Erfolg und Strategie:Die Kia-Schau

Der koreanische Autohersteller ist erfolgreich durchgestartet, sucht aber noch sein Profil - ein eigenständiges Gesicht, das nicht anonym-asiatisch in der Menge untergeht.

Georg Kacher

Die Zeiten der fetten zweistelligen Zuwachsraten sind für Kia vorläufig vorbei. Es geht 2007 insgesamt zwar noch leicht nach oben, aber inzwischen müssen die Händler die Autos aktiv verkaufen statt zuteilen. In Europa boomt vor allem der Absatz des neuen Cee'd, der in der Slowakei produziert wird. Den Golf-Klässler gibt es als Zweitürer, als Viertürer und als Kombi, der Sporty Wagon heißt. Alle drei Modelle sind nicht nur gut und günstig, sondern auch hübsch anzusehen.

Bis zu sieben Jahre Garantie - das hat was

Das war bekanntlich nicht immer so. Mit dem 103 kW (140 PS) starken Diesel ist der getestete Cee'd zwar sehr sparsam motorisiert (Verbrauch 5,6 Liter - die schwächeren Selbstzünder kommen mit 4,7 Liter aus), doch die lange Übersetzung zügelt das Temperament. Außerdem ist die Feder-Dämpfer-Abstimmung eindeutig zu straff ausgefallen. Auch die Lenkung könnte um die Mittellage mehr Fahrbahnkontakt vermitteln.

Auf der Habenseite notieren wir das ordentliche Platzangebot, die saubere Verarbeitung und das narrensichere Fahrverhalten. Im Vergleich zur deutschen Konkurrenz ist der ab 14.430 Euro lieferbare Kompaktwagen rund 3000 Euro billiger. Außerdem überzeugt die ziemlich konkurrenzlose Fünf-Jahres-Garantie. Motor und Getriebe werden sogar sieben Jahre lang kostenlos repariert.

Seit 1998 tickt Kia im Verbund mit Hyundai. Beide Marken teilen sich Technik, Aggregate und Produktionsstätten. Das spart Geld - und sorgt für Verwirrung. Denn die Markenwerte sind nach wie vor nicht endgültig definiert, teilweise überschneiden sie sich sogar.

Die Kia-Schau

Günstig wollen beide sein, das war schon immer so. Kia setzt darüber hinaus auf Dynamik, hat aber kein einziges sportliches Modell im Programm, von einem echten Sportwagen ganz zu schweigen. Hyundai ist eher luxusorientiert, doch diese Strategie funktioniert bislang nur auf dem Binnenmarkt.

Als nächster Schritt in Richtung einer deutlicheren Differenzierung sind neue Modellbezeichnungen vorgesehen. Kia bleibt bei Namen, Hyundai wechselt zu Ziffern-Buchstaben-Kombinationen wie i10 (Atos), i20 (Getz), i 30 (Cee'd Schwestermodell), i40 (Sonata) und i50 (Grandeur).

Gleichzeitig werden die technischen Inhalte nach Möglichkeit vereinheitlicht. Das gilt von 2010 an für den Picanto-Nachfolger und für den i10, für die Rio-Neuauflage und für den i20, für Magentis II und i40 sowie schon von 2009 an für die Doublette aus Opirus II und i50.

Kia will in Zukunft mit Lifestyle und Sportlichkeit punkten

Während der Cerato nach dem Modellwechsel in zwei Jahren wohl nur als viertürige Limousine überlebt, stellt sich Kia schon 2008 mit dem Soul einen echten Solitär ins Schaufenster, von dem es kein Hyundai-Gegenstück geben wird. Der fetzige Crossover ist ein Lifestyle-Auto, das vor allem gegen die Konkurrenz aus Japan punkten soll.

Ebenfalls für 2008 haben die Koreaner den nächsten Sorento avisiert. Dieses konstant erfolgreiche und damit besonders wichtige Modell teilt sich einen völlig neu entwickelten Modulbaukasten mit dem kleineren Sportage-Nachfolger und mit den entsprechenden Hyundai-Ablegern Santa Fe/Tucson.

Noch offen ist die Frage, ob Kia an die neue Heckantriebs-Matrix des Hyundai-Genesis-Projekts (i60) andocken darf, das primär für den US-Markt konzipiert wurde. Falls die Strategen in Seoul grünes Licht geben, hätte die Marke am liebsten ein 2+2-sitziges Coupé nach Art des Kee Show Car. Eine davon abgeleitete Open-Air-Ausführung ließe sich mittelfristig problemlos nachschieben. Auch das Ex_Cee'd Cabrio, das erste Konzeptfahrzeug des neuen Designchefs Peter Schreyer, ist nach wie vor eine interessante Option, die Kia guttäte.

Die Kia-Schau

Der deutsche Chefstilist, der zuvor im VW-Konzern die Formensprache entscheidend mitbestimmt hat, will jetzt den Koreanern - und der Welt - beweisen, was er kann. In Abstimmung mit Hyundai bekommt Kia zunächst das, was die Marke am dringendsten braucht: ein eigenständiges Gesicht, das nicht anonym-asiatisch in der Menge untergeht. Welche Züge dieses Family Face tragen könnte, verrät der Kee, ein aus der Hüfte in Rekordzeit umgesetztes 2+2-sitziges Coupé, das als Show Car auf der IAA Premiere feierte.

"Der Wagen wird so nicht in Serie gehen", sagt Peter Schreyer, doch das verschmitzte Augenzwinkern hinter der dunklen Brille verlangt nach ein paar erklärenden Nachsätzen: "Die Frontpartie sollte man sich vielleicht trotzdem merken. Auch der Motor lohnt einen zweiten Blick. Und als sportlich ausgerichtete Marke brauchen wir möglichst bald ein oder zwei punktgenau sportliche Produkte." Der im Kee eingesetzte Frontantrieb hat dabei erste Priorität, doch in einem zweiten Schritt wünschen sich alle Beteiligten insgeheim einen kernigen Hecktriebler.

Der 147 kW (200 PS) starke 2,7-Liter-V6, der sich bei jedem Gasstoß sonor räuspernd in Szene setzt, gehört bereits zur Generation der neuen Benzindirekteinspritzer, mit denen Kia demnächst in allen Klassen antreten will.

Das Design ist die Botschaft

Ähnlich eilig haben es die Koreaner mit den extrovertiert-dynamischen iR-Modellen, die als preiswerte Gegenstücke zum VW R-line- und Opel OPC-Angebot konzipiert wurden. Den Gegenpol zu den Power-Varianten bilden besonders sparsame und abgasarme Öko-Versionen. Die Vorreiterrolle spielt hier der Eco_Cee'd, der mit 3,9 Liter Diesel Verbrauch und 104 g CO2 grüne Bestmarken setzt.

Das Design betont schon auf den ersten Blick die jeweilige Botschaft. iR steht für bullig-breit, für sparsam gesetzte Chrom-Highlights und für möglichst Sportwagen-nahe Proportionen. Die Eco-Formel betont dagegen durch neue Anbauteile und reduzierte Kühlluftöffnungen die deutlich windschlüpfigere Aerodynamik.

Auch innen tut sich was. Der Fernost-Barock mit Holz aus der Tube, Alu aus Plastik und Leder von künstlichen Kühen gehört endgültig der Vergangenheit an. Stattdessen dominieren innovative Oberflächen, intuitive Ergonomie und eine Cockpit-Gestaltung, die sich auf das Wesentliche beschränkt.

Weniger ist mehr, wobei das Raumgefühl von der Kunst des Weglassens selbstverständlich unberührt bleibt. Man darf gespannt sein, ob es der Marke gelingt, mit diesem ebenso sportlichen wie reduzierten Erscheinungsbild neue Kunden zu gewinnen - und gleichzeitig die Stammklientel der konservativen Pfennigfuchser bei der Stange zu halten.

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