Fahrbericht: Mercedes-Benz C 220 CDI:Wandel durch Annäherung

Mercedes besinnt sich demonstrativ auf seine Stärken von einst - Qualität und Komfort.

Jörg Reichle

Es tut ganz gut, in dieser ganzen aufgeregten Auto-Neuzeit immer mal wieder die innere Reset-Taste zu drücken. Zwischen Nischen-Manie, Marketing-Krämpfen und Design-Spielereien besinnt man sich dann leichter auf Zeitloses wie solide Qualität, fühlbare Sicherheit, durchdachte Mechanik, kurz: auf echten Gegenwert fürs Geld. Oder man schlägt bei einer neuen C-Klasse einfach mal die Türen zu. Hört sich an wie das gute alte Zapfenschloss: blopp, und dann gleich nochmal, weil's so schön ist: blopp, blopp, blopp. Deshalb hat man sich früher einen Mercedes gekauft. Deutsche Wertarbeit hieß das und wer sie sich leisten konnte, war stolz darauf.

Es folgte dann die Phase, als ein Mercedes zwar immer noch teuer war, aber die Qualität nicht mehr so besonders und daran war beileibe nicht immer nur die anfällige Elektronik schuld. Es war letztlich die Arroganz der Macher, die das Grundvertrauen der Käufer zur Marke zerrieb wie Mühlsteine das gute Korn.

Qualität ist wieder mehr als nur ein Schlagwort

Wenn nicht alles täuscht, hat man in Stuttgart inzwischen verstanden. Jedenfalls vermitteln schon einige tausend Kilometer mit der neuen C-Klasse den Eindruck, dass Qualität nicht nur ein Schlagwort für die Verkaufsprospekte ist. Das sollte man bei einem Einstiegspreis von knapp 30.000 Euro für das Grundmodell C180 Kompressor, das die Bandarbeiter heute in 578 Minuten zusammensetzen, freilich auch erwarten dürfen.

Unser Testwagen, ein C220 CDI, kostete in der Elegance-Ausstattung und einer längeren Reihe von Extras wie Xenon plus Abbiegelicht, Lederpolster und Fünf-Gang-Automatik satte 54.043 Euro, das wären nach guter alter Währung deutlich mehr als 100.000 Mark - für ein recht kompaktes Mittelklasseauto wohlgemerkt! Es ist noch nicht lange her, da hätte es dafür noch eine S-Klasse gegeben.

Wandel durch Annäherung

Die erste längere Tour, von München aus über die alte Brenner-Straße in Richtung Süden, bietet gute Gelegenheit, den Gegenwert für so viel Geld zu testen. Auffallen, das steht schnell fest, kann man mit der neuen C-Klasse kaum noch, dafür ist sie, einige Monate nach Verkaufsstart, im Straßenbild schon zu verbreitet.

Die Optik spricht dennoch an, die paar zusätzlichen Zentimeter Länge und Breite haben den stimmigen Proportionen nichts anhaben können. Das Heck ist neu in der Formensprache der Marke und die Unterscheidung zwischen zwei unterschiedlichen Kühlermasken - klassisch mit Stern obendrauf in der Basis- und Elegance-Ausführung, sportlich mit integriertem großem Logo und dicken Lamellen in der Avantgarde-Version - folgt letztlich dem persönlichen Geschmack.

Wir gestehen, dass wir den guten alten Mercedes-Kühler lieber mögen, der Riesen-Stern erinnert uns an die Tuner der frühen C-Klasse-Generationen und wirkt ein bisschen halbstark. Dass man sich innen vom alten Mercedes-Barock verabschiedet und zu neuer Sachlichkeit gefunden hat, war dagegen unumstritten überfällig. Audi lässt grüßen, auch was die Bedienung angeht.

Eine der Stärken der neuen C-Klasse: das ausgewogene Fahrwerk

Hinauf über die endlosen, mittelschnellen bis engen Kurven von Matrei bis zum Brennersee ist man dankbar für die blinde Sicherheit, mit der man Knöpfe und Tasten findet und es dauert nicht lange, da offenbart sich eine andere, die eigentliche Stärke dieses Mercedes - sein Fahrwerk. Es filtert das Flickwerk der Asphaltdecke rückstandslos weg, dämpft und beruhigt, wo selbst die Premiumkonkurrenz von BMW und Audi hämmert, stuckert und plagt. Und ist dabei alles andere als ein lahmer Hund, wenn's sein muss, ist ausgesprochen handlich und schluckt Kurven wie Manager ihre Vitaminpillen. Im Techniker-Neudeutsch heißt der Grund für so viel Fahrspaß Agility Control. Gemeint ist das serienmäßige, spezielle hydromechanisch arbeitende Stoßdämpfersystem, das sich blitzschnell den jeweiligen Fahrsituation anpasst.

Das funktioniert so gut, dass wir gleich noch einen Umweg über den bösartigen Jaufenpass einlegen. Die beim neuen C nunmehr direkter übersetzte Lenkung gibt sich auch hier keine Blöße, ebenso die Bremsen nicht, die selbst auf langen Abfahrten die stolzen 1585 Kilo Leergewicht plus zwei Erwachsene plus gut 430 Liter sicher verstautem Gepäck nachhaltig verzögern.

Auch für den mustergültig leisen Dieselmotor und seinen natürlichen Verbündeten, die Fünf-Gang-Automatik, sind die hausdachsteilen Anstiege kein Ding. Der Vierzylinder zieht stramm aus den Kehren heraus und dass wir dabei alles in allem und inklusive der Autobahn-Etappen nur moderate 7,5 Liter Diesel verbrannten, ist eine Empfehlung als ideales Reiseauto. Wer sich in diesem Mercedes einen stärkeren Motor leistet, ist eigentlich selbst schuld. Wer dagegen mehr Platz braucht, als die Limousine bietet, muss noch etwas warten. In einigen Wochen wird das T-Modell präsentiert.

Mercedes C 220 CDI; 125kW (170 PS); max. Drehmoment: 400 Nm bei 2000/min; 0-100km/h: 8,5 s; Vmax: 228 km/h; Euro 4; Partikelfilter; Testverbrauch: 7,5 l; CO2: 173g/km; Grundpreis: 34213 Euro

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: