Entwicklung des Fahrrads:Die skurrilsten Fahrräder aus 200 Jahren

Riesige Räder, seltsam geschwungene Rahmen oder eine Hängematte als Sitz: Fahrräder sahen nicht immer so aus, wie wir sie heute kennen. Ein neues Buch zeigt die kuriosesten Konzepte.

Von Felix Reek

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Quelle: Jürgen Isendyck

Am Grundprinzip des Fahrrads hat sich in den 200 Jahren seit seiner Erfindung kaum etwas geändert - möchte man meinen. Jürgen Isendyck zeigt in seinem Buch 50 Fahrräder aus 200 Jahren auf 50 Seiten (erschienen bei radundbuch.de), dass es in Wahrheit ein langer Weg bis zur jetzigen Form war. Anhand alten Fotomaterials fertigte Isendyck aufwändige Illustrationen an, die die Vielfalt an Wegen und Versuchen veranschaulichen, die dieses Fortbewegungsmittel genommen hat. Mit vielen Kuriositäten, die mittlerweile lange vergessen sind. Hier sind einige der skurrilsten Exemplare.

Smith Machine Company Star (1880)

Hochräder dürften den meisten bekannt sein: In luftigen Höhen thront der Fahrer, stets bemüht, nicht das Gleichgewicht zu verlieren und abzustürzen. Ein kleines Rad hinter ihm stützt ihn dabei. Doch die US-Firma Smith Machine Company drehte erst dieses Prinzip und dann den Sattel um. Die Positionierung des kleinen Rads vorn und des großen angetriebenen Rads hinten sollte die gefürchteten Überstürze vermeiden. Angetrieben wurde das Star durch Lederriemen an der hinteren Radnabe, die sich in verschiedene Stifte an den Speichen hängen ließen. Dadurch änderte sich die Übersetzung und das Rad besaß eine Art Gangschaltung.

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Johnson's Ladies Walking Machine (1819)

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Quelle: Jürgen Isendyck

Zwei Jahre nach der Erfindung des Laufrads des Freiherrn von Drais, die als Geburtsstunde des Fahrrads gilt, gab es 1919 die erste Version für Frauen. Weil es für Damen als unschicklich galt, breitbeinig zu sitzen, wurde die Verbindungsstange in der Mitte nach unten verlegt. Problematisch bei der Johnson's Ladies Walking Machine: Die Vordergabel war so kurz, dass die "Draisine" kaum zu lenken war.

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Lawson Bicycle (1877)

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Quelle: Jürgen Isendyck

Die unterschiedlich großen Räder des Lawson Bicycle schafften es nicht auf den Massenmarkt, doch für das Fahrradfahren war das Velo trotzdem ein Meilenstein. Es ist eines der ersten am Hinterrad angetriebenen Fahrräder. Die Kette kam allerdings erst später. Das Lawson Bicycle wird stattdessen von zwei Schubstangen angetrieben.

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Hirondelle Superbe (1891)

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Quelle: Jürgen Isendyck

Zwar wurde schon 1890 der Diamantrahmen vorgestellt, also jene Konstruktion, die wir heute als klassisches Fahrrad kennen. Doch bis sie sich allgemein durchsetzte, experimentierten die Hersteller mit vielen anderen Ideen. Die französische Marke Hirondelle setzte Fahrer auf einen halbmondförmig gebogenen Rahmen.

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Pedersen Fahrrad (1910)

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Quelle: Jürgen Isendyck

Der Däne Mikael Pedersen war von dem heute üblichen Fahrradrahmen nicht überzeugt. Besonders der Komfort gewöhnlicher Räder stellte ihn nicht zufrieden. Inspiriert durch die Stahlkonstruktionen von Eisenbahnbrücken hängte er eine Art Hängematte zwischen dünne dreieckig verlötete Rohre und ersetzte damit den üblichen Sattel. So erreichte er eine hohe Stabilität bei geringem Gewicht. Nach Pedersens Prinzip werden heute noch Fahrräder gebaut.

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Liegerad von Harold Jarvis (1902)

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Quelle: Jürgen Isendyck

Bequemer geht es wohl nur noch mit einem Liegerad. Die ersten Modelle gab es tatsächlich schon um 1890. Mit einer Sportversion des Velocars von Charles Mochet wurden 1933 viele Radrennen gewonnen. Sehr zum Unmut der Hersteller klassischer Räder. Die ließen die unliebsamen Liege-Velos verbieten. Weshalb sie schnell verschwanden und auch heute nur noch ein Nischenprodukt sind.

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Retro Directe (1920)

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Quelle: Jürgen Isendyck

Den Unterschied zu modernen Fahrrädern sieht beim Retro Directe nur, wer einen genauen Blick auf die Hinterachse wirft: Die Kette läuft über zwei Zahnkränze. Das kleine Ritzel ist der schnelle beziehungsweise schwere Gang. Das größere lässt sich leichter treten. Allerdings nur rückwärts, was besonders beim Anstieg am Berg zu leichten Motorikproblemen führen dürfte. Trotzdem wurde dieses System über 30 Jahre lang gebaut.

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Schwinn Mead Ranger (1936)

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Quelle: Jürgen Isendyck

In den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts bauten die Amerikaner einige der visuell aufregendsten Autos und Motorräder aller Zeiten. Das färbte auf die Fahrräder ab, der Beach Cruiser war geboren. Er imitierte deutlich das Design der Motorräder jener Zeit. In der Tankattrappe im Rahmen verstecken sich Werkzeug und Batterie, die Ballonreifen sind extrabreit für das Fahren im Sand. In den Siebzigerjahren jagten Radler mit Ihnen sogar Berge hinab - und die Beachcruiser wurden zu Vorläufern der Mountainbikes.

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Schwinn Krate (1971)

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Quelle: Jürgen Isendyck

Wer in den Siebzigerjahren aufgewachsen ist, kennt die damals beliebten Bonanzaräder. Der Hersteller Schwinn griff damit einen Trend direkt von der Straße auf. In Kalifornien begannen Jugendliche, analog zur Tuning-Kultur der Autos und Motorräder ihre Bikes umzubauen. Der Hersteller Schwinn übernahm einige Ideen und brachte 1971 das Krate heraus, das viele andere Hersteller kopierten. Dem US-Unternehmen gelang damit nach dem Beach Cruiser der zweite weltweite Erfolg.

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Graziella Falttandem (1975)

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Quelle: Jürgen Isendyck

In den Siebzigerjahren erfreuten sich auch Falträder großer Beliebtheit. Die Klappräder der italienischen Firma Graziella fuhren unter anderem Brigitte Bardot und Salvador Dalí. Das Unternehmen brachte auch eine doppelsitzige Version heraus, die sich kurz vor den Pedalen zusammenklappen lässt. Durchgesetzt hat sich das Falttandem nicht - es war einfach zu schwer und trotzdem nicht robust genug.

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Snaix (2000)

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Quelle: Jürgen Isendyck

Radfahren ist gesund. Aber es geht ja bekanntlich immer noch besser beziehungsweise gesünder. Das Snaix ist ein Fahrrad, das den Ertüchtigungsaspekt in den Vordergrund stellt. Durch das bewegliche Gelenk in der Mitte des Rahmens wird der ganze Körper benötigt, um das Bike zu stabilisieren und zu lenken. Die komplexen Bewegungsabläufe sollen sogar dazu führen, dass sich die Vernetzung des Gehirns mit dem zentralen Nervensystem verbessert.

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Arc Bicycle (2016)

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Quelle: Jürgen Isendyck

3D-Drucker können heute so ziemlich jedes Produkt auf einfache Art und Weise herstellen. Spielzeuge, Schmuck, selbst ganze Häuser können so leicht produziert werden. So auch das Arc Bicycle aus den Niederlanden. Studenten bauten es mithilfe von Schweißrobotern zusammen und konnten sich durch die Möglichkeiten des 3D-Drucks von der üblichen Rahmenstruktur lösen.

© Süddeutsche.de/harl/liv/khil
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