Genf 2009: Mercedes E-Klasse:Der Assistent fährt mit

Die neue E-Klasse von Mercedes setzt vor allem auf Sicherheit durch Elektronik. Ihre großen Talente als Reiselimousine sind ohnehin unbestritten.

Jörg Reichle

Wenn Mercedes früher eine neue E-Klasse vorstellte, löste das in der Autowelt allemal mehr als ein Achselzucken aus - unter Konkurrenten wie bei potentiellen Kunden gleichermaßen. Maßstäbe wurden erwartet, an denen sich andere auszurichten hatten. Nichts weniger.

Genf 2009: Mercedes E-Klasse: Kante gegeben: Das Design der neuen E-Klasse dürfte für Diskussionen sorgen.

Kante gegeben: Das Design der neuen E-Klasse dürfte für Diskussionen sorgen.

(Foto: Foto: oH)

Heute ist das anders, nicht nur, weil weltweit gerade sowieso die Märkte zusammenbrechen. Die Konkurrenz ist groß und längst auf Schlagdistanz herangekommen. Wenn nicht vorbeigezogen. In einer aktuellen Umfrage unter den Lesern der Fach-Bibel auto motor und sport, traditionell eine Bastion der Mercedes-Bewunderer, fiel die Marke in fast allen Kategorien teils deutlich hinter die Premium-Konkurrenz zurück. Weder wollte man ihr besonders attraktives Aussehen, noch überdurchschnittlich gute Verarbeitung, noch fortschrittliche Technik bescheinigen. Nur die Werte für Zuverlässigkeit verbesserten sich.

Schwere Zeiten also für den Stern. Und für die neue E-Klasse, die gerade auf dem Genfer Salon ihre Premiere feiert. Bezeichnend ist, dass Mercedes selbst dabei nicht das neue Design in den Vordergrund stellt. Vielleicht ahnt man bereits, dass die Form mit den vier hochkantigen Frontscheinwerfern und den kräftig modellierten hinteren Kotflügeln die Kundschaft eher polarisieren wird.

Stattdessen protzt die neue Limousine mit einer Armada von Elektronik-Systemen, die den Fahrer unterstützen sollen: So gibt es einen Fernlicht-Assistent, der den Lichtkegel automatisch optimiert, einen Totwinkel-Assistent und den Spurhalte-Assistent, einen Nachtsicht-Assistent und eine - serienmäßige - Müdigkeitserkennung. Nicht genug damit: Radarsysteme halten automatisch den korrekten Sicherheitsabstand zum Vordermann und leiten bei Bedarf eine Vollbremsung ein. Und wenn auch das den Aufprall nicht verhindern kann, tritt das bereits bekannte Insassenschutz-Programm namens Pre-Safe in Kraft, das unter anderem blitzschnell die Gurte strafft und die Fenster schließt.

Der Assistent fährt mit

Nicht alle dieser teilweise teuren Systeme erscheinen uns sinnvoll und es kann durchaus lästig sein, während der Fahrt von allerlei blinkenden und piependen Signalen vor was auch immer gewarnt zu werden. Vor dem Kauf sollte man sich in jedem Fall gründlich Gedanken darüber machen, was man wirklich braucht.

Doch jenseits aller Spielerei und elektronischer Sicherheitsnetze fällt an der neuen E-Klasse auf der Straße spontan eine ganz traditionelle, wenngleich in diesem Fall hervorragend gepflegte Eigenschaft auf: ihr Komfort. Fast so leise wie ein Windhauch rollt man bei Tempo 140 dahin, die Dämmung der Geräusche ist derart wirkungsvoll, dass selbst das Rollgeräusch der Reifen kaum mehr als eine ferne Ahnung bleibt.

Den Motor, so er nicht zu wilder Beschleunigung gezwungen wird, übertönt bisweilen sogar noch das Zischeln des Fahrtwinds. Und sollte man sich gegen die sportlich-straffe Ausstattungslinie namens Avantgarde entscheiden, was wir empfehlen, geht obendrein die Federung vorbildlich schonend mit Rücken und Nerven des sensiblen Passagiers um. Ein Verdienst, das sich das Fahrwerk übrigens mit den exzellenten Sitzen teilt. Die auf Wunsch für die Sechszylinder lieferbare Luftfederung setzt, im Zusammenspiel mit elektronisch geregelten Dämpfern, in puncto Sänfte sogar noch einen drauf. Fast 2000 Euro Aufpreis (Serie beim E 500) sind dafür aber auch keine Kleinigkeit.

Der Assistent fährt mit

Was die dynamischen Talente des Fahrwerks angeht, genügt angesichts heute üblicher Verkehrsdichte der Hinweis, dass alle Aufgaben jederzeit souverän gelöst werden. Lenkung und Bremsen vermitteln ohnehin solide Verlässlichkeit, ohne das Gefühl für die Straße künstlich wegzufiltern. Wer's ernsthaft sportlich will und sein Ego gerne durch Leistungsüberschuss streichelt, kann ja den AMG E 63 mit 525 PS nehmen.

Die großen Talente der E-Klasse als Reiselimousine sind also unbestritten: Das Raumangebot ist großzügig, Verarbeitung und Materialmix sind angemessen, und die große Zahl an verbrauchsoptimierten Motoren - die neuen CDI-Vierzylinder werden mit 5,3 l/100 km angegeben - ermöglicht zusammen mit den Ausstattungslinien Avantgarde und Elegance sowie einer schier unendlichen Aufpreisliste die Zusammenstellung einer ganz persönlichen Limousine. Vorausgesetzt, man kann mindestens 41.590 Euro ausgeben. Das Marketing hat es diesmal übrigens besonders eilig: Zeitgleich mit der Limousine kommt das Coupé, auf der IAA im Herbst folgen bereits Kombi und Cabrio. Dann wird es auch den Traumwagen aller Taxler geben, den E 200 CDI - für knapp unter 40.000 Euro, wie man hört.

Daten und Preise:

Mercedes E-Klasse Limousine: E 200 CDI: 100 kW (136 PS), Verbrauch: 5,3 l, CO2: 139 g/km, Euro 5, Preis: k.A. E 220 CDI: 125 kW (170 PS), 5,3 l, 139 g/km, Euro 5, 41.590,50 Euro E 250 CDI: 150 kW (204 PS), 5,3 l; 139 g/km, Euro 5, 44.506 Euro E 350 CDI: 170 kW (231 PS), 6,8 l, 179 g/km, Euro 5, 50.991,50 Euro E 350 BlueTec: 155 kW (211 PS), 7,0 l, 183 g/km, Euro 6, 53.371,50 Euro E 200 CGI: 135 kW (184 PS), 6,8 l, 159 g/km, Euro 5, k.A. E 250 CGI: 150 kW (204 PS), 7,3 l, 174 g/km, Euro 5, 44.506 Euro E 350 CGI: 215 kW (292 PS), 8,5 l, 199 g/km, Euro 5, 51.943,50 Euro E 500: 285 kW (388 PS), 10,9 l, 256 g/km, Euro 5, 67.532,50 Euro

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