Grüne und Fahrräder im Wald:Meterweise Ärger

Radfahrer in der Natur, 2012

Eine Passage im Landesforstgesetz besagt, dass Radfahrer im Wald nur Wege befahren dürfen, die breiter als zwei Meter sind. Die Rad-Lobby fühlt sich eingeschränkt. Die Grünen halten dagegen.

(Foto: Claus Schunk)

Einst galten die Grünen als Partei der Fahrradfahrer, jetzt haben sie Ärger mit ebenjenen. Der Streit mit den Radfahrern in Baden-Württemberg dreht sich um die Breite von Waldwegen.

Von Roman Deininger

In seinen zweieinhalb Jahren als Ministerpräsident von Baden-Württemberg hat sich Winfried Kretschmann mächtig ins Zeug gelegt, die Grünen zu einer "Autofahrerpartei" umzudeuten ("Ich fahr' schon lange Mercedes"). Das Ganze bleibt indes eine Operation am lebenden Image, seine Parteifreunde müssen sich trotz allem immer noch als "Radfahrer" verspotten lassen - ein Titel, den etwa der grüne Verkehrsminister Winfried Hermann durchaus mit Stolz trägt. Wenn Hermann bei einer "Sternfahrt" Werbung für sein bevorzugtes Verkehrsmittel macht, applaudieren die Fahrradverbände. Doch jetzt sind sie sauer: Die politischen Radfahrer haben Ärger mit den echten.

Die Debatte dreht sich um eine Passage im Landesforstgesetz, laut der Radfahrer im Wald nur Wege befahren dürfen, die mehr als zwei Meter breit sind. Nachdem Hessen die strenge Zwei-Meter-Regel im Sommer abgeschafft hat, hält nur noch Baden-Württemberg daran fest. Das, findet die Rad-Lobby, schränke das Tretvergnügen ganz schön ein: Hübsche, schmale Pfade dürfen nicht genutzt werden. Und das, obwohl Tourismus-Strategen gerade den Schwarzwald gern als Paradies für Mountainbiker rühmen - und die Grünen doch eigentlich dringend einen weiteren beharrlichen Imageaspekt loswerden wollen: den als Verbotspartei.

"Wie soll man denn so einen Weg überhaupt verlässlich abmessen?", fragt Gudrun Zühlke, Südwest-Chefin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Die Radfahrer könnten doch nicht ständig absteigen und den Meterstab auspacken. "Die Regel widerspricht grundsätzlich der Radpolitik des Landes", findet Zühlke. "Die Regierung investiert Millionen in den Ausbau von Radwegen und sperrt zugleich das wunderbare Wegenetz im Wald." Davon seien im Übrigen nicht nur Mountainbiker, sondern auch "Rad fahrende Familien betroffen".

"Die Zwei-Meter-Regel hat sich bewährt"

Kürzlich haben mehrere Radverbände dem Stuttgarter Landtag 58 210 Unterschriften gegen die Zwei-Meter-Regel übergeben. Das zuständige Ministerium für den ländlichen Raum, das vom grünen Vorzeige-Realo Alexander Bonde geführt wird, hat den Radfahrern daraufhin ein Friedensgespräch mit dem Forstpräsidenten in Aussicht gestellt. Aber in der Sache vertraut die Regierung auf ihre Argumente: "Die Zwei-Meter-Regel hat sich bewährt", sagt ein Sprecher Bondes, "sie sorgt für Rechtsklarheit."

Im Rest der Republik müssten Wanderer nach Unfällen erst mal beweisen, dass der Weg für Radfahrer nicht geeignet war. Man unterstütze lieber ein Projekt im Schwarzwald, das einzelne attraktive "Singletrails" für Radler öffnen will. Nicht zuletzt verweist Grün-Rot auf die Unterstützung von Jagd-, Forst- und Naturschutzverbänden: Alle wollen Pflanzen und Tieren die Belästigung durch Radfahrer ersparen.

Dabei, beteuert Heiko Mittelstädt von der Deutschen Initiative Mountainbike (DIMB), gebe es doch gar keine großen Störungen: "In Hessen ist das Wild ja auch noch da." Unfälle mit Wanderern seien sehr selten, "da gibt es schlimmstenfalls mal ein kleines Wortgefecht". Gegenseitige Rücksichtnahme sei doch "selbstverständlich", sagt Mittelstädt. "Ich glaube, dass man den Leuten nicht alles vorschreiben muss." Und daran glauben die Grünen ja nun auch.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: