SUV im Fahrbericht:Der Land Rover Discovery bleibt ein Arbeitspferd

Der neue Land Rover Discovery mit Bootsanhänger

Der neue Land Rover Discovery kostet mindestens 50 500 Euro.

(Foto: Jaguar / Land Rover)

Dabei ist die neue Generation lässiger und souveräner als ihr Vorgänger. Ein Pluspunkt sind die sieben vollwertigen Sitzplätze, die allerdings sehr teuer sind - genau wie das ganze Auto.

Von Georg Kacher

Siebensitzer - das klingt nach Platz im Überfluss. Doch die vollmundig angepriesene Fünf-plus-zwei-Personen-Konfiguration ist fast immer eine unbefriedigende Notlösung. In der dritten Reihe reicht der Platz bestenfalls für Schulkinder, der Gepäckraum verdient bei voller Besetzung seinen Namen nicht. Der neue Land Rover Discovery (Preise ab 50 500 Euro) kann das besser. Nicht die Sache mit dem Gepäck, aber die Siebensitzigkeit. Sogar ganz hinten sitzt ein Zweimetermann ohne unerwünschten Körperkontakt. Und auch in Reihe zwei hat ein langer Lulatsch ausreichend Platz, ganz vorne sowieso.

Genial ist der elektrische Verstellmechanismus, mit dem sich das Gestühl aufrichten und zusammenfalten lässt - per App, Touchscreen oder Knopfdruck. Ohne das Gepäckrollo zurücklassen zu müssen, ohne Einbußen beim Sitzkomfort, ohne Verstellen der Kopfstützen. Trotzdem hat die Sache drei Haken: Der enge Ein- und Ausstieg ist eine Aufnahmeprüfung in den Verein der Schlangenmenschen, die mittlere Sitzbank muss per Hand in Position geschoben werden, und der Grundpreis für das Verschwindibus-Arrangement liegt inklusive diverser Zwangskombinationen bei 15 000 Euro.

Getestet wurden die Sechszylindermodelle, bei denen die Luftfederung Serie ist. Der 3,0-Liter-Diesel leistet mit 258 PS nur 18 PS mehr als der stärkere der beiden 2,0-Liter-Vierzylinder. Der V6-Benziner bringt es auf 340 PS, verliert aber das Drehmomentduell klar mit 450 gegen 600 Newtonmeter. Die Kraftübertragung besorgt eine Achtgang-Automatik. Die hat mit dem neuen Discovery leichtes Spiel, denn der Wechsel zur Aluminiumbauweise reduziert das Leergewicht um 480 Kilogramm. Das wirkt sich nicht nur positiv auf die Fahrleistungs- und Verbrauchswerte aus, sondern auch auf das Handling. Der V6-Diesel absolviert den Standard-Sprint in 8,1 Sekunden und begnügt sich mit 7,2 Liter auf 100 Kilometer. Der Benziner ist eine Sekunde spurtstärker, aber mit 10,9 Litern deutlich durstiger. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 215 km/h erreicht der Discovery nicht das Niveau der deutschen Konkurrenz.

Dank Luftfederung und Alu-Fahrwerk ist man relativ kommod unterwegs, aber auch dieser Land Rover macht am Ende des Tages kein Hehl daraus, dass er mehr kann als nur cruisen und gleiten. Zum Beispiel mittelschweres Gelände durchpflügen, als wäre es ein schnöder Feldweg, furchterregende Fels-Formationen mit links überwinden und bis zu 90 Zentimeter tiefe Wasserlöcher durchwaten.

Neuer Liebling der Stadt-Land-Fluss-Besserverdiener

Die fünfte Generation macht das noch lässiger und souveräner als ihr Vorgänger, trotz knapp fünf Metern Länge und etwa 2,2 Tonnen Leergewicht. Erstmals haben die Engländer jetzt einen von null bis 18 km/h in kleinen Schritten kalibrierbaren Tempomat fürs Gelände im Angebot - echter Mehrwert oder Overkill-Assistenz? Hinterachssperre und Offroad-Untersetzung kosten beim Vierzylinder Aufpreis.

Der neue Discovery macht nicht viel falsch, aber auch nicht alles richtig. Der Wendekreis ist zu groß (12,1 Meter), der V6-Diesel im Konkurrenzvergleich zu schwach. Und das neue LED-Licht kann noch immer deutlich weniger als die Matrixscheinwerfer der Wettbewerber, aktuelle Assistenzsysteme wie Spurführung oder teilautonomes Fahren sucht man vergebens. Dafür macht das Infotainment keine Faxen mehr, das automatisierte Rückwärtsfahren im Hängerbetrieb ist eine Klasse für sich, die Rundum-Kamera zoomt sogar den Lenkeinschlag der Vorderräder live ins Cockpit. Was noch fehlt, ist jegliche Art der Hybridisierung und eine größere Bremsanlage.

Ein Range Rover ist, egal ob groß oder klein, in erster Linie ein Statussymbol. In einem Land Rover dagegen steckt selbst in der aufgebrezelten First Edition für 83 900 Euro im Kern immer noch ein Arbeitspferd. Mit der vollwertigen Siebensitzigkeit als funktionalem Alleinstellungsmerkmal hat die fünfte Generation des Discovery durchaus das Zeug, zum neuen Liebling der Stadt-Land-Fluss-Besserverdiener zu avancieren.

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