Geschichte der Vespa:Sehnsucht auf Rädern

Parkende Vespas in München

Vor allem in Deutschland wird der Vespa gehuldigt. Hier parken gleich mehrere italienische Motorroller auf einem Gehsteig in München.

(Foto: Catherina Hess)

Ein Bildband feiert die Geschichte der Vespa, des Gefährts, das unsere Träume wie von selbst nach Italien führt. Ein Mythos, der besonders in Deutschland mit großer Liebe und Beharrlichkeit gepflegt wird.

Von Gerhard Matzig

Einmal angenommen, man wäre seit einiger Zeit der stolze Eigentümer einer 125er Vespa. Und zwar jener zugegebenermaßen etwas retrohaften, aber ästhetisch formvollendet gerundeten GTS-Baureihe, die an die glanzvolle Zeit des italienischen Motorroller-Herstellers Piaggio, also an die 1950er- und 1960er-Jahre erinnert. Weiter angenommen, ein guter Freund sei sogar - und zwar: immer noch - im Besitz einer eckigen, ja kastenförmigen PX, die wie kaum etwas sonst an die 1980er-Jahre erinnert. Dann könnte es schon sein, dass die beiden Männer mit ihren Wespen (Vespa ist das italienische Wort für Wespe) von München aus gen Italien fahren - was für sogenannte echte Biker ein kurzer Ausritt, für wahre Vespa-Fans aber ein mehrtägiges Roadmovie darstellt.

Sie tun das, weil sie der Meinung sind, dass ihre Roller endlich wieder einmal in der Heimat sein wollen. Und weil sie sich selbst mindestens für Nanni Moretti im Film "Caro diario", wenn nicht für Gregory Peck in "Ein Herz und eine Krone" halten. Ah, Italien . . . Weshalb sie dann allerdings spätestens in Malcesine am Gardasee feststellen, dass junge Italiener alles Mögliche fahren: Solange es nur Roller aus Südkorea, Taiwan oder China sind, die aussehen wie Plastik-Kampfjets auf Rädern.

Für Piaggio-Kenner wie für Laien

Die Suche nach diesem speziellen Italianità-Smallframe-Feeling, dieses Fahren mit Swing . . . es ist wohl Sache der Deutschen, das Vespatum zu hüten. Dem Prestel-Verlag ist nun das schöne Buch "Vespa" zu verdanken (148 Seiten, 39, 95 Euro), mit Beiträgen von Valerio Cometti, Franco La Cecla und Giannino Malossi empfiehlt es sich für Piaggio-Kenner wie für Laien. In zehn Kapiteln wird der Siegeszug des Rollers vom billigen, aber unkaputtbaren Alltagsgerät über die Stilikone der Vespista bis zum (überteuerten!) Retrodesign mit zeitgemäßer Technik nacherzählt.

Mit reichlich Material aus dem Piaggio-Archiv versehen, kann man das nächste Café ansteuern, von Freising bis Flensburg, um sich ganz in Italien zu fühlen. Man kann die akribisch recherchierte Modellgeschichte studieren, alte Werbeplakate betrachten, die Vespa im Kino an sich vorbeiziehen lassen (einschließlich Audrey Hepburn) und das absurd herrliche Phänomen der Vespa World Days wahrnehmen, bei dem die seltsamen Mitglieder seltsamer Vespaclubs durch seltsamerweise brennende Reifen springen. Man kann sich das in dem gut lesbaren Bildband aber auch angucken wie von ferne, die Bruschetta aufessen, die Latte trinken - und zum Kellner sagen: "11,20? Mach ma' Dodici, Luigi". Dann startet man die Vespa und swingt fröhlich, ja beschwingt durch den deutschen Niesel, um nahezu glücklich und außerordentlich deutsch zu sein.

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