Ford Escort Cabriolet:Sommer der Liebe

Lesezeit: 3 min

In den 80er Jahren galt Ford als echte Cabrio-Marke, sogar vom Wolfsburger Thron schaute man dann und wann neidisch auf die Kölner herunter. Heute will Ford wieder mehr Kontur bekommen - erneut mit Cabrios wie dem Focus CC.

Stefan Grundhoff

Focus CC - bei dieser Wortsymbiose aus Ford und Cabriolet träumen immer noch viele vom alten Ford Escort. Die Escort-Generation MK-III, die im Herbst 1980 Weltpremiere feierte, sollte die Kompaktklasse neu definieren und dem Angstgegner VW Golf schlaflose Nächte bereiten. Angespornt vom Erfolg des VW Golf Cabriolet, das inoffiziell bereits 1978 vorgestellt wurde, war auch bei Ford die Entscheidung gefallen, die emotionale Frischluft-Fraktion zu bedienen.

Ford Escort Ghia Cabriolet aus dem jahr 1997. (Foto: Foto: Pressinform)

So kam der Escort nicht nur als drei- und fünftürige Limousine, sondern auch als Kombi, Stufenheck (Orion) und letztlich Cabriolet auf den Markt. Klassenüblich gab es einen alles andere als schmucken Überrollbügel. Zwar beleidigte der bei geöffnetem Dach ein wenig das Auge des Betrachters, sorgte jedoch für Steifigkeit in der Karosserie und Sicherheit bei einem etwaigen Überschlag. Die Cabrioletversionen von VW Golf und Opel Kadett machten es schließlich auch nicht anders. Das Verdeck wurde von einer mühsam zu befestigenden Persenning geschützt.

Heute sieht das ganze bei Ford anders aus. Der Escort von einst heißt seit Ende der 90er Jahre Focus und kämpft noch immer gegen die Windmühlen aus Wolfsburg. Doch das gilt insbesondere in Deutschland. Europa- und sogar weltweit ist der Focus im dritten Jahrtausend eines der bestverkauften Fahrzeuge der Welt. Und nach Jahren der Enthaltsamkeit gibt es seit knapp zwei Jahren auch wieder ein Cabriolet mit dem unscheinbaren Namen Focus CC - das sich nach der jüngsten Modellpflege zumindest von vorne schmucker und dynamischer den je präsentiert.

Das alles andere als sehenswerte Hinterteil bleibt dem Betrachter jedoch auch im Sommer 2008 nicht erspart. Das zweiteilige Klappdach ist technisch filigran, doch allzu opulent im Kofferraum untergebracht. Was bei geschlossenem Dach nur am Rande stört, nervt, wenn das vollelektrische Dach hinter den Fondsitzen verschwindet: ein dicker Hintern. Immerhin kann man sich über den üppig dimensionierten Kofferraum freuen, der zwischen 248 und 534 Liter schluckt.

Ford Escort
:Ford Escort: Auch ein Henkelmann

Das Ford Escort Cabrio machte einst dem VW Golf Cabrio schwer Konkurrenz. Ein Rückblick in Bildern

Zu Zeiten des Ford Escort war das ganz anders. Das Dach aus PVC oder Stoff öffnete sich zumeist von Hand und erst später mit einer trägen Teilelektrik - aber das sorgte vor der Eisdiele in Bochum-Wattenscheid allemal für neidische Blicke. Auch hatten die groß gewachsenen Fahrer nicht mit einer nervig in den Innenraum hineinragenden Windschutzscheibe zu kämpfen. Die stört besonders Personen über 1,80 Meter und nimmt einem einen Teil des so heiß geliebten Cabriogefühls.

Wenn man Cabriolet und Limousine im Innenraum miteinander vergleicht, präsentiert sich gestern wie heute das gleiche Bild. Die Unterschiede zwischen sonnigem Spaßmacher und langweiliger Limousine sind rar gesät. Schon aus Kosten- und Produktionsgründen setzt man auf Gleichteile. Übersichtlich und praktisch waren die Escorts und Focus gestern wie heute.

Mit dem Escort Cabriolet der Generation MK-V tat man sich bei Ford Anfang der 90er Jahre keinen Gefallen. Der VW Golf fing, in die Jahre gekommen, langsam an zu wanken und auch der Escort präsentierte sich keinesfalls so stimmig,wie nach der Modellpflege im Jahre 1986. Das merkte man auch europaweit bei der geringeren Nachfrage der Sonnenanbeter. Cabriolets in der Kompaktklasse rissen keinen mehr vom Stuhl. Markenübergreifend gab es träges Design - wie beim Ford Escort.

Ein Cabriolet in der Kompaktklasse ist trotz anderslautender Schwüre der Werbeabteilungen nichts für vier Personen. Angesichts der überschaubaren Platzverhältnisse konnte man im Fond des alten Ford Escort Cabriolet nicht ernsthaft sitzen. Ein Focus CC heute bietet deutlich mehr Platz, einen integrierten Überrollschutz, Kopfstützen und elektrische Fensterheber hinten. Doch es bleibt es wie schon immer war: Bequem flanieren und die Sonne genießen kann man nur in der ersten Reihe.

Mittlerweile ist es selbstverständlich, dass ein Dach - in diesem Fall als Klappversion - elektrisch öffnet und schließt. Beim Focus CC geschieht das in trägen 30 Sekunden und nur im Stand. Zumindest Geschwindigkeiten bis 30 km/h sollten sich heutzutage realisieren lassen. Das bringt Sicherheit beim Regenüberfall in der City oder an der Ampelkreuzung. Doch die fünf Hydraulikzylinder, drei Elektromotoren und elf Sensoren benötigen viel Zeit, um das nur zweiteilige Dach zu öffnen und zu schließen.

Setzte man früher auf eine jugendlich-frische Kundschaft im Alter von um die 30 Jahre, so hat sich auch hier viel getan. Ford blickt wie die Konkurrenz gerne auf die finanziell abgesicherte Kundschaft im mittleren und höheren Alter. Wenn die Kinder erst einmal aus dem Haus sind, kann man sich auch wieder ein Cabriolet wie den Focus CC leisten. Vielleicht hatte man ja vor 20 Jahren schon einmal einen offenen Escort gefahren?

So sehr der Focus in den Jahren an Dimensionen und Gewicht zugelegt hat, so viel hat sich auch bei der Motorleistung getan. War einst bei spritzigen 90 oder 105 PS Schluss, so gibt es heute zwar deutlich weniger als bei der Konkurrenz, aber immerhin doch 145 PS. Ein Diesel mit 100 kW/136 PS lässt einen beim Bräunen auch noch sparen. Bis ein leistungsstärkerer Benziner folgt, macht der Diesel mit zwei Litern Hubraum, 320 Nm Drehmoment und 205 km/h den besten Eindruck. Im Gegensatz zum etwas trägen Zweiliter-Benziner verbraucht man unter sechs Liter Diesel auf 100 Kilometer und hat empfehlenswerte sechs Gänge, auf Wunsch sogar die brandneue Doppelkupplung.

So viel Hightech hat seinen Preis. In der Basisversion kostet der schwächlich motorisierte Ford Focus CC 1.6 23.575 Euro. Der stimmige Diesel kostet mindestens 27.575 Euro. Wer so viel Geld nicht ausgeben will: Ein gutes Escort Cabriolet aus Mitte der 90er Jahre kostet kaum mehr als 4000 Euro.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: