Fahrbericht: Mercedes-Benz CLK 55 AMG:Einfach mehr

Wir kennen die übliche CLK-Kundschaft: männlich, über 55 Jahre - und nicht gerade von der Vollgas-Fraktion. Sie schlängeln die eleganten Coupés unauffällig durchs Straßenbild. Ganz anders sieht das beim CLK 55 AMG aus.

Von Stefan Grundhoff

Der CLK ist in der Mercedes-Palette so etwas wie eine Allzweckwaffe. Im neuen Modelljahr wurden die Motorvarianten kräftig durcheinander gewirbelt. Unter anderem drei neue Sechszylinder und ein Einsteiger-Diesel mit 150 PS finden sich im Angebot. Nahezu die gesamte Vielfalt der C- und E-Klasse ist mittlerweile unter dem Kürzel CLK untergekommen.

Fahrbericht: Mercedes-Benz CLK 55 AMG: Kraft und Dezenz: Mercedes-Benz CLK 55 AMG

Kraft und Dezenz: Mercedes-Benz CLK 55 AMG

(Foto: Foto: pressinform)

Wer jedoch selbst für die gut motorisierten CLK 350, CLK 500 oder CLK 320 CDI nichts übrig hat, kann sich womöglich für den nur auf den ersten Blick unspektakulären 55er-AMG begeistern.

Ganz anderes Kaliber

Denn der Auftritt ist trotz der 18-Zoll-Felgen und Sportschweller kaum auffälliger als der seiner "schwächeren" Kollegen. Doch wer den 5,5 Liter großen Achtzylinder startet, der weiß schon, dass es an Gotteslästerung grenzt, ihn mit beispielsweise dem CLK 220 CDI in einem Atemzug zu nennen. Der CLK 55 AMG will mehr, will kantig sein - und uns den Atem rauben.

Dazu hat der Stuttgarter sportliches Rüstzeug im Gepäck. Unter der weit aufschwingenden Motorhaube begeistert ein sehens- und hörenswertes Vollbluttriebwerk der Extraklasse. 270 kW/367 PS und 510 Nm maximales Drehmoment sprechen für sich. Die Kraftentfaltung ist einfach herrlich. Hungrig wie der Bulle von Tölz freut sich der derzeit stärkste CLK auf die Gasstöße.

Beide Hände liegen brav und ordnungsgemäß in der Viertel-vor-drei-Position am Steuer. Am Lenkradkranz ertastet man ohne Hinsehen die Bedienknöpfe des AMG-Speedshift. Ein grässlicher Name. Und eine eindrucksvolle Wirkung. Im Gegensatz zum 350er arbeitet das Topmodell noch mit einer Fünfgang-Automatik. Doch der Fahrer kommt gar nicht erst auf die Idee, von der viel gelobten Siebengang-Automatik zu träumen, die bereits in zahlreichen Mercedes-Modellen arbeitet.

Einfach mehr

Fünfe reichen

Der Fünfgang-Automat arbeitet nämlich vorbildlich mit dem bärenstarken Achtzylinder zusammen und hat keinerlei Probleme, die Kraft an die Hinterachse zu bringen. Die Leistung und das Donnern des V8-Triebwerks locken einen aber immer wieder, in den manuellen Modus zu springen und die Gänge auszudrehen.

Doch auch im souveränen Automatikmodus gibt es für den Viersitzer kein Halten mehr. Beim Vollgasspurt muss die Anti-Schlupf-Regelung Höchstleistungen erbringen. Unterm Strich stehen 5,2 Sekunden, bis die Tempo-100-Marke an einem vorbeirauscht. Offiziell wird der Mercedes CLK 55 AMG bei 250 km/h eingebremst. Doch nicht wenige der AMG-Kunden lassen sich die Sperre gleich nach Auslieferung abschalten. Dann sollte das Geschoss an der 300er-Marke kratzen - wenn es denn unbedingt sein muss.

Damit das Power-Triebwerk nicht frühzeitig die Waffen streckt, hat man bei AMG tief in die Rennsportkiste gegriffen. So werkeln im Motor Aluminium-Schmiedekolben, während eigens entwickelte Ölspritzdüsen die Kolben auch bei Höchstleistungen sicher kühlen.

Natürlich nicht billig

Der gemeine AMG-Kunde dürfte sich eher weniger für den Durchschnittsverbrauch seines edlen Geschosses interessieren. Mercedes verspricht 12,1 Liter Super auf 100 Kilometer. Bei ambitionierter Fahrweise dürfte sich der Durst zwischen 14 und 16 Litern einpendeln. Vergnügungssteuern gehören bei Sportwagen diesen Kalibers nun einmal dazu.

Über Sitzkomfort, Federung und Bremsen muss man kein Wort verlieren. Einzig bei der Lenkung schwächelt der AMG-Mercedes etwas. Sie ist gut, könnte für einen Sportwagen dieser Klasse jedoch eine Ecke besser sein. Schließlich kostet der CLK 55 AMG mindestens 80.000 Euro. Dass man Navigationssystem, anklappbare Spiegel und selbst Xenonlicht noch extra bezahlen muss, ist allerdings schlicht eine Frechheit.

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