Fiat auf der IAA 2013:Wo ist Sergio?

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Die große Sergio-Marchionne-Show - auf der IAA ohne den Hauptdarsteller. (Foto: Bloomberg)

Stell Dir vor, es ist IAA und keiner geht hin. Fiat-Chef Sergio Marchionne hat sich das zu Herzen genommen und macht Schlagzeilen - weil er nicht da ist. Die Spekulationen um sein Fernbleiben blühen. Bereitet Fiat gerade einen großen Coup vor?

Von Thomas Fromm, Frankfurt

Wenn Sergio Marchionne auftritt, dann wird es spannend. Dann geht es um Rabatt-Blutbäder auf dem Automarkt, um die Vormachtstellung deutscher Konzerne in Europa, um drohende Werksschließungen und halb leere Fabriken in Italien. Klartext halt. Einige meinen, das läge daran, dass der Fiat-Chef, dessen Automarke besonders unter der Krise in Europa leidet, eh nichts zu verlieren habe. Daher habe er die Rolle des grantligen Branchen-Managers quasi schon rechtzeitig für sich gebucht.

Sergio Marchionne ist also einer, der Schlagzeilen macht, wenn er da ist und redet. Dann setzt er sich vor die Journalisten auf einen Stuhl, brummt, mahnt und attackiert. Seit dieser Woche weiß man: Noch spektakulärer als ein Marchionne, der auftritt, ist einer, der gar nicht erst kommt. Der zuerst - in vorletzter Minute - die Termine für seine Pressekonferenzen verschiebt. Und dann - sozusagen in allerletzter Minute - seine Teilnahme an der Branchenmesse ganz absagt. IAA zwar mit Fiat, aber ohne den Chef: Das ist mehr als ungewöhnlich. Das ist schon ziemlich bizarr.

Gerüchte statt Erklärungen

Warum der Italo-Kanadier nicht kam, weiß niemand. Immer noch nicht. Offiziell habe er andere geschäftliche Termine, ließ der Turiner Konzern wissen. Was aber, munkeln die Branchenkollegen in diesen Tagen in Frankfurt, könne für einen europäischen Autohersteller denn wichtiger sein als die IAA? In Italien gibt es gleich eine ganze Reihe von Erklärungen.

Eine geht so: Marchionne arbeite hinter den Kulissen an der Komplett-Übernahme von Chrysler und verhandle gerade über ein noch ausstehendes Aktienpaket von 41,5 Prozent, das noch bei dem US-amerikanischen Gewerkschaftsfonds Veba liegt. Es wäre die letzte Hürde für die Turiner. Am Ende könnte - gemessen am Umsatz - der siebtgrößte Autohersteller der Welt stehen. Andere vermuten, er müsse mit den Politikern in Rom über seinen Ärger mit den Gewerkschaften reden. Oder aber er bereite den Börsengang der US-Landmaschinentochter CNH vor. Italienische Messebesucher meinen, der Manager sei eh auf dem Sprung in die USA, habe Italien und Europa längst abgehakt. Fiats Zukunft läge am Sitz des US-Partners Chrysler in Detroit, warum also überhaupt noch eine europäische Automesse?

"Ziemlich außergewöhnlich"

Kurzum: Es gibt keinen offiziellen, schon gar keinen überzeugenden Grund, und Marchionne hat - wieder einmal - mehr Rätsel aufgegeben als gelöst. "Vielleicht erfahren wir in den nächsten Tagen, worum es geht", sagt ein Fiat-Sprecher. Nicht einmal Kollegen aus der sonst sehr gut verdrahteten Branche wissen, was Marchionne in diesen Tagen umtreibt. "Ziemlich außergewöhnlich" sei das, meint ein deutscher Manager.

Nun ist es so, dass es bei einer Automesse wie die IAA vor allem darum geht, neue Modelle auszustellen und bei der Gelegenheit die Modelle der anderen zu sehen. Sehen, gesehen werden. Die IAA ist also so etwas wie der Motor der Branche. Nun hat aber Marchionne nichts Neues, was er zeigen könnte, außer ein paar Überarbeitungen von Autos, die es schon gibt.

Aufgebaut haben die Italiener ihren Messestand mit Cinquecentos, Lancia Y, Alfa Romeos. Nicht viel Neues, nur viele schöne Autos, die man schon länger kennt. Es lohne sich nicht, Milliarden in neue Modelle zu investieren, da der europäische Markt eh brach liege, meinte der Manager mal. So gesehen ist es vielleicht ganz konsequent: Wenn ich nichts Neues habe, was ich zeigen kann, brauche ich auch gar nicht erst hinzugehen.

© SZ vom 11.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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