Fahrraddiebstahl:Was wirklich gegen Fahrradklau hilft

Hochgehängtes Fahrrad

Hält Fahrraddiebe auf Distanz: eine eher unpraktikable Sicherungsmethode in Hamburg.

(Foto: dpa)
  • Absolute Sicherheit vor Fahrraddiebstahl gibt es nicht. Man kann es Kriminellen aber so schwer wie möglich machen.
  • Viel hängt von der Qualität des verwendeten Fahrradschlosses ab - sowie vom Ort und von der Art und Weise, wo und wie das Rad gesichert ist.
  • Es gibt immer mehr Alarmanlagen und GPS-Tracker für Fahrräder, die per App mit dem Smartphone des Eigentümers gekoppelt werden können.

Von Thomas Harloff

Die ernüchternde Wahrheit vorweg: Es ist nicht möglich, ein Fahrrad hundertprozentig vor Diebstahl zu schützen. Zu oft steht das Bike unbeobachtet herum, zu professionell gehen die Diebe vor und zu gering ist die Aufklärungsquote der Polizei, um sie von vornherein abzuschrecken. Aber Fahrradbesitzer können es den Kriminellen zumindest so schwer wie möglich machen, wenn sie einige Tipps beachten und mehrere Schutzmaßnahmen miteinander kombinieren.

Welches Fahrradschloss ist das beste?

Das hat die Stiftung Warentest nun herausgefunden. Oberflächlich betrachtet ist das Ergebnis ein Desaster: Während nur fünf Schlösser als "gut" und "befriedigend" beurteilt werden und eines die Bewertung "ausreichend" erhält, fallen neun Modelle mit "mangelhaft" durch. Priorisiert man dagegen allein den Punkt Aufbruchsicherheit, ergibt sich ein anderes Bild: Gleich sechs Schlösser sind hier "sehr gut", drei weitere "gut" und vier immerhin "befriedigend". Dass viele von den als sicher eingeschätzten Exemplaren trotzdem eine schlechte Wertung erhalten, liegt an der starken Schadstoffbelastung der verwendeten Materialien.

Je nachdem, wie wichtig einem also die Aufbruchsicherheit oder aber die Schadstoffbelastung ist, sollte man bei der Kaufentscheidung nicht nur die Gesamt-, sondern vor allem die Einzelbewertung beachten. Detaillierte Informationen dazu gibt es auf der Website der Stiftung Warentest.

Welche Vor- und Nachteile haben die verschiedenen Varianten?

Der Test zeigt: Bügelschlösser bieten den besten Schutz. Vier der fünf mit "gut" bewerteten Modelle stammen aus dieser Kategorie, sie liegen auch bei der Aufbruchsicherheit vorne. Allerdings sind die Bügel recht schwer und unflexibel. Das Prädikat "gut" erreicht auch ein Kettenschloss. Die Vorteile dieser Kategorie: gute bis sehr gute Aufbruchsicherheit und hohe Flexibilität. Aber sie sind mit Gewichten zwischen zwei und drei Kilogramm auch mit Abstand am schwersten. Zudem sind viele der getesteten Modelle stark mit Schadstoffen belastet.

Von Falt- und Panzerkabelschlössern rät die Stiftung Warentest ab, dünne Spiralkabelschlösser hat sie wegen mangelnden Potenzials erst gar nicht getestet. Sie sind zwar leicht, außerdem einfach zu handhaben und zu transportieren, aber auch schnell geknackt und nicht einmal besonders günstig. Überhaupt ist der Preis nur bedingt ein Qualitätskriterium. Das drittplatzierte Bügelschloss "Decathlon BTwin 920" ist mit 30 Euro eines der günstigsten im Test, mit der Note 1,9 aber auch ziemlich gut. Das mit Abstand teuerste ("Abus Granit City-Chain X Plus 1060" für 160 Euro) ist zwar das beste Kettenschloss, aber in der Gesamtwertung nur auf Position fünf.

Wo stelle ich es am besten ab?

Der Polizei zufolge ist jedes sechste gestohlene Fahrrad ungesichert abgestellt gewesen. Dagegen werden nur die wenigsten Velos aus umschlossenen Räumen gestohlen. Zuhause steht das Fahrrad also am sichersten in der Wohnung. Auch ein Parkplatz im abschließbaren Kellerabteil oder im gemeinschaftlichen Abstellraum ist besser als ein Standort vor dem Haus, selbst wenn das Velo dort abgeschlossen am Fahrradständer steht.

Ist man unterwegs, dann gilt: das Rad lieber an belebten Plätzen unterbringen als an unbeobachteten Stellen. Das raten sowohl der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) als auch die Polizei. Klar: Wer ein Fahrradschloss knacken möchte, braucht dabei kein Publikum. Weil es natürlich nicht immer möglich ist, das ideale Plätzchen zu finden, kommt es letztlich doch vor allem auf die Güte des Schlosses an - und auf die folgenden Maßnahmen.

Wie sichere ich mein Fahrrad am besten?

Bleibt das Bike unbeobachtet stehen, reicht es nicht, nur eines der Laufräder per Schloss zu blockieren. Diebe können es so leicht wegtragen oder wegrollen. Viel wirksamer ist es, den Rahmen mit einem fest im Boden verankerten Gegenstand zu verbinden. Auf Nummer sicher geht, wer zusätzlich die Laufräder an einem Metallzaun, Radständer oder an einer Laterne mit dem Schloss befestigt. Dadurch steigt der Aufwand für Diebe, außerdem sind Kriminelle oft auf eine Schlossart spezialisiert. Die Befestigungsmöglichkeit sollte außerdem nach oben geschlossen oder hoch genug sein, damit das Rad samt Schloss nicht einfach darüber gehoben werden kann. Also lieber einen meterhohen Mast wählen als einen Hydranten. Und das Schloss sollte nicht in Bodennähe hängen, weil Diebe ihr Werkzeug sonst am Boden abstützen können und so einfacher an ihre Beute kommen.

Alles zu Codierungen, Alarmanlagen und GPS-Trackern sowie Versicherungen

Welche alternativen Schutzmöglichkeiten gibt es?

Viele Kleinigkeiten können ein Fahrrad für Diebe unattraktiv machen. So machen es individuelle Merkmale wie eine auffällige Lackierung unverwechselbar und erschweren den Verkauf. Zudem sollten sich Radler möglichst unberechenbar verhalten, ihr Fahrrad also nicht immer zur gleichen Zeit am gleichen Mast anschließen. Lassen Sie Ihr Rad außerdem mit einer Gravur oder einem Aufkleber nach einem speziellen Prinzip codieren. Dadurch ist es eindeutig identifizierbar und dürfte für viele Diebe abschreckend wirken. Zusätzlich bietet die Polizei einen Fahrradpass an, in dem persönliche Daten des Besitzers und eindeutige Merkmale des Rades eingetragen werden. Das beugt dem Fahrradklau zwar nicht vor, erhöht danach aber die Wahrscheinlichkeit, es wiederzufinden. Den Pass bewahrt man entweder sicher daheim auf oder trägt ihn per Smartphone-App stets bei sich.

Welchen Beitrag kann das Internet leisten?

Auch die Digitalisierung kann helfen, Fahrraddieben ihr Dasein zu erschweren. Meist allerdings erst dann, wenn das Rad bereits geklaut wurde. Es beginnt bei Facebook-Communities wie "Stolen Bikes Berlin" und Datenbank-Websites wie www.fahrrad-gestohlen.de, auf denen relevante Informationen zu den Rädern registriert, Fotos gepostet und Suchanfragen gestellt werden können. Die Idee dahinter: Je mehr Menschen über einen Diebstahl informiert werden, umso mehr können bei der Suche danach helfen.

Ein Prinzip, das die Fahrradjäger-App perfektioniert. Sie funktioniert in Verbindung mit einem Aufkleber am Rahmen, auf den ein QR-Code aufgedruckt ist. Hegt ein Community-Mitglied den Verdacht, dass ein Rad gestohlen sein könnte, scannt es den Code und vergleicht das Rad mit den Informationen aus der App. Manchmal wird von den Bestohlenen sogar ein Finderlohn ausgelobt.

Was bringen GPS-Tracker, Apps und Co.?

Inzwischen geht die Fahrradjäger-App noch weiter und bietet eine Alarmanlage an. Ein kleines Kästchen namens Insect wird mit dem Rad verschraubt und ist mit dem Smartphone des Besitzers per Bluetooth verbunden. Verlässt der Radler sein Rad, stellt sich Insect scharf. Nähert er sich wieder, entsperrt es sich. Doch wird das Fahrrad bewegt, während das Handy nicht in der Nähe ist, schlägt es laut Alarm und informiert nicht nur den Besitzer, sondern auch andere Menschen in der Nähe, die die Fahrradjäger-App nutzen. Außerdem übermittelt Insect seine aktuelle Position per GPS.

Es gibt inzwischen mehrere Anbieter ganz ähnlicher Geräte. Incutex und Rexbike bieten genau wie Fahrradjäger GPS-Tracker an, die von außen sichtbar sind und vor allem abschreckend wirken sollen. Velocate versteckt die Ortung im Rücklicht, was nur wirkliche Profidiebe entdecken dürften. Das Fahrradschloss "I lock it" bietet ähnliche Funktionen und dient gleichzeitig als Wegfahrsperre: Am Rahmen unter dem Sattel angebracht, schiebt es einen Bolzen durch die Hinterradspeichen. Das Rad ist also blockiert, wenn sich der Besitzer samt Handy nicht in der Nähe befindet.

Leider sind die Geräte nicht billig: Sie kosten zwischen 65 und 200 Euro, bei manchen kommt eine monatliche Gebühr für die Ortung hinzu. Außerdem verleiten sie zur Selbstjustiz. Doch meist dürfte die Option, schnell die Polizei zu informieren, um von ihr den Dieb auf frischer Tat ertappen zu lassen, die lohnendere sein.

Ist Fahrraddiebstahl über die Hausratversicherung abgesichert?

Ja, aber nur unter gewissen Bedingungen. Wurde das Rad aus der Wohnung entwendet, aus dem abgeschlossenen Keller oder der zugesperrten Garage, zahlt die Versicherung meist klaglos. Wird es unterwegs geklaut, greift die einfache Hausratversicherung nicht mehr. Hier gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man wertet sie mit einem Fahrradzusatz auf, oder man schließt eine spezielle Fahrradversicherung ab. Was teurer und was günstiger ist, lässt sich pauschal nicht sagen - ein Vergleich ist hier unabdingbar. Außerdem hängen die Kosten von einigen Faktoren ab: dem Wert des Rades zum Beispiel und auch vom Wohnort. Die Police ist etwa in Wuppertal, wo relativ wenige Fahrräder gestohlen werden, deutlich günstiger als in der Fahrrad(klau)-Hauptstadt Münster.

Was ist bei den Versicherungen zu beachten?

Generell gilt: Wer ein wertvolles Fahrrad besitzt, sollte es zusätzlich absichern. Hausratversicherungen mit Fahrradzusatz zahlen bei Diebstahl und Raub, spezielle Fahrradversicherungen aber auch Reparaturen bei Vandalismus und Unfällen. Was genau abgedeckt ist, muss jeder Versicherungsnehmer im Kleingedruckten nachlesen. Zum Beispiel, ob gezahlt wird, wenn zwar ein Schloss benutzt, es aber nicht an einem Laternenmast oder Zaun befestigt wurde. Vorsicht auch vor der Nachtklausel: Steht sie im Vertrag, zahlt die Versicherung zwar bei Diebstahl aus abgeschlossenen Räumen und auch beim abendlichen Kneipenbesuch, aber nicht, wenn das Rad jeden Abend vor dem Haus auf der Straße steht. Einen guten Überblick bietet hier ebenfalls die Stiftung Warentest, die erst kürzlich solche Versicherungen miteinander verglichen hat.

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