr Platz im Innenraum

(SZ vom 29.11.2000) Der Golf aus Japan - mit dieser Bezeichnung kann eigentlich nur ein Auto gemeint sein: Seit 28 Jahren fährt der Honda Civic auf den Spuren des Wolfsburger Bestsellers und er hat sich dabei eine Menge Sporen verdient: 13,2 Millionen Exemplare des Kompaktwagens wurden seit 1974 an weltweit zwölf Produktionsstandorten gebaut. Nun geht am 3. März nächsten Jahres die siebte Modellgeneration an den Start. Normalerweise wird ein neues Auto größer und schwerer als sein Vorgänger, obwohl die Autohersteller gerne von Umweltverträglichkeit und Leichtbau reden. Beim neuen Civic hat Honda eine rühmliche Ausnahme gemacht und den Worten Taten folgen lassen: Der Neue ist um vier Zentimeter, von 4,33 auf 4,29 Meter Länge, geschrumpft und hat bei der Diät zehn Kilogramm Gewicht verloren.

Herausgekommen ist aber nun beileibe kein Civic light, bei dem die Reduktionen auf Kosten des Komforts oder der Sicherheit gehen würden. ABS, Front-, Beifahrer- und Seitenairbags sind serienmäßig an Bord. Nur zum ESP, das auch nicht gegen Aufpreis angeboten werden wird, hat es leider nicht gereicht. Das Erstaunlichste am Civic VII. sind die Platzverhältnisse im Innenraum: Vorne lässt es sich - wie bisher - kommod sitzen, aber nun werden aus den Hinterbänklern wahre Platzkönige: Selbst wenn die Vordersitze ganz nach hinten geschoben sind, können im Fond noch Erwachsene Platz nehmen, ohne artistische Verrenkungen vollführen zu müssen. Auch die Kopffreiheit lässt weder vorne noch hinten zu wünschen übrig - was auch nicht verwundert, da die Designer einen beliebten Kniff angewendet haben: Wird das Auto kürzer, machen sie es einfach höher - im Fall des Civic um zehn Zentimeter.

Dieses von den Micro- und Midivans abgeschaute Konzept setzt sich auch beim Boden des Innenraums fort: Da der Mitteltunnel fehlt, ist er durchgehend flach. Der Schalthebel ist in die Mitte des Armaturenbretts gewandert und dort griffgünstig platziert.

Die meisten Emotionen beinhaltet die Frontpartie des Civic. Große Scheinwerfer, deren Form sich einem Dreieck annähert, und klare, ansteigende Linien strahlen Dynamik aus. Dies darf auch die Seitenansicht für sich in Anspruch nehmen, während die Heckpartie seltsam langweilig anmutet. Immerhin verbirgt sich dahinter ein 370 Liter großer Kofferraum.

Zwei Benzinmotoren werden von Anfang an zur Auswahl stehen: ein 1,4-Liter mit einer Leistung von 66 kW (90 PS) und ein 1,6-Liter mit 81 kW (110 PS). Die bisherige Basisversion mit 55 kW (75 PS) entfällt. Der größere Motor zeigte sich bei ersten, kurzen Fahrten als recht agil, nur im unteren Drehzahlbereich könnte er etwas mehr Durchzug bieten. Und auch die Geräuschdämmung ließe sich noch optimieren. An der Sauberkeit der beiden Aggregate ist nichts aussetzen: Beide sind schadstoffarm nach D4 und verbrauchen nach Werksangaben durchschnittlich 6,4 und 6,7 Liter Super auf 100 Kilometer. Auch die Fahrleistungen sind praxisgerecht: Der 1,4-Liter beschleunigt den Civic auf maximal 176 km/h, das 1,6-Liter-Aggregat schafft 187 km/h.

Besonders stolz ist Honda auf die nochmals geschrumpften Spaltmaße zwischen den einzelnen Karosserieteilen - ein Zeichen für hohe Qualität. Trotzdem sind die Japaner noch nicht zufrieden: Sie haben ein Aktionsprogramm mit dem Kürzel Q10 in Gang gesetzt, was bedeutet, dass sie die Qualität nochmals um den Faktor zehn verbessern wollen. Wenn dies wirklich gelänge, könnte die globale Konkurrenz wohl einpacken.

Nicht um den Faktor zehn verändern werden sich die Civic-Preise - weder nach oben noch nach unten. Honda will noch keine Beträge nennen, da die Markteinführung erst in einem Vierteljahr beginnt. Fest steht nur, dass es die drei Ausstattungsvarianten S, LS und ES geben wird. Das bisherige 90-PS-Modell kostet 30 980 Mark - und da im Neuen mehr drinsteckt, dürfte auch der Preis etwas nach oben klettern.

Von Otto Fritscher

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