Fahrbericht: Renault Laguna:Schluss mit lustig

Solidität statt Avantgarde: Mit der neuen Generation des Laguna will Renault zurück auf die Erfolgsspur - der Vorgänger hatte dem Image als Qualitätsmarke gewaltig geschadet.

Joachim Becker

Keine Experimente mehr bei Renault - der Slogan "Créateur d'automobiles" ist Geschichte, in gut zwei Wochen wollen die Franzosen während der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt ihre neue Markenidentität präsentieren. Was hatten die Kreativen um Designvorstand Patrick le Quément nicht alles versucht, um Renault unverwechselbar zu machen. So sollte das Großraum-Coupé Avantime die neue Avantgarde im Automobildesign einläuten; doch die Nachfrage in der traditionsbewussten Oberklasse war gering, anhaltende Qualitätsprobleme trugen zur Einstellung der Produktion 2003 bei.

Renault Laguna; Foto: Hersteller

Nur nicht auffallen: Die tief hinuntergezogene Motorhaube scheint sich unter dem Wind und den Blicken wegzuducken, die Front ohne Kühlergrill und der Dachbogen erinnern an Citroën.

(Foto: Foto: Hersteller)

Auch das Brot-und-Butter-Auto Mégane stieß mit seinem Heckbürzel auf Kritik, die Kunden in der Kompaktklasse wollten eher Stauraum als Stilexperimente. Den Vogel schoss dann der Laguna II ab: Der optische Biedermann wollte mit neuer Komfort- und Sicherheitselektronik zeigen, was in der Mittelklasse Stand der Technik ist - und wurde zum Sinnbild des Scheiterns.

"Mit dem Laguna II haben wir pro Auto weniger Geld verdient als mit dem Dacia Logan", sagt Patrice Ratti, Programmdirektor der Renault-Oberklasse. Mittlerweile gibt die Marke mit dem Rhombus mehr als 25 Prozent Rabatt, um die letzten der 1,3 Millionen produzierten Fahrzeuge vom Hof zu bekommen. Zu den finanziellen Einbußen kam der Imageschaden; Rückrufe und Reparaturen auf Kulanz konnten nicht verhindern, dass Renault zum Schlusslicht in Pannenstatistiken und Kundenzufriedenheitsstudien wurde. Der schlüssellose Komfortzugang und die Reifendruckkontrolle waren nicht die einzigen Laguna-Teile, die regelmäßig den Dienst quittierten.

In der Fertigung wurden die meisten Fehler bis 2003 abgestellt, wie das gute Abschneiden bei neueren Pannenstatistiken zeigt. Doch die Werkstätten taten sich anfangs schwer mit der elektronischen Fehlersuche. Die entnervten Kunden gingen zur Konkurrenz, der Segmentanteil des Laguna sank in Deutschland von vier auf aktuell rund ein Prozent.

"Sorglos entspannt" sorgt für Schläfrigkeit

Als Carlos Ghosn Ende 2005 Konzernchef wurde, machte er die Qualität zur Chefsache und ließ per Vertrag mit den Mitarbeitern festschreiben, dass der neue Laguna in puncto Kundenzufriedenheit zu den drei Klassenbesten zählen soll. Zudem hat er Renault bis 2009 zum Ziel gesetzt, die operative Marge von derzeit drei auf sechs Prozent zu steigern.

Schluss mit lustig

Statt schnelllebiger und spleeniger Modetrends sollen neue Modelle Solidität verkörpern und beim Restwert auf VW-Niveau zulegen. Evolution statt Revolution, lautet die neue Parole, zurück in den Mainstream der Mittelklasse. Folgerichtig lässt sich der Laguna-Slogan "Peace of mind" mit "sorglos entspannt" übersetzen, was Bedienung und Zuverlässigkeit betrifft - kann aber vor lauter Seelenruhe leicht schläfrig werden. Für Überraschungen sorgen Form und Technik des neuen Laguna, nunmehr in der dritten Generation, nicht.

Nur nicht auffallen: Die tief hinuntergezogene Motorhaube scheint sich unter dem Wind und den Blicken wegzuducken, die Front ohne Kühlergrill und der weite Dachbogen bis ins hohe Fließheck erinnern an den Citroën C6. Eigenständiger wirkt die Rückansicht der Limousine mit den großen, geschwungenen LED-Leuchten. Auch beim Grandtour-Viertürer, der im Frühjahr kommt, erscheint das Heck als die eigentliche Schokoladenseite.

Ein Nachteil der coupéförmigen Silhouette ist die schmale Frontscheibe und das niedrige Dach, auf den Rücksitzen fühlt man sich dem (Stoff-)Himmel ebenfalls zu nahe. Dafür profitieren die Fondpassagiere ein wenig vom Längenwachstum des Laguna um neun Zentimeter: Die Kniefreiheit im Fond hat um zwei Zentimeter zugelegt. Wie in einem Auto mit stattlichen 4,80 Meter Länge fühlt man sich dennoch nicht.

In Sachen Zuverlässigkeit, Materialanmutung und Preis-Leistungs-Verhältnis kann die Limousine überzeugen, auch Fahrwerk und Lenkung sind auf der Höhe der Zeit; der Laguna macht in Kurven Spaß, ohne den Komfort zu vernachlässigen und die Geräuschdämmung leistet selbst bei den Dieselvarianten ganze Arbeit. Vom 2.0 dCi mit 110 kW (150 PS) - mit Partikelfilter 25.650 Euro - ist kaum etwas zu hören, obwohl er die 1,55 Tonnen schwere Limousine spritzig antreibt.

So sparsam wie ein Passat Blue Motion, aber günstiger

Auch der 110-PS-Einstiegsdiesel (ab 22.750 Euro) leistet mit 240 Nm Drehmoment ganze Arbeit; der Durchschnittsverbrauch des 1.5 dCi liegt mit 5,1 Liter und 136g/km CO2 auf dem Niveau des rund 3500 Euro teureren Passat BlueMotion. Ein Partikelfilter ist für den kleinen Renault Diesel aber erst 2008 verfügbar - dann dürften Preis und Verbrauch noch einmal zulegen.

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