Ethanol:Von Normal auf Super plus

Nicht alle Autos vertragen Ethanol - der Alkohol kann wichtige Motorteile angreifen.

Joachim Becker

Alle reden vom Umweltschutz, nur bezahlen möchte kaum jemand dafür. Statt wie bisher Normal oder Super zu tanken, könnten zahlreiche Autohalter von 2009 an gezwungen sein, auf das bis zu 15 Cent teurere Super plus auszuweichen. Ein Skandal?

"Um die Anhebung der Ethanol-Beimischung zum Benzin wird eine eher emotional geprägte öffentliche Diskussion geführt", sagte der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie, Matthias Wissmann, beim Technikkongress des deutschen Automobilverbandes am Mittwoch in Ludwigsburg: "Fakt ist, dass 98 Prozent der Fahrzeuge der deutschen Hersteller bis zu einer Beimischung von zehn Prozent ethanolverträglich sind. Nur etwa zwei Prozent, das sind maximal 375.000 unserer Fahrzeuge, werden künftig mit Super plus betankt ."

Unsicherheit bei den Importeuren

Viele der genannten Fahrzeuge sind Benzin-Direkteinspritzer der ersten Generation, die ohnehin auf das teure Super plus ausgelegt sind. Mit dem Hochleistungssprit konnten Entwickler schon vor zehn Jahren eine höhere Verdichtung in den Zylindern und damit eine bessere Energieausbeute erreichen. Der ADAC geht allerdings davon aus, dass insgesamt mehr als drei Millionen Personenwagen und Motorräder für den Betrieb mit Ethanol ungeeignet sind.

Gerade bei den Importmarken herrscht große Unsicherheit, welche Modelle einen Ethanol-Anteil von zehn Prozent auf Dauer vertragen. Dabei ist der höhere Anteil von Bio-Ethanol im konventionellen Kraftstoff auch für ältere Autos zunächst problemlos. Der Brennwert des Alkohols aus Zucker oder Getreide ist zwar etwas geringer als bei fossilem Sprit, aber die geringfügige Ethanol-Beimischung macht sich beim Beschleunigen und dem Höchsttempo fast nicht bemerkbar.

Von Normal auf Super plus

Biosprit wirkt nachhaltig, nicht nur auf das Klima. Vorteil des "grünen" Sprits: Im Gegensatz zu Benzin, Diesel und Gas aus fossilen Quellen setzt der Extrakt aus Feldfrüchten bei der Verbrennung das CO2 frei, das beim Anbau aufgenommen wurde. Brasilien deckt 40 Prozent des nationalen Kraftstoffbedarfs durch Zuckerrohrschnaps. Schweden will den fossilen Treibstoff bis 2020 durch Ethanol auf Zellulose-Basis, also aus Holzabfällen, ersetzen.

Für Materialverschleiß wollen die Autohersteller keine Garantie übernehmen

Doch die Fahrzeugflotte muss dafür gerüstet sein, denn der Alkohol kann kraftstoffführende Teile im Auto angreifen. Kunststoffdichtungen und -leitungen werden durch den aggressiven Biosprit schneller spröde und verlieren ihre Dichtigkeit. Auch unbehandelte Aluminiumteile zum Beispiel in den Kraftstoffpumpen altern durch Ethanol etwas schneller und korrodieren möglicherweise. Je höher Bauteile wie Hochdruckpumpen belastet sind, desto größer ist das Risiko von erhöhtem Materialverschleiß. Dafür wollen die Autobauer keine Garantie übernehmen. Im Gegensatz zum Betrieb mit hochkonzentriertem Ethanol (E85) wie in Brasilien ist die aggressive Wirkung beim Einsatz von E10 jedoch deutlich geringer. Ventilsitze aus Spezialmaterialien beispielsweise sind beim hochgradig verdünnten Biosprit nicht nötig.

Die Folgen des leicht erhöhten Ethanol-Anteils auf die bestehende Fahrzeugflotte würden sich erst nach einigen Jahren zeigen, wenn ohnehin schon viele der Altfahrzeuge verschrottet wären, die Probleme mit Ethanol haben. Der ADAC fordert auch aus diesem Grund, die Einführung von E10 auf das Jahr 2012 zu verschieben. Der Verband der deutschen Automobilindustrie dringt hingegen auf eine schnelle Beimischung des Biosprits, weil sich dadurch der Kohlendioxid-Ausstoß der gesamten Fahrzeugflotte sofort senken ließe.

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