Fahrbericht: Dacia Logan 1.4 MPI:Star wider Willen

Über kaum ein Auto ist den vergangenen Monaten derart viel zu hören gewesen wie über den Dacia Logan. Der Renault aus Rumänien war eigentlich überhaupt nicht für Westeuropa gedacht. Doch der Ruf nach einem "Billigauto" war groß. Jetzt ist er da - eine Familienlimousine für 7.200 Euro.

Von Stefan Grundhoff

Die Konkurrenz mit Toyota Aygo, VW Fox und Co. bietet auf den ersten Blick deutlich weniger für deutlich mehr Geld - unter knapp 10.000 Euro ist bei denen real nichts zu machen.

dacia logan

Der Dacia Logan

(Foto: Foto: Renault / Pressinform)

Dafür hat der Dacia Logan eines nicht, was in den vergangenen Jahrzehnten immer wichtiger geworden ist: Image. So muss der Exil-Rumäne mit anderen Qualitäten überzeugen. Und allen Unkenrufen zum Trotz: Er kann.

Der 4,25 Meter lange Viertürer bietet vier bis fünf Personen bequem Platz. Kopf-, Bein- und Ellenbogenfreiheit sind mehr als ordentlich und alles ist da, wo es hingehört. Der Innenraum wirkt auch nicht preiswerter als der beim neuen Kleinwagen-Triumvirat Toyota Aygo, Citroen C1 und Peugeot 107.

Selbst groß gewachsene Personen können im Dacia Logan durchaus angemessen sitzen. Über die Qualität der Sitze mag man streiten: Beinauflage, Seitenhalt und ausreichend verstellbare Kopfstützen fielen dem Rotstift zum Opfer. So ist es nun einmal in Geiz-ist-geil-Land: Kleine Preise haben ihren Preis. Dafür gibt es dann aber 510 Liter Kofferraum.

Verzicht auf Image

Doch der Dacia Logan verzichtet nicht nur auf jegliches Image - er sieht auch alles andere als hübsch aus. Kantige Formen, überraschende Kanten und ein seltsamer Kofferraumbürzel machen es jedem Jungmann schwer, den Mädels vor der Disco mit diesem Auto zu imponieren.

Doch der Logan macht keinen Hehl daraus, dass er allein die kühlen Rechner ansprechen will. Die Basisversion mit 1,4-Liter-Motor (derzeit nur mit Euro-3) kostet in Deutschland 7.200 Euro.

Die Ausstattung: nackt wie eine Hundehütte. Immerhin gibt es zwei Airbags, ABS, fünf Kopfstützen - und garantiert keine Komfortextras, die man auch nur annähernd als solche bezeichnen möchte. Keine Zentralverriegelung, keine Servolenkung oder Leselampe. Für 7.200 Euro gibt es guten Gewissens fast nichts.

Um die Topversion Logan Lauréate kommt daher wohl kaum einer herum. Da finden sich zumindest elektrische Fensterheber, Funkfernbedienung und elektrische Spiegel - was dann aber schon 8.200 Euro kostet. Auf die Klimaanlage für 800 Euro Aufpreis und ein CD-Radio (450 Euro) werden hierzulande ebenfalls nur wenige verzichten. Dann kostet der Dacia aber auch bereits knapp 9.500 Euro - und vorbei ist es mit der herbeigerechneten Herrlichkeit von 7.200 Mäusen.

Seitenairbags, ESP, ein verstellbares Lenkrad oder gar eine Kofferraumöffnung hin zum Innenraum gibt es nicht einmal für noch mehr Geld und gute Worte. Was bleibt, ist zudem ein stechender Kunststoffgeruch im Innenraum, der allen bislang getesteten Logan-Modellen anhaftete und hoffentlich nach ein paar Wochen verschwindet.

Motor geht in Ordnung

Das 1,4-Liter-Basistriebwerk sollte dagegen die meisten zufrieden stellen. 55 kW/75 PS und 112 Nm Drehmoment sind Werte, die wohl kaum einen Logan-Kunden interessieren. Wer gerne schaltet und sein Handgelenk nicht schonen möchte, wird von 162 km/h Spitze und einen Durchschnittsverbrauch von knapp sieben Litern Super auf 100 Kilometer nicht enttäuscht sein. Wenn doch: Den Dacia Logan gibt es auch mit 1,6 Litern und 87 Pferden. Im nächsten Jahr folgen zudem ein 65 PS starker Diesel aus dem Clio und eine Topversion mit mehr als 100 PS.

Deutlich interessanter dürften da schon die anderen Karosserievarianten sein. Ein Kombi und eine Fließheckversion sollen ebenso wie ein Kastenwagen folgen.

Star wider Willen

Das Fahrwerk macht nicht nur wegen seiner Bodenfreiheit einen rustikalen Eindruck. Doch selbst bei flottem Tempo und munteren Richtungswechseln zeigt es sich stoisch und kaum aus der Ruhe zu bringen. Allein die Bremsen zeigen sich bei Bergabpassagen und Wiederholungs-Verzögerzungen als schwächlich.

Was spricht gegen den Logan? Das Paket kann für ein Auto der 7.000-Euro-Klasse als durchaus stimmig bezeichnet werden. Immerhin gibt es ein neues Auto mit Garantie für drei Jahre oder 100.000 Kilometer. Fahrwerk und Lenkung könnten beileibe einen schlechteren Job machen. Über das Platzangebot gibt es erst recht keine Klage.

Bleiben auf der Minus-Seite das wenig sehenswerte Design, eine nackte Ausstattung und kein Image. Und die Frage, ob das ausreicht, um den Erfolg des Dacia Logan zu verhindern. Schließlich gibt es zahlreiche höchst sehenswerte Gebrauchtwagen, die für rund 7.500 Euro zu haben sind - inklusive Image und Ausstattung.

Fragwürdige Sicherheit

Kopfschmerzen dürfte den Renault-Marketingstrategen zudem das Thema Sicherheit bereiten. Während die Franzosen seit Jahren in ihrer Werbung voll auf das Thema "5 Sterne beim Euro-NCAP-Crash" setzen, kann der Logan hier mit gerade mal drei müden Sternchen glänzen.

An seinem Erfolg auf dem Weltmarkt mag man dagegen kaum zweifeln. Mittelfristig sollen auf Märkten wie Osteuropa, Afrika und Südamerika mehr als eine Million Fahrzeuge aus verschiedensten Produktionsstätten verkauft werden. Diese Rechnung könnte aufgehen.

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