Hoffnungsträger aus der Golfklasse:Daimler setzt auf Kompaktsegment

Kompaktwagen werden für Premium-Hersteller immer wichtiger. Mercedes will die Produktpalette in diesem Segment auf fünf Modelle erweitern - und durch hohe Stückzahlen sowie Produktion an einem Niedriglohn-Standort kräftig Kosten senken.

Susanne Kilimann

Derzeit läuft es ganz nach Wunsch für die deutschen Premium-Autobauer. Daimler macht da keine Ausnahme. Der Konzern kann dieser Tage das beste Absatz-Quartal seiner Geschichte verbuchen. Die Verkaufszahlen dürften weiter steigen - nicht nur bei den Stuttgartern, sondern bei allen Herstellern, die im globalen Rennen bleiben. Die weltweiten Fahrzeugverkäufe sollen Prognosen zufolge von 60 Millionen Einheiten im Jahr 2011 auf 100 Millionen Einheiten in 2020 steigen.

Kompakte Hoffnungsträger

Die Mercedes A-Klasse ist deutlich sportlicher gestaltet als der van-artige Vorgänger. Sie soll der Startschuss für weitere Modelle im Kompaktsegment sein.

(Foto: SOM)

China, bereits heute größter Absatzmarkt der Welt, wird auch am Ende der Dekade an der Spitze stehen. In den nächsten acht Jahren sollen sich die dortigen PKW-Verkäufe verdoppeln. Auch für die USA, den weltweit zweitwichtigsten Markt, wird ein leichtes Wachstum vorausgesagt. Indien hat gute Chancen in den nächsten Jahren zum drittgrößten PKW-Markt der Welt aufzusteigen.

Daimler will sich ein überproportional großes Stück vom Kuchen abschneiden und sich den Spitzenplatz im Premium-Segment bis zum Ende des Jahrzehnts zurückerobern. Mittelfristig strebt man Absatzziele von mehr 1,5 Millionen verkauften Fahrzeugen im Jahr 2014 und mehr als 1,6 Millionen in 2015 an. Im vergangenen Jahr hatte der Konzern knapp 1,28 Millionen Fahrzeuge an die Kundschaft bringen können. Um die Verkaufszahlen anzukurbeln, reicht es längst nicht mehr, allein auf Oberklassemodelle zu setzen. Es gilt, auch im wichtigen Kompaktwagensegment deutlich zuzulegen. Zum einen, weil sich mit kleineren Modellen jüngere Neuwagenkunden mit geringeren Budget erreichen lassen. Gerade auch auf dem aufstrebenden indischen Markt sei dies eine wichtige Strategie, um jüngere Autokäufer frühzeitig und nachhaltig an die Marke zu binden, betont die Stuttgarter Vorstandsriege.

Auch hierzulande werden kleinere Autos angesichts steigender Spritpreise und strengerer CO2-Obergrenzen für die Oberklasse-Hersteller wichtiger. Die Premium-Autobauer gehen davon aus, dass sie auf den gesättigten Märkten Westeuropas nur mit kleineren Wagen neue Kunden in nennenswertem Umfang gewinnen können - und zielen dabei auf Neuwagenkäufer, die heute billigere Autos kaufen. Etwa die Hälfte der neuen Kunden, so die Hoffnung der Stuttgarter, werde man den direkten Wettbewerbern im Premiumsegment abjagen können. Die zweite Hälfte will man aus dem Kundenbecken anderer Hersteller fischen.

Premiumhersteller auf Kompakt-Kurs

Doch auch die Konkurrenz rüstet in der Kompaktklasse kräftig nach. BMWs 1er ist erfolgreich gestartet, und nach dem Fünftürer steht nun ein sportlicher Dreitürer in den Startlöchern. Bei Audi fährt im Frühsommer die nächste Generation des A3 vor. VW bringt einen neuen Golf zum Pariser Salon im September, Seat kommt mit dem sportlichen Leon und die Zwillingsmodelle Kia Ceed und Hyundai i30 signalisierten auf dem Autosalon in Genf ganz deutlich, dass im Kompaktsegment mit heftigen Attacken aus Fernost zu rechnen ist.

Mercedes hatte in dieser Liga bisher nur die wenig emotionalen Modelle A- und B-Klasse. Erstere geht in der zweiten Jahreshälfte vollkommen neu gestylt an den Start, letztere sorgt seit Monaten für prallgefüllte Auftragsbücher. Künftig will der Konzern jedoch mit mindestens fünf kleineren Modellen weltweit Kunden und Marktanteile erobern, sagt Daimlers Vorstandsvorsitzender Dieter Zetsche. Der aktuelle Doppelpack wird um eine Stufenhecklimousine ergänzt, die auf der Peking Motorshow Premiere feiert. Später folgen ein Crossover und ein Cabriolet.

In Kecskemét, eine Autostunde von Budapest entfernt, wurde jetzt der Startschuss für die Produktion der B-Klasse gegeben. Der neue osteuropäische Standort ergänzt die Fertigung in Rastatt, wo der kompakte Van seit vergangenem November von den Bändern rollt.

Weil im extrem preissensiblen Segment der mittleren und kleineren Wagen weit geringere Margen erzielt werden als bei den Oberklassemodellen, sei der Druck, die Produktionskosten so weit wie möglich zu reduzieren, gerade hier besonders hoch. Das neue Werk in Ungarn leiste mit Lohnkosten, die rund 70 Prozent unter denen in Deutschland liegen, einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit. In Zukunft soll ein Montagewerk in Chinas Hauptstadt Peking das Produktionsnetzwerk Rastatt - Kecskemét ergänzen. Wann genau die Bänder in der chinesischen Mercedes-Kompaktwagenschmiede anlaufen sollen, verriet Vorstandschef Zetsche seinen Investoren aber noch nicht.

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