Gebraucht, groß, günstig:Immer schön praktisch bleiben

Wenn die Familie wächst, wird es Zeit für ein größeres Auto. Für viele ist ein Neuwagen aber unerschwinglich. Diese Gebrauchtwagen bis 10 000 Euro bieten das meiste Auto fürs Geld.

Von Felix Reek

Der Traum vom Familienauto als Neuwagen ist für viele genau das: ein Wunsch, der sich vielleicht nie erfüllen wird. Wenn ausreichend Platz das Hauptkriterium ist, schießen die Preise in die Höhe. Unterhalb von 20 000 Euro wird es sogar schwer, einen neuwertigen Jahreswagen zu finden. Also muss ein günstiger Gebrauchtwagen her, mit bewährter Technik, Platz und möglichst wenig Reparaturbedarf. Gerade im Bereich unter 10 000 Euro lassen sich hier schon solide Modelle finden. Einer davon ist der Škoda Octavia. Er liefert bewährte VW-Technik für weniger Geld. Besonders die zweite Generation des Škoda Octavia entwickelte sich so zum Verkaufsschlager. Die basiert weitestgehend auf dem Golf V, bietet aber mehr Platz. Bis zu 1630 Liter fasst der Kofferraum, das ist fast schon Passat-Niveau und ein Spitzenwert in der Mittelklasse. Für Ästheten ist der Octavia der zweiten Generation sicher nicht das richtige Auto. Das Design ist so nüchtern wie der Innenraum, aber irgendwie auch zeitlos schlicht. Mit dem Facelift 2009 kamen modernere TSI-Motoren aus dem VW-Katalog, die weniger Sprit verbrauchen. Bereits ab 102 PS (Benziner) und 105 PS (Diesel) ist der Octavia ausreichend motorisiert. Größere Mängel hat der Kombi kaum, gut erhaltene Modelle mit Laufleistungen um die 100 000 Kilometer gibt es bereits ab 6000 Euro.

Wie beliebt der Škoda Octavia ist, zeigt sich vor allem auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Die Kombi-Version der nachfolgenden sechsten Generation des VW Golf, einst etwas teurer als sein tschechischer Bruder, ist mittlerweile billiger zu haben als der Škoda. Bereits ab 6000 Euro finden sich gut erhaltene Exemplare, sogar mit Kilometerständen unter 100 000. Die Materialien sind hochwertig, das Platzangebot fast so gut wie im Škoda. 1495 Liter fasst der Kofferraum maximal. Beim TÜV ist der Golf Variant eher unauffällig, bekannte Probleme bei frühen Modellen sind defekte Kraftstoffpumpen, Zündkerzen und klemmende Zündschlösser. Eine Alternative ist der VW Touran aus dem gleichen Produktionszeitraum, er ist im Schnitt aber mindestens 3000 Euro teurer.

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Illustration: Özer/SZ

Oft unterschätzt, ist der Ford Mondeo Turnier (2007 bis 2014) so etwas wie der heimliche Star der Mittelklasse. Manche nennen ihn auch den besseren Passat. Das liegt vor allem an seinem riesigen Kofferraum (bis zu 1745 Liter) und dem sportlichen Fahrwerk. Nur an Plastik sollte man sich nicht stören. Die im Mondeo verbaute graue Mittelkonsole erinnert an billige CD-Player aus den Neunzigerjahren und ist so ziemlich das Scheußlichste, was sich in dieser Klasse findet. Angeboten wird der Kombi bereits ab 7500 Euro mit Laufleistungen um die 100 000 Kilometer, meist als Benziner oder Diesel mit 140 PS und geringem Verbrauch. Die reichen vollkommen, zügiger geht es mit den stärkeren Motorisierungen bis zu 240 PS voran. 2010 gab es eine Modellpflege, doch diese Autos werden nur selten unter 10 000 Euro angeboten. Achten sollte man auf die Lenkung. Ausgeschlagene Gelenke fielen den TÜV-Prüfern besonders oft auf, ebenso wie Achsaufhängungen.

Makellos bei der Hauptuntersuchung, doch einige der Mazda 6 Kombis rosten

Wer mehr Wert auf Design legt, ist beim Opel Insignia Sports Tourer richtig. Seit Jahren versuchen die Rüsselsheimer, ihr ramponiertes Image aufzupolieren. Mit dem Insignia (2009 bis 2013) sollte es endlich gelingen. Und doch hat der Kombi in der Mittelklasse das Nachsehen. Vollkommen zu Unrecht, denn mit dem Sports Tourer ist Opel ein wirklich schöner Wagen gelungen. Die Optik geht allerdings auf Kosten des Platzes. Auf 1530 Liter bringt es der Kofferraum maximal, immerhin 320 Liter weniger als sein Vorgänger, der Opel Vectra C Caravan. Dafür gibt es eine gute Verarbeitung und viel Fahrkomfort. Die breite Motorenpalette startet bei 115 (Benziner) beziehungsweise 110 PS (Diesel) und reicht bis zum V6-Turbo mit 325 PS. Typische Schwachstellen sind laut ADAC Batterie, Defekte an den Generatoren und gerissene Antriebsriemen im ersten Modelljahr. Gebrauchte Exemplare mit etwas mehr als 100 000 Kilometer gibt es ab 8500 Euro, die meisten Opel Insignia Sports Tourer auf dem Markt kratzen an der 10 000-Euro-Marke. Die Alternative: Für die Hälfte des Preises gibt es bereits den Opel Signum und die Kombiversion des Astra H.

Besser ist eigentlich nur noch der Mazda 6. Doch der hat ein Problem: Der Sport Kombi (2008 bis 2010) rostet, meist am Unterboden. Das Seltsame ist aber, dass das nicht bei jedem Exemplar der Fall ist. Manche Kombis haben nie Probleme, andere dafür umso mehr, das war auch schon beim Vorgänger der Fall. Das hat allerdings keine Einschränkungen der technischen Funktionen zur Folge, der TÜV hat bei dem Japaner kaum etwas zu bemängeln. Ansonsten ist der Mazda einer der zuverlässigsten Gebrauchtwagen überhaupt. Das Fahrwerk ist sportlicher als beim Passat, die Grundausstattung gut (CD-Radio, Klimaanlage und Alufelgen sind serienmäßig), der Kofferraum riesig (1751 Liter). Die 2,2-Liter-Dieselmotoren zwischen 125 und 185 PS stürmen durchzugsstark voran, die Benziner, meist zwischen 120 und 170 PS auf dem Gebrauchtwagenmarkt zu finden, sind etwas behäbiger. 8500 Euro kostet der Mazda mit Laufleistungen um die 100 000 Kilometer. Trotzdem führt der Kombi eher ein Schattendasein auf dem Gebrauchtwagenmarkt, im Vergleich zu Passat und Co. sind nur wenige Exemplare zu finden.

Ähnlich ergeht es dem Citroën C5 Tourer. Das liegt natürlich auch daran, dass es lange Zeit als Statement galt, einen der extravaganten Franzosen zu fahren, die eigene Designwege gingen. Die gefielen nicht immer jedem. Bei der aktuellen Generation des C5 (seit 2008) ist davon nicht viel übrig geblieben. Hier orientiert sich Citroën offensichtlich an der deutschen Mittelklasse-Konkurrenz. Der Kombi ist geradezu gefällig. Selbst die hydropneumatische Federung, einst das Markenzeichen der Franzosen und Garant für sänftenartigen Fahrkomfort, ist aufpreispflichtig. Einzig die feststehende Lenkradnabe, um die sich der Kranz des Steuers bewegt, erinnert an französische Eigenheiten. Das hat aber dafür gesorgt, dass der C5 Kombi so solide ist wie lange kein Citroën mehr. Probleme bereitet nur die Lenkung. Deswegen sollte bei einer Testfahrt auf ungewöhnliche Geräusche geachtet werden, dann sind wahrscheinlich die Spurstangen ausgeschlagen. Zudem verlieren Motor und Getriebe Öl. Am empfehlenswertesten ist der 2,0-Liter-Diesel mit 136 PS. Erste Benziner mit 125 PS gibt es ab 8000 Euro, die Selbstzünder sind im Schnitt 1000 Euro teurer. Das Fahrgefühl bleibt aber eher indirekt und schwammig.

Wer beim Familienauto auf Sportlichkeit nicht verzichten will, landet beim BMW Dreier Touring, einem der beliebtesten und solidesten Gebrauchtwagen überhaupt. Die Modellreihe E90, die zwischen 2005 und 2013 gebaut wurde, ist aber nichts für ein Elternpaar mit mehr als zwei Kindern. Der Kofferraum liegt mit maximal 1385 Litern unter dem Durchschnitt. Dafür bekommt man den Fahrspaß, den Škoda, Citroën und VW vermissen lassen. Dazu sind nicht einmal die viel gepriesenen sechs Zylinder nötig, auch die Vierzylindermotoren, startend ab 129 PS beziehungsweise 122 PS beim Diesel, reichen für zügiges Reisen. Motor und Antrieb bereiten kaum Sorgen. Bekannte Schwachstellen bei der TÜV-Prüfung sind zu großes Spiel in der Lenkung und poröse Bremsschläuche. Schwächer motorisierte Modelle starten ab 7000 Euro mit etwa 100 000 Kilometern auf dem Tacho. Soll es ein Sechszylinder sein, ist die 10 000-Euro-Marke schnell erreicht. Der bietet dann aber auch für jeden etwas: ausreichend Platz für die Familie und Spaß am Lenkrad für den Fahrer.

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