Elektromobilität:Das Taxi der Zukunft ist klein und fährt elektrisch

Adaptive City Mobility bei seiner Vorstellung in München

Unter der Leitung des Münchner Hochschulprofessors Peter Naumann entstand das Design des Elektro-Taxis.

(Foto: Florian Peljak)

Die Entwickler versprechen sich viel vom Projekt "Adaptive City Mobility". Schon 2018 soll es in den Testbetrieb gehen - wenn es die Bürokratie zulässt.

Von Marco Völklein

Zwei Tonnen Masse für oft nicht mehr als zwei Personen an Bord. "Das ist doch völlig widersinnig", sagt Paul Leibold und schüttelt den Kopf. Wenn es nach ihm ginge, dann stünden an Taxiständen künftig keine schweren Limousinen mehr. Sondern Taxis aus Carbon, 550 Kilogramm leicht, nur 3,30 Meter kurz. Sie böten Platz für den Fahrer, zwei Passagiere und ein paar Gepäckstücke. "Mehr braucht ein Taxi nicht", glaubt Leibold. Und weil es so leicht ist, würde es von einem relativ kleinen Elektromotor angetrieben, sodass es, sofern der Strom aus regenerativen Quellen stammt, emissionsfrei unterwegs wäre. Das würde Städten wie Düsseldorf, München oder Stuttgart helfen, die ihre Luftqualität verbessern müssen.

Leibold koordiniert seit ein paar Jahren ein Projekt, das genau diese Vision vom Taxi der Zukunft umzusetzen versucht. Unter anderem machen Siemens, Wissenschaftler der Universität Aachen sowie der Fraunhofer-Gesellschaft und der Kleinserienhersteller Roding mit. Auf ersten Skizzen wirkte das Gefährt, genannt "Adaptive City Mobility" (ACM), noch wie ein Spielzeugauto, hatte putzige Scheinwerfer und weit ausragende Kotflügel. 2016 hatten die Entwickler eine Designstudie vorgestellt, mittlerweile wurde ein Prototyp gebaut, der zeigen soll, was das Autochen zu bieten hat. Auf der Computermesse Cebit, die am Montag in Hannover startet, wird das E-Taxi der Öffentlichkeit präsentiert.

Auffallend ist: Obwohl der Wagen nur 3,30 Meter lang ist, bietet er im Inneren erstaunlich viel Platz. Der Fahrer sitzt in der Mitte, sodass die beiden Passagiere im Fond ihre Beine an ihm vorbei ausstrecken können. An den Seiten dominieren große Türen aus Plexiglas, was den Floh ziemlich luftig und licht wirken lässt. Crash-beständig sei ihr Mini-Taxi aber trotz der ultraleichten Bauweise, versichern Leibold und der Münchner Hochschulprofessor Peter Naumann, der das Design entwickelt hat. Zumindest hätten das erste Simulationen gezeigt. Gegen die Wand gefahren haben sie das Auto bisher noch nicht. Diese Entwicklungsschritte folgten erst noch.

Designer Naumann redet ohnehin lieber über Form und Funktion. Er spricht von einem "Mobilitätstool", das er entwickelt habe. Wichtig sei ihm eine "funktionale Gestaltung" gewesen, sagt er. "Nicht jedes Auto muss aussehen wie ein Ferrari." Die Bundesregierung fördert das ACM mit 14 Millionen Euro, die Projektpartner investieren elf Millionen Euro.

Taxi, Lieferwagen oder Carsharing-Auto

Auf lange Sicht, glauben Leibold und Naumann, werde sich ihr Konzept durchsetzen. So sei der E-Antrieb wirtschaftlicher als jeder Diesel- oder Benzinmotor. Zudem würden Kommunen über kurz oder lang wohl nicht darum herumkommen, Teile ihrer Innenstädte für Verbrenner zu sperren. Nicht nur Taxi-Firmen, auch andere Flottenbetreiber wie Paketlieferanten oder Altenpflegedienste, würden dann gezwungen, neue Konzepte auszuprobieren.

Deshalb wollen Leibold und Naumann in ihrem Projekt nicht nur ein Mini-Taxi entwickeln; vielmehr ließe sich auf Basis des Kleinstwagens auch ein Lieferwagen oder ein Auto mit Pritsche bauen. Eine Euro-Palette habe da locker Platz, sagt Naumann. Zudem tüfteln die Entwickler an einer Software, um die Autos optimal auszulasten. Denn die Idee ist, den Mini nicht nur als Taxi einzusetzen, sondern auch auf anderen Gebieten: So könnte das ACM tagsüber als Carsharing-Auto angeboten, am Abend von einem Pizzaboten zum Ausliefern genutzt und in der Nacht im Taxiverkehr eingesetzt werden. Damit das Auto rund um die Uhr rollen kann, entwickelt das Konsortium Akku-Wechselstationen. So sparen sich die Betreiber das langwierige Aufladen an Steckdose oder Ladesäule.

Eine Batterieladung in nur 15 Minuten

Kritiker aber sagen: E-Autos werden in Zukunft induktiv geladen - also über Schleifen am Boden, verbaut beispielsweise am Taxistand. Die Entwickler könnten sich den Aufwand für die Akku-Wechselstationen sparen. Das schnelle und unkomplizierte Laden dürfte bei der gewerblichen Anwendung der Stromer entscheidend sein - darin sind sich nahezu alle einig. So haben zum Beispiel Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) zusammen mit Fachleuten aus Singapur in den vergangenen Jahren ein E-Taxi speziell für Großstädte in tropischen Regionen entwickelt. Heraus kam ebenfalls ein kompakter, gut 4,30 Meter langer Kleinwagen; die Fahrgastzelle besteht auch hier zum größten Teil aus Carbon.

Um Energie zu sparen, entwickelten die Forscher eine spezielle Klimaanlage, die in tropischen Städten unerlässlich ist. Jeder Sitz im Auto hat seine eigene Zone, in der die Kühlung individuell geregelt werden kann; das soll Strom sparen. Und die Batterie des Fahrzeugs kann dank eines neu entwickelten Schnellladesystems binnen 15 Minuten so weit aufgeladen werden, dass das Auto damit mindestens 200 Kilometer schaffen soll. So kann das Taxi nach Angaben der TUM im Zwei- oder gar Dreischichtbetrieb laufen.

Anfang 2018 sollen die Testläufe beginnen

Vorgestellt wurde das auf den Namen "Eva" getaufte Fahrzeug im Frühjahr 2015 in Singapur. Lokalpolitiker drehten einige Runden damit, auch einige Autohersteller hätten die Technik bestaunt, sagt Felix Römer von der TUM. Seitdem aber ist es ruhig geworden um Eva - die Weiterentwicklung des Prototypen oder gar eine mögliche Serienproduktion ist bislang nicht in Sicht.

Leibold und Naumann wollen ihr Mini-Taxi dagegen möglichst bald auf die Straße bringen. An der Uni Aachen soll in den kommenden Monaten etwa ein knappes Dutzend ACM-Autos produziert werden. Etwa acht davon sollen von Anfang 2018 an in München zu Testzwecken unterwegs sein; ursprünglich war der Probelauf mal für 2015 avisiert, dann war von Sommer 2017 die Rede. Leibold spricht von "normalen Verzögerungen bei so einem Projekt".

Der Probebetrieb soll herausfinden, ob die Pläne aufgehen. Kommt das Auto an? Akzeptieren es die Kunden? Läuft die Technik? Und funktioniert das Geschäftsmodell, das sich die Entwickler ausgedacht haben? Zuvor aber stellen sich noch einige praktische Fragen: So sollen die Passagiere in das E-Taxi auch aus Sicherheitsgründen nur über eine Tür hinten rechts in den Fond einsteigen; der Fahrer nutzt eine Tür links vorne. Der Gesetzgeber schreibt aber mindestens eine weitere Tür vor. Leibold will nun - zumindest für den Testlauf - bei den Behörden eine Ausnahmegenehmigung erwirken.

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