Elektroautos von Renault:Unter Hochspannung

Mit der Limousine Fluence Z.E. und dem Kleintransporter Kangoo Z.E. geht Renault neue Wege in der Elektromobilität.

Georg Kacher

Elektromobilität ist ein Abenteuer, für die Hersteller genauso wie für die Konsumenten. Rund vier Milliarden Euro hat Renault-Nissan in die neue Zero-Emission-Technologie investiert. Wenn da etwas schiefläuft, stehen beide Unternehmen auf der Kippe. Schließlich basieren die Investitionen auf sechsstelligen Produktionszahlen, vom ambitionierten Zeitplan ganz zu schweigen.

Renault hat mit Twizy und Zoe zwar für 2012 zwei maßgeschneiderte E-Mobile in der Entwicklung, doch den Anfang machen die Z.E.-Derivate der Fluence-Limousine und des Kangoo-Kleinlieferwagens. Das Besondere an diesem Geschäftsmodell besteht darin, dass man das Auto kaufen oder leasen kann, die dazu passende Batterie jedoch mieten muss.

Der Fluence Z.E., ein 4,75 Meter langes Stufenheck, kostet als Grundmodell inklusive 95 PS starkem Elektromotor 25.690 Euro; dazu kommen monatlich für das Akku-Paket 82 bis 168 Euro, je nach Jahresfahrleistung und Laufzeit. Renault garantiert mindestens 75 Prozent Leistungsfähigkeit der Batterie über sechs Jahre oder 120.000 km.

Im Preis enthalten ist der Z.E. Assistance-Pannenhilfsdienst, der im Falle eines Energieausfalls den Wagen bis zu 80 Kilometer weit oder zum nächsten Renault-Händler schleppt. Während in Pilotmärkten wie Israel oder Dänemark die Batterien an Wechselstationen vollautomatisch in drei Minuten getauscht werden, müssen die Z.E.-Modelle bei uns zum Laden bis auf weiteres ans Netz.

Idealerweise hängt in der Garage eine vom Renault-Händler kostenpflichtig installierte sogenannte Wall Box, die mit 230-Volt-Haushaltsstrom den Energiespeicher in sechs bis acht Stunden wieder füllt. Alternativ kann man für 400 Euro ein Notladekabel erwerben, das in jede Steckdose passt, den Ladeprozess jedoch in die Länge zieht.

Von 2013 an soll es zumindest in Ballungszentren erste Schnellladestationen geben, mit deren Hilfe dreiphasiger 400-Volt-Drehstrom die Akkus in nur einer Stunde wieder auf Vordermann bringt. Die zeitlich noch nicht fixierte Ultra-Schnellladung halbiert diesen Prozess sogar und soll vornehmlich auf Autobahn-Tankstellen angeboten werden.

Elektrisches Fahren weckt kaum Berührungsängste

Renault will zwar langfristig mit dem Systemspezialisten Better Place den Tausch der Akkus auf breiter Front vorantreiben, doch diese Lösung hat den Nachteil, dass Batterietyp, Einbaulage und der Zugriff von unten einen Grad der Vereinheitlichung bedingen, den andere Hersteller nicht ohne weiteres übernehmen werden. Keine Frage: Die Attraktivität des Tankens an der Steckdose steht und fällt mit der Infrastruktur - und die steckt bei uns noch in den Kinderschuhen.

Das elektrische Fahren an sich weckt dagegen kaum Berührungsängste. Das beweist der zur Aufnahme des Batteriepacks um 130 Millimeter verlängerte Fluence ebenso wie der flüsterleise Kangoo Z.E. Man steckt den Zündschlüssel ins Schloss, dreht auf Start, wartet auf das grüne GO-Signal, zieht den Wählhebel in D - los geht's.

In der Limousine ist eine Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 22 kWh eingebaut. Sie treibt einen vergleichsweise winzigen E-Motor an, der zwischen 3000 und 8900 Umdrehungen 95 PS mobilisiert.

Das maximale Drehmoment von 226 Newtonmeter steht schon ab 400 U/min zur Verfügung. Wer die Effizienz-Anzeige ignoriert und Vollgas gibt, kann in 13,7 Sekunden von null auf 100 km/h beschleunigen und 135 km/h schnell fahren.

Beides ist jedoch nicht im Sinne des Erfinders, der eher den Teillastbereich favorisiert, wo sanftes Gleiten und nachdrückliches Rekuperieren einander abwechseln. Die Bremsbeläge halten vermutlich ein ganzes Autoleben, denn schon simples Lupfen hat einen verblüffend nachhaltigen Verzögerungseffekt.

Renault nennt eine Reichweite von 185 Kilometer, die bei vorausschauender Fahrweise auf 200 Kilometer steigen sollen. Neun von zehn Kunden sollten mit diesem Radius ihren Tagesbedarf an Mobilität decken können, ohne zwischendurch nachladen zu müssen.

Renault nimmt dem Kunden das Akku-Risiko ab

Im Stadtverkehr sorgt der Antrieb für Dauergrinsen im Cockpit. Beim Ampelstart kämpft der Renault fast immer mit durchdrehenden Reifen - und wenn andere beim Hochschalten Zeit verlieren, zieht der Fluence unterbrechungsfrei und zügig vorbei. Der Drehmomentkick ist derart ausgeprägt, dass Renault für diese Fahrzeuggattung die Untersteuerkontrolle USC erfunden hat, die ein übereifriges Schieben über die Vorderachse schon im Keim erstickt.

Damit der Fahrspaß nicht im stromlosen Niemandsland endet, informiert eine große Anzeige über die verbleibende Batteriekapazität, und das serienmäßige Navi behält stets eine erreichbare Ladestation im Auge.

Der 23.800 Euro teure Kangoo Z.E. hat zwar nur 60 PS unter der Haube, doch weil das Drehmoment unverändert 226 Nm beträgt, wirkt das Bonsai-Nutzfahrzeug kaum weniger agil als der Viertürer. Während sich der Eco-Modus im Fluence auf die Steuerung der Klimaanlage beschränkt, gibt es im Kangoo sogar eine Eco-Drive-Taste, die auf Wunsch die Leistung des E-Motors glatt halbiert und so die Reichweite um zehn Prozent auf mindestens 200 Kilometer verlängert.

So will der Umgang mit Elektroautos gelernt sein. Man muss seinen Fahrstil anpassen, die persönlichen Anforderungen an die Mobilität und die technischen Möglichkeiten neu definieren, sich mit ungewohnten Parametern wie Reichweite und Ladedauer vertraut machen.

Doch es lohnt sich, denn: Volltanken kostet nur noch rund fünf Euro und das maximale Drehmoment ist eine sofort verfügbare Größe, die mindestens so viel Spaß macht wie die blütenweiße Ökobilanz am Ende des Batterie-Nutzungsvertrags.

Doch Renault nimmt dem Kunden nicht nur das Akku-Risiko ab, die Franzosen geben auch eine umfassende Fünf-Jahres-Garantie - und Sonderkonditionen bei der Miete eines Urlaubsautos mit Verbrennungsmotor.

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