Ford RS200:Ritt auf der Kanonenkugel

Eine Fahrt im fast 30 Jahre alten Ford RS200 gleicht einem Ritt auf der Kanonenkugel. Allerdings würde eine Kugel mehr Platz bieten als der historische Rallyeflitzer. Der mit seinen Glubschaugen so niedlich wirkende Wagen wird auf der Straße zur Bestie.

Von Marcel Sommer

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Ford RS200

Quelle: SOM

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Eine Fahrt im fast 30 Jahre alten Ford RS200 gleicht einem Ritt auf der Kanonenkugel. Allerdings würde eine Kugel mehr Platz bieten als der historische Rallyeflitzer. Der mit seinen Glubschaugen so niedlich wirkende Wagen wird auf der Straße zur Bestie.

Dass der Ford RS200 schon fast 30 Jahre auf dem Buckel hat, ist ihm kaum anzusehen. Lediglich ein Blick ins Innere offenbart ein wenig die verstrichene Zeit. Hier überwiegen Plastik und grauer Teppich. Wer genau hinschaut, erkennt zudem Bauteile aus einer anderen Baureihe. So stammen die Türen und die Windschutzscheibe vom Ford Sierra. 

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Die knallroten Schalensitze und das bunte Lenkrad sind passgenau für den RS200 angefertigt worden. Wer es einmal geschafft hat, sich in diese rote Kombination zu quetschen, erfährt am eigenen Leib, dass die Menschen innerhalb der letzten 30 Jahre ganz schön gewachsen sein müssen.

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Trotz aufkommender Hitzewallungen inmitten des 1,76 Meter breiten und 1,32 Meter hohen Exoten ist eine lange Hose angebracht. Ansonsten könnte es zu starken Verbrennungen an den Oberseiten der Oberschenkel kommen, die bei jeder noch so kleinen Richtungsänderung die heiße Lederoberfläche des Lenkrads berühren. Um den 1315 Kilogramm leichten Ford gleich mit den Knien zu lenken, ist die Lenkung aber nicht direkt genug. Beim RS200 muss noch richtig kräftig gekurbelt werden. 

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Bevor der auf 200 Stück limitierte RS200 überhaupt vom Fleck kommt, müssen die schmal besohlten Füße die noch schmaleren Pedale treffen - und bitte nicht alle auf einmal. Die Tatsache, dass das Gaspedal etwas locker nach vorn hängt und das Kupplungspedal innerhalb weniger Millimeter über den Erfolg oder Misserfolg eines Gangwechsels entscheiden, macht die Sache nicht einfacher. Der kleine Schalthebel weigert sich in gefühlt über 90 Prozent der Fälle, den Gangwechsel ohne Murren zu gewähren. Ist es geschafft, greift die Kraft von 280 Newtonmetern an allen vier Rädern an - der Ford RS200 ist ein Allrader.

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Sind die ersten Meter zurückgelegt, kann der 1,8 Liter große Vierzylinder-Benzinmotor richtig geflutet werden. Der Zeiger des mittig platzierten Drehzahlmessers bewegt sich anfangs noch ruhig und bedächtig, nimmt allerdings ab der Zwölf-Uhr-Stellung richtig Fahrt auf. Nur: An dieser Stelle befindet sich beim Ford RS200 die fünf, denn das Drehzahlband endet erst bei 10.000 Umdrehungen pro Minute. Bei 7.000 stehen dem Fahrer alle 186 kW / 253 PS zur Verfügung. Das Ganze wird akustisch von einem Röhren, Zischen und einem regelmäßigen Zwitschern untermalt, welches vom Überdruck- beziehungsweise Pop-Off-Ventil stammt. Ein Geräusch wie Rennsport pur an. 

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Tunnel oder jedwede Form von Unterführungen werden zwangsläufig zum erweiterten Resonanzkörper des sowieso schon brüllenden Mittelmotors. Die faszinierende Ausstrahlung des Flitzers geht so weit, dass Jaguar-, Mercedes- und viele andere Autofahrer sich zu spontanem Beifall hinreißen lassen.

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Um das sportliche Potenzial des Mitte der Achtzigerjahre für 92.500 DM angebotenen RS200 zu erfahren, braucht es kurvenreiche Landstraßen. Zudem darf die Drehzahl nicht unter die 5000er-Marke fallen, sonst wird der Rallyewagen behäbig.

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Der RS200 sollte den Wiedereinstieg in den Rallye-Sport ermöglichen, daher RS. Für die Zulassung musste Ford bis Februar 1986 mindestens 200 Exemplare bauen, so erklärt sich der Name. Doch schon kurze Zeit später wurde die Rennklasse Gruppe B mit bis zu 650 PS starken RS200-Versionen abgeschafft. Zu viele Fahrer und Zuschauer waren gestorben. Heute existieren weltweit noch etwa 140 der Wagen. In Deutschland sollen es nur noch neun sein. Die teuersten Serienautos, die Ford jemals auf die Straße gelassen hat, sind heute in gutem Zustand zu Preisen ab 150.000 Euro erhältlich.

© Süddeutsche.de/pi/mike/jasch
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