Gebrauchtwagenkauf:Drum prüfe, wer sich länger bindet

Beim ersten Kontakt mit dem Gebrauchten kann genaues Hinsehen viel Ärger verhindern.

Von Klaus Justen

Gebrauchtwagenkäufer sind oft clevere Rechner, denn: Schon nach drei Jahren kosten die meisten Autos nur noch die Hälfte ihres Neupreises - oder noch weniger. Und weil das Angebot aus zweiter Hand riesig ist, ist es nicht immer einfach, die guten von den schlechten Offerten zu trennen; denn das verlangt zumindest ein wenig technischen Sachverstand. Top oder Flop? - Die wichtigsten Tipps für den Fahrzeugcheck.

Gebrauchtwagen, dpa

Augen auf beim Gebrauchtwagenkauf

(Foto: Foto: dpa)

Blick aufs Blech

Wie ist der Gesamteindruck des Autos? Eine ordentliche Wäsche und ein sauberer Innenraum dürfen erwartet werden, sonst sind Kratzer oder selbst leichte Hagelschäden schwer zu erkennen. Sind im Bereich der Fenstergummis oder an den Reifen Lackspuren zu sehen oder ist frischer Unterbodenschutz im Radkasten, können das Hinweise darauf sein, dass mit der Sprühpistole vor dem Verkauf nachgeholfen wurde. An den Kotflügelkanten auf Spuren von (retuschiertem) Rost achten, Türen und Hauben im Gegenlicht anschauen, ob sie Wellen oder Farbschatten aufweisen - das ließe auf Reparaturen schließen.

Rostpickel sollten gleich den Rückzug einläuten, es sei denn, man sucht ein Auto für Schweißübungen. Ebenfalls einen Blick wert sind die Windschutzscheibe und das gleichmäßige Maß der Fugen zwischen Hauben, Türen und Karosserie; zudem sollten die Scheinwerfergläser in Ordnung und dicht sein - Kondenswasser zwingt über kurz oder lang zum teuren Wechsel.

Blick unters Blech

Der erste Prüfpunkt sind die Räder. Schäden an Felgen oder Reifen geben Hinweise auf Bordsteinrempler, die auch das Fahrwerk in Mitleidenschaft gezogen haben können. Ist das Profil ungleichmäßig, können die Spur verstellt oder Stoßdämpfer defekt sein. Winterreifen, die zur Unzeit aufgezogen sind, sollten die Frage nach den Sommerreifen auslösen - also nachhaken.

Wenigstens 2,5 Millimeter Profil sollten sein; sonst muss gleich ein neuer Satz eingeplant und bei den Preisverhandlungen berücksichtigt werden. Tipp: Der Goldrand einer Euromünze misst exakt zwei Millimeter. Auch die Bremsscheiben sollten kontrolliert werden, weil eventuelle Riefen oder Rost teure Reparaturen ankündigen.

Wer eine Taschenlampe und eine alte Decke mitnimmt, kann auch einen Blick unters Auto werfen, wobei sich dabei nur grobe Mängel erkennen lassen; für genauere Betrachtung gehört das Auto auf die Hebebühne. Achten sollte man auf Ölspuren an der Unterseite von Motor und Getriebe, auf Rost am Unterboden, am Auspuff und in den Türfallen sowie auf Reparaturspuren an den Radhäusern.

Motor- und Kofferraum

Muffiger Geruch im Kofferraum signalisiert eingedrungenes Wasser - also alle Matten hochnehmen und nach Rostspuren schauen. Im Motorraum sind Lackspuren verdächtig und deuten auf Unfallschäden hin. Der Stand von Öl, Bremsflüssigkeit, Kühlwasser sollte geprüft werden - passt die Kilometerangabe auf dem Ölwechsel-Anhänger zum Tachostand?

Gummibälge genau anschauen: Risse und Löcher, etwa durch Marderbiss, sind recht gut zu erkennen. Die Folgen kaputter Manschetten können das Konto sprengen.

Drum prüfe, wer sich länger bindet

Probefahrt

Gebrauchtwagen; dpa

Günstig heißt eben nicht immer gut: Tropft Öl, dann Hände weg vom Wagen

(Foto: Foto: dpa)

Zunächst alle Tasten und Funktionen in Ruhe durchprobieren. Spiegel einstellen, Gebläse auf höchste Stufe - scheppert das, riecht die Luft muffig? Sitze verstellen, Gurte auf abgewetzte Kanten oder Risse prüfen, Kopfstützen anpassen. Springt der Motor ganz leicht an, lohnt das Beachten der Temperaturanzeige: Wurde der Wagen warm gefahren, damit er besser startet?

Fenster herunterkurbeln und horchen, wie sich Motor und Auspuff anhören. Prinzipiell gilt: Die Probefahrt muss lang genug sein, Kurven und Steigungen sowie idealerweise eine schlechte Straße anbieten. Mancher Mangel zeigt sich erst bei größerem Tempo und höheren Drehzahlen. Also auch außerorts fahren, Radio und Gebläse ausschalten und das Verkaufsgespräch unterbrechen.

Hinweise, dass etwas nicht in Ordnung ist, geben folgende Symptome: Lässt sich das Getriebe nicht leicht und lautlos schalten oder sind Knackgeräusche bei langsamer Fahrt und voll eingeschlagener Lenkung zu hören, können Antriebswellen oder Radlager defekt sein.

Bleibt das Auto beim Bremsen nicht in der Spur, was sich bei niedrigem Tempo auf einer leeren Nebenstraße testen lässt, kann das zum teuren Problem werden; Schleifgeräusche oder leises Wummern deuten auf defekte Bremsscheiben. Genau geprüft werden sollte auch, ob das Fahrzeug spontan und exakt auf Lenkeinschläge reagiert. Nach der Fahrt sollte man noch mal auf den Motor schauen: Riecht es dann verdächtig oder tropft gar Öl, lieber nach anderen Offerten Ausschau halten.

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