Energiesparen mit dem Benziner:Astra Sports Tourer: Auf der Jagd nach dem Normverbrauch

Opel Astra Sports Tourer

Wenig Hubraum, dafür Turboaufladung und viel Leistung: Der 200 PS starke 1,6-Liter-Benziner des Opel Astra Sports Tourers folgt dem Downsizing-Prinzip.

(Foto: Adam Opel AG)

Benziner, Plug-in-Hybrid oder Elektroauto? In einer dreiteiligen Testreihe wollen wir herausfinden, welches Antriebskonzept das sparsamste ist und mit welcher Technologie sich die Verbrauchswerte der Hersteller auch im Alltag erreichen lassen. Spurtvermögen, Federungskomfort oder die Eigenschaften des Innenraums spielen bei diesen Tests keine große Rolle. Es geht allein um möglichst energiesparendes Vorankommen. Die Testrunde beinhaltet Stadt-, Überland- und Autobahnpassagen zu etwa gleichen Teilen. Diesmal muss der Opel Astra Sports Tourer mit 1,6-Liter-Turbobenziner zeigen, ob er den offiziellen Normverbrauch im Alltag erreichen kann.

Test von Thomas Harloff

Nehmen wir an, Verbrennungsmotoren hätten Gefühle. Dann wären sie derzeit wahrscheinlich stinksauer. 130 Jahre lang haben sie das getan, wofür sie konstruiert wurden. Haben - meist zuverlässig, lediglich entlohnt mit etwas Treibstoff - Fahrzeuge angetrieben. Plötzlich kommen sie in Verruf, weil ein paar Ingenieure ihr digitales Gehirn, die Motorelektronik, unlauter optimieren oder sogar unzulässig manipulieren. Stichwort Abgasaffäre, Stichwort Diesel-Gate.

Wären sie in einer Gewerkschaft, würden sich die Charakterstärksten unter ihnen, sagen wir ein Lamborghini-V10 oder ein Sechszylinder-Boxer von Porsche, mit einem Mikrofon auf eine Bühne stellen und laute Vorwürfe in Richtung der Verantwortlichen sprechen. Im Publikum würden die ganzen kleinen Dieselmotoren stehen und ihnen zujubeln. Am lautesten wohl die aus dem VW-Konzern.

1,6-Liter-Turbobenziner mit 200 PS

In Wahrheit ist ein Verbrennungsmotor aber ein gefühl- und seelenloses Wesen. Deshalb streikt der 1,6-Liter-Vierzylinder des getesteten Opel Astra Sports Tourers nicht, sondern springt sofort an, als er ganz altmodisch per Schlüsseldreh dazu aufgefordert wird. Dieses Triebwerk gehört nicht gerade zum Fußvolk. Es ist durchaus etwas Besseres. Ein Turbobenziner, 200 PS und maximal 300 Newtonmeter stark. Die weiteren Eckdaten: Null auf Hundert in sieben Sekunden und 235 km/h Höchstgeschwindigkeit bei einem Normverbrauch von 6,2 Litern Superbenzin pro 100 Kilometer. Wenig Lohn für harte Arbeit: Das ist nicht nur im Berufsleben, sondern auch im Motorenbau ein Zielkonflikt. Konnte Opel ihn lösen?

Genau das gilt es, in diesem Test herauszufinden. Also fährt der Opel-Kombi mit vollem Tank auf die etwa 130 Kilometer lange Testroute. Ein weiterer Tankstopp am Ende der Fahrt soll zeigen, ob sich der Normverbrauch im Alltag reproduzieren lässt. Da es hier darum gehen soll, möglichst wenig Energie zu verbrauchen, orientiert sich der Fahrstil daran, was Autofahrer in Spritspartrainings lernen. Die Devise: gemütlich und vorausschauend statt sportlich-aggressiv. Trotz 200 PS.

Stadtverkehr treibt den Verbrauch nach oben

Doch alles zaghafte Beschleunigen, zeitige Hochschalten und frühe Gaswegnehmen vor der roten Ampel scheint im Stadtverkehr wenig zu helfen. Beim vom Bordcomputer errechneten Verbrauch steht schnell die Acht vor dem Komma, obwohl Staus ausbleiben. Die Münchner Ampelschaltungen lassen einfach keine flüssige Fahrt zu, sondern zwingen zum ständigen Stop and Go. Steht der Opel still, geht der Motor dank der serienmäßigen Start/Stopp-Automatik zwar aus, aber einen großen Spareffekt scheint das nicht zu haben. Als der Opel die Stadtgrenze passiert, liegt sein Durchschnittsverbrauch laut Anzeige bei 8,6 Litern.

Die Autobahn mag der Vierzylinder-Turbo lieber, das zeigt sich schnell. Sanft beschleunigt der Astra Sports Tourer auf die Autobahn-Richtgeschwindigkeit von 130 km/h. Als er sie erreicht und konstant im sechsten Gang fährt, sinkt der Verbrauch kontinuierlich. Beim Fahrer stellt sich eine gewisse Entspanntheit ein, was auch daran liegt, dass der Motor bei diesem Tempo kaum zu hören ist. In dem Moment, als der Kombi nach etwa der Hälfte der Testrunde von der Autobahn auf die Landstraße abbiegt, zeigt das Display 6,5 Liter. Es erscheint tatsächlich möglich, den Normverbrauch zu schaffen, denn der Überland-Abschnitt, der das größte Spritspar-Potenzial verspricht, kommt jetzt erst.

Der Normverbrauch ist in Reichweite

Die Landstraßen-Etappe kommt dem Motor wie vermutet entgegen. Nur wenige Tempolimits und Ortschaften zwingen zum Bremsen und Beschleunigen. Und wenn, dann rollt der Opel so weit wie möglich im Schiebebetrieb auf die Geschwindigkeitsbegrenzung zu und nimmt sich Zeit, danach das Tempo wieder auf 100 km/h zu erhöhen. Bevor das Geschwindigkeits-Auf und -Ab des Stadtverkehrs wieder losgeht, zeigt der Bordcomputer 6,2 Liter an. Das wäre exakt die Zielmarke, aber ein kurzes Stück durch die City steht noch an, bevor der Astra tankt. "6,6 Liter auf 100 Kilometer", informiert das Display in diesem Moment.

Ein paar kleine Rechenschritte später zeigt sich, dass der Bordcomputer den Verbrauch ein wenig zu optimistisch eingeschätzt hat. Auf 100 Kilometer gerechnet hat der Astra Sports Tourer 6,8 Liter Superbenzin verbraucht, also knapp zehn Prozent mehr als die Werksangabe verspricht. Und das mit einer Fahrweise, die zwar auf Spritsparen fokussiert, aber keineswegs als völlig asketisch zu charakterisieren war. Schließlich liefen während der kompletten Fahrt das Radio und die Klimaautomatik auf angenehmen 21 Grad.

Der Verbrennungsmotor bleibt wichtig

Das ist eine gute Nachricht. Denn bei aller Euphorie, die derzeit um die Elektromobilität herrscht, und bei all der Schmäh, die Verbrennungsmotoren aktuell ertragen müssen, wird diese Technologie auch in den nächsten Jahren die mit riesigem Abstand am meisten verbreitete Antriebsart für Autos sein. Selbst wenn die Bundesregierung ihr Ziel, bis 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen, erreichen sollte, werden dann nur etwa zwei Prozent aller in Deutschland zugelassenen Autos einen elektrischen Antrieb haben. Es ist also essenziell, Benziner und Diesel sparsamer zu machen - nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität.

Das hilft schließlich auch dem Geldbeutel des Autofahrers. Die Energiekosten, um mit dem Opel Astra Sports Tourer 1.6 Turbo 100 Kilometer weit zu kommen, betragen bei einem Super-E10-Preis von 1,268 Euro pro Liter (bundesweiter Durchschnitt laut ADAC im April 2016) 8,60 Euro. Wie viel oder wenig das ist, müssen die beiden folgenden Teile unserer Testreihe zeigen. Dann sind der BMW 330e, ein Plug-in-Hybrid, und der Nissan Leaf, ein Elektroauto, in der Pflicht zu beweisen, dass sie die Testrunde sparsamer und kostengünstiger als der altmodisch angetriebene Opel absolvieren können.

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