Fahrbericht Maserati Ghibli:Da hört der Spaß auf

Maserati Ghibli Diesel Testfahrt

Mit Maserati Ghibli Diesel will der italienische Automobilhersteller seine Absatzzahlen ankurbeln.

(Foto: SOM)

Der Ghibli soll die Verkaufszahlen von Maserati kräftig ankurbeln. Die Zutaten stimmen - sportliche Formen treffen auf Fahrspaß und das Gefühl von Exklusivität. Es gibt nur ein Problem: den Diesel unter der Motorhaube.

Von Felix Reek

"Maserati", schon der Name zergeht auf der Zunge. Das klingt nach Leidenschaft, prickelndem Lebensgefühl, dolce vita! Wie schnöde spricht sich dagegen etwa "Volkswagen" oder "Toyota". Es ist diese Kombination aus Emotion und rasantem Fahrgefühl, die der Sportwagenschmiede ihren legendären Ruf eingebracht hat. Und jetzt das: ein Diesel. Der erste in der hundertjährigen Geschichte der Italiener. Ein Selbstzünder für die Massen. Wie lässt sich das mit dem exklusiven Image von Maserati vereinbaren? Gar nicht.

Auf den ersten Blick ist der Maserati Ghibli genau so, wie man sich eine Limousine von einem Sportwagenbauer vorstellt. Autos mit solch vollendeten Formen bauen tatsächlich immer noch hauptsächlich Italiener. Optisch ist der Ghibli zwischen der Limousine Quattroporte und dem Sportwagen Gran Turismo angesiedelt, er soll das Feld in der oberen Mittelklasse aufrollen. 5er BMW, Audi A6 und Mercedes E-Klasse heißt hier die Konkurrenz. Deswegen auch der Diesel-Motor. Denn für die Dienstwagenabteilung der euopäischen Flottenkunden sind Autos ohne Selbstzünder vollkommen uninteressant.

Maserati Ghibli Diesel im Test und in der Heckansicht

Der Diesel soll den Ghibli auch als Firmenwagen interessant machen.

(Foto: SOM)

Ein Maserati ist nicht subtil

Der neue Motor, den das Fiat-Tochterunternehmen VM Motori entwickelt hat, soll die Verkäufe des Ghibli bis Ende 2015 auf insgesamt 50 000 Fahrzeuge hochschrauben. Das könnte sogar gelingen. Mit einem Startpreis um die 65 000 Euro liegt der 275 PS starke Maserati auf dem Niveau der ähnlich motorisierten Konkurrenten Audi A6 3.0 TDI und Mercedes E 350 BlueTEC, wenn diese einigermaßen vernünftig ausgesattet sind.

Ein Maserati ist aber eben keine deutsche Mittelstands-Limousine. Von einem Maserati erwartet der Kunde etwas anderes: Luxus, Exklusivität, Aufmerksamkeit und Spaß. Eine unbändige Maschine, deren Kraft es zu beherrschen gilt. Ein Maserati ist nicht so subtil wie ein Audi, für ihn drehen Menschen auf der Straße noch die Köpfe. Wer in einem Maserati als Geschäftswagen vorfährt, der setzt nicht auf Understatement. Er sagt laut und deutlich: Bei mir läuft es, ich habe Erfolg, Macht und Geld. Dass das Auto letzten Endes nicht viel teurer ist als die Konkurrenz, fällt niemandem auf. Es geht darum, was ein Maserati ausstrahlt: das Abenteuer Auto.

Überall Leder

Maserati Ghibli Diesel Innenraum

Im Innenraum hat Maserati nicht gespart für den luxuriösen Auftritt: viel Leder, dazu etwas Holz und Chrom.

(Foto: SOM)

Natürlich muss der italienische Autobauer einen größeren Kundenkreis ansprechen, um zu wachsen. Aber ist die Marke dann noch interessant für ihre bisherigen Kunden? Die vor allem Maserati fahren, weil es nicht jeder tut?

So ist der Ghibli eine zwiespältige Angelegenheit. Ein Motor für jedermann unter der Haube und im Inneren viel Luxus. Leder am Lenkrad, Leder auf den Armaturen, Leder auf den Sitzen. So dick, als säße man in einem alten Ohrensessel. Dazwischen Holz und Chrom.

Platz ist im Innenraum, zumindest für den Fahrer, mehr als genug. Fast wirkt das ein wenig unübersichtlich, der Kontakt zum Auto fehlt. Das macht die Lenkung wett. Sie reagiert präzise und verleiht dem Ghibli den erwarteten sportlichen Charakter, ohne allzu aggressiv zu Werke zu gehen. Die Achtgangautomatik arbeitet flüssig, die Übergänge zwischen den Fahrstufen sind kaum auszumachen. Nur so richtig voranschießen will der Maserati nicht. Schwung kommt erst mit 3000 Umdrehungen auf. Das ändert sich auch im "Sport"-Modus nicht, der kaum nennenswerte Unterschiede bringt.

Wer wirklich dynamisch fahren will, muss die überdimensionierten Schaltwippen am Lenkrad nutzen, um den Ghibli aus der Reserve zu locken. Ungewöhnlich ist auch, dass der Maserati gänzlich auf Assistenzsysteme verzichtet. Bremsen, beschleunigen, eine Warnung beim Verlassen der Spur - wer im Ghibli unterwegs ist, muss das alles noch selbst tun.

Der Motor macht den Ton

Bleibt der Dieselmotor. Und hier hört bei der Sportlimousine der Spaß auf. Es gibt einen guten Grund, warum Maserati in 100 Jahren keinen einzigen Diesel in seinen Autos verbaute: den Klang. Satt dröhnten seit jeher die Benziner des Sportwagenbauers. Eine Sinfonie in Brummtönen. Das muss den Italienern auch klar gewesen sein, also installierten sie in der Nähe der vier Endrohre einen Soundgenerator. Der soll das klangästhetische Manko des Diesel-V6-Motors ausgleichen. Tut er aber nicht. Es ist eher ein unschönes, heiseres Grollen, das da aus dem Auspuff schallt.

Das macht den Maserati ein wenig zur Spaßbremse. Was für die Marke fatal ist, denn Spaß, das ist eine der Daseinsberechtigungen eines solchen Fahrzeugs. Niemand käme auf die Idee, sich einen Maserati zuzulegen, wenn es um Adjektive wie vernünftig, sparsam oder solide geht. Wer das will, der kauft sich in dem Preisssektor einen A6, einen 5er oder eine E-Klasse - mit Dieselmotor. Wer es exklusiv, sportlich und luxuriös bevorzugt, mit Spaßgarantie, der leistet sich einen Maserati. Als Benziner.

Technische Daten Maserati Ghibli Diesel:

V6-Dieselmotor mit 3,0 Litern Hubraum: Leistung 202 kW (272 PS); max. Drehmoment: 570 Nm bei 2000 - 2600 1/min; Leergewicht: 1835 kg; Kofferraum: 500 l; 0 - 100 km/h: 6,3 s; Vmax: 250 km/h; Testverbrauch: 11,3 l / 100 km (im Mix aus Stadt und Landstraße, lt. Werk kombiniert: 5,9; CO2-Ausstoß: 158 g/km); Effizizienzklasse B; Grundpreis: 65 380 Euro.

Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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