Fahrbericht: Kia cee'd Sporty Wagon:Luxus für alle

Mit dem cee'd Sporty Wagon geht Kia beim Wettstreit gegen die Etablierten der Kompaktklasse in die nächste Runde. Das Lockmittel der Koreaner ist die Ausstattung.

Joachim Becker

Der erste VW Golf war 1974 eine freche Abkehr vom klassischen Stufenheck in der Kompaktklasse; heute ist das Fluchtauto vor dem automobilen Spießertum längst selbst zum Klassiker geworden. Und die Frage stellt sich, ob sich der Status quo des Marktführers in die nächste Modellgeneration retten lässt.

Kia cee'd Sporty Wagon

Von Haus aus viel Gegenwert: Ausstattung und Qualität können sich sehen lassen.

(Foto: Foto: Kia)

Denn die Zahl der Wettbewerber aus Asien nimmt zu - und eine echte Revolution wird der Golf VI, der Ende 2008 an den Start gehen wird, wohl auch nicht: Kaum getarnte Prototypen wirken wie ein Facelift des aktuellen Golf. Wichtiger als äußerliches Make-up wäre die gründliche Auffrischung des Innenraums und eine Aufwertung der Ausstattung, denn geht es um mehr Auto fürs Geld, spielt die Musik mittlerweile woanders. So tritt der Kia cee'd mit der Parole "Luxus für alle" gegen das europäische Auto-Establishment an.

Auch bei der zweiten Modellvariante des cee'd gibt es von Haus aus viel Gegenwert. Der Sporty Wagon ist schon in der LX-Basisausstattung mit ESP, Bordcomputer, CD-Radio, zwei 12-Volt-Steckdosen, Klimaanlage, Lendenwirbelstützen in den Vordersitzen, Wärmeschutzverglasung, Dachreling und vielem mehr ausgestattet. Nicht zu vergessen die über fünf Jahre oder 150.000 Kilometer währende Garantie für das gesamte Fahrzeug, beim Antrieb sind es sogar sieben Jahre - ein so umfassendes Versprechen zur Fahrzeugqualität sucht man selbst bei hiesigen Premiumherstellern vergebens.

Dabei soll, so ist zu hören, der 1,4-Liter-Einstiegsbenziner voraussichtlich nur etwa 15.500 Euro kosten, endgültige Preise stehen noch nicht fest. Der Motor ist mit seinen 80 kW (109PS) zwar keine Rakete, aber dank der kurz übersetzten Gänge schafft man bis zu 500 Kilogramm Zuladung ganz ordentlich vom Fleck.

Praktisch ist er, der Sporty Wagon mit seinem 1665 Liter fassenden Laderaum und einer Heckklappe, die sich weit ins Dach hineinzieht. Wie beim Peugeot 407 SW ist der Anschlag um mehr als 20 Zentimeter nach vorne verlegt - dadurch braucht man in Parklücken weniger Platz, um die Klappe zu öffnen. An das französische Vorbild erinnern auch die C-Säulen, die wie Spoiler aus dem Fahrzeugkörper ragen.

Der Schöpfer des Audi TT schärft auch das Kia-Profil

Kia-Designchef Peter Schreyer hatte den cee'd-Sportkombi vergangenes Jahr vorgestellt, entstanden war das Auto noch vor seiner Zeit. Der Schöpfer des Audi TT und des VW Beetle konnte die eindeutigen Formzitate beim Sporty Wagon wohl nicht mehr verhindern. Erst zur IAA in Frankfurt wird die Studie eines Sport-Coupés zu sehen sein, das erstmals komplett aus Schreyers Feder stammt - dieser kompakte Zweitürer wird wohl zeigen, dass der Koreaner künftig beim Design aus dem Windschatten der Europäer treten will.

Luxus für alle

Apropos Überholspur: Beim Interieur können sich Golf & Co. eine Scheibe vom cee'd abschneiden. "Wir wissen, dass wir bei den Materialien im Innenraum einiges aufzuholen hatten. Deshalb haben wir viel Geld für Oberflächen und Knöpfe in die Hand genommen und alle Details auf den europäischen Geschmack abgestimmt", sagt Kia-Produktmanager David Labrosse.

Und tatsächlich lässt der Sporty Wagon alte Vorurteile lässig abperlen: Hartplastik gibt es kaum noch, die Sitze passen auch Großgewachsenen, das Cockpit erfreut mit schönen Instrumenten und gut bedienbaren Schaltern. In Kia-Technikcenter in Rüsselsheim wurde das Fahrwerk abgestimmt - wer eine klare Rückmeldung von der Straße mag und Kurven gerne etwas zügiger angeht, ist im cee'd richtig. Und mit den Dieselmotoren macht der Sporty Wagon seinem Namen tatsächlich alle Ehre.

Drei Common-Rail-Diesel mit 66 kW (90 PS), 85 kW (115 PS) oder 103 kW (140PS) sorgen im Gegensatz zu den schwachbrüstigen Benzinern für ordentlich Feuer unter der Haube. Anders als die krawalligen Pumpe-Düse-Motoren, die bei VW jetzt endlich abgelöst werden, sind die Kia-Diesel echte Leisetreter. Beim cee'd 1.6 CRDi bleiben dank eines Turboladers mit variabler Geometrie und 255 Newtonmeter Drehmoment kaum Antriebswünsche offen. 4,9 Liter Normverbrauch und ein Einstiegspreis von voraussichtlich rund 20.000 Euro machen den mittleren Diesel zum Spar- und Spaßpaket. Wer 2000 Euro drauflegt, ist mit dem 140 PS starken 2.0 CRDi schon richtig flott unterwegs. Der Wechsel zwischen den sechs Gängen gelingt mühelos, auch die Lenkung weckt den Wunsch nach kurvigem Geläuf.

Eine nostalgische Preisgestaltung, die gut tut

Keine Frage, der cee'd Sporty Wagon ist auf der Höhe der Zeit. Nur das winzige Schiebedach und die schaltfaule Viergang-Automatik wirken wie Relikte aus der Vergangenheit. Und beim Preis scheint der Kia ohnehin Jahre hinterher zu sein. Aber solche Nostalgie lassen wir uns gerne gefallen.

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