Fiat Coupé:Das neue Automobil für James Bond

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Wenn der Geheimagent nicht britische Autos fahren müßte, würde er dieses wählen

(SZ vom 27.11.1993) Die Italiener gelten landläufig als leidenschaftliches und gefühlsbetontes Volk. Da wundert es auch nicht, daß die italienische Automarke Fiat mit ihrem neuesten Modell Emotionen wecken will. Schafft man es überhaupt, wegen eines Autos beim Betrachter - und damit dem potentiellen Käufer - Emotionen wachzurütteln, ist für den Hersteller schon einmal viel gewonnen. Ob sie positiv oder negativ sind, mag auf den ersten Blick noch keine Rolle spielen.

Und wahrlich, das Konzept von Fiat ist aufgegangen. An diesem Auto, das den schlichten, aber prägnanten Modellnamen Coupé trägt, kann man nicht einfach vorbeigehen, denn die markante Karosserie ist ein echter Blickfang. Die Heckpartie ist geprägt von einem Kofferraumdeckel, der durch nichts, nicht einmal durch eine Griffleiste oder ähnliches, unterbrochen wird. Puristen sehen darin die Perfektion einer gut gestylten, glatten Fläche - hier ist wirklich keine Unterbrechung vorstellbar. Allerdings sieht man in der Phantasie, wie sich geräuschlos ein Schlitz öffnet und sich eine kugelsichere Stahlplatte à la James Bond vor die Heckscheibe schiebt. Rücklichter und Blinker sind - untereinander versetzt - als runde Gläser in die Karosserie eingelassen. Ideal, um dort vielleicht Rauchpatronen einzusetzen.

Möchte man das Bild vom modernen 007-Agenten-Fahrzeug weiterverfolgen, könnte man glauben, daß das Fiat Coupé bereits eine Verfolgungsjagd mit einem Bösewicht überstanden hat. Dessen Wagen kann unmöglich ein Sportwagen gewesen sein: Wie sonst hätte er mit seinen an der Felge ausgefahrenen Messern der Fiat-Karosserie so tiefe Schlitze über den vorderen und hinteren Radkästen beibringen können. Aber eines muß man dem Verfolger lassen: Geschmack hatte er, denn gerade diese Einschnitte der sonst etwas zu hochgezogen erscheinenden Seitenpartie machen erst den Reiz aus. Dasselbe gilt für die Front, die von einem markanten Kühlergrill und überdachten Scheinwerfern bestimmt wird. Diese Details machen den in der Design- Schmiede von Pininfarina entworfenen Wagen erst zu dem, was er ist: ein Coupé, bei dem - entgegen der Zeitströmung - auf jede Rundung verzichtet wurde.

Auch mit der Motorisierung hätte der britische Geheimagent so manche Wettfahrt gewonnen. Das Zwei-Liter-Aggregat mit vier Zylindern ist als Saugversion mit 102 kW (142 PS) oder als Turbo-Variante mit 140 kW (195 PS) Leistung zu haben. Eine Höchstgeschwindigkeit von 208 km/h erreicht die 16 V-Saugversion, beim 16 V-Turbo wird die Spitzengeschwindigkeit mit 225 km/h angegeben. Entsprechend schnell ist die Tachonadel nach 9,2 beziehungsweise 7,5 Sekunden an der 100-Stundenkilometer-Markierung. Beide Versionen sind mit einer umfangreichen Ausstattung - plus genannt - lieferbar.

Die Kraft des 2,0-l-Aggregats ist beim Fahren besonders deutlichzu spüren, wenn beim Beschleunigen der Turbo einsetzt. Das Kurvenverhalten ist gut, doch bricht der Fronttriebler im Grenzbereich hinten leicht aus. Die Gangschaltung ist hakelig, was Fiat damit begründet, daß es sich bei dem von uns gefahrenen Coupé um einen Vorserienwagen handelt. Auch im Innenraum merkte man dem neuen Fiat die Vorserie an. Beim Fahren klapperte es aus den unergründlichen Tiefen des Amarturenbretts.

Bleibt zu hoffen, daß dieser Mangel sich nicht in die Serie einschleicht, denn auch das Interieur des Coupés ist stilistisch gut gelungen. Besonders schön und elegant wirkt das Cockpit. In eine Blende, die die gleiche Lackierung wie der Wagen hat und sich vom Armaturenbrett bis in beide Türverkleidungen zieht, sind vier schlichte Rundinstrumente integriert.

Auf Wunsch mit zwei Airbags

Das in der Höhe und axial verstellbare Lenkrad scheint für einen sportlichen Wagen etwas groß geraten zu sein, doch soll darin auf Wunsch ein Airbag plaziert werden können. In der Mittelkonsole sind - übersichtlich und gut erreichbar - die Druckschalter unter anderem für die Warnblinkanlage oder die elektrischen Fensterheber integriert. Das Handschuhfach, an dessen Stelle auch ein Beifahrer- Airbag eingebaut werden kann, ist groß genug, um die alltäglichen Utensilien unterzubringen. Sonst bietet der Innenraum des Coupés wenig Möglichkeiten, Karten, Sonnenbrille oder sonstiges zu verstauen.

Etwas spärlich ist die Beinfreiheit ausgefallen, zumindest für die hinteren Passagiere, die keine Handbreit mehr Platz für ihre Knie haben, wenn Fahrer und Beifahrer die bequemen Sportsitze ganz nach hinten geschoben haben. Ein echter Viersitzer, so wie es Fiat behauptet, ist das Coupé nicht. Dafür bietet es serienmäßig manches für sein Geld - der Preis soll zwischen 42 000 Mark für den 16 V und 52 000 Mark für die 16 V-Turbo-plus-Version liegen: Gurtstraffer, eine teilweise umklappbare Rückbank, um den Kofferraum etwas zu vergrößern, elektrische Außenspiegel und eine Zentralverriegelung sind inklusive.

Mit dem Coupé Fiat - so der offizielle Name -, das das bisher schnellste Serienfahrzeug von Fiat ist, wollen die Italiener an ihre große Tradition der Coupés wieder anknüpfen. 20 000 Exemplare sollen zur Hälfte in Italien, zur anderen Hälfte in Europa jährlich verkauft werden. Ob Fiat dieses Ziel erreichen wird, ist ungewiß, doch sicher ist, daß sich Passanten vom Frühjahr an, wenn es bei den deutschen Händlern steht, nach diesem Wagen umdrehen werden - auch wenn nicht James Bond darin sitzt.

Von Marion Zellner

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