Elektroautos:Parade der Ladenhüter

Die Nachfrage nach Elektroautos stagniert auf niedrigem Niveau. Mit Rabatten versuchen einige Produzenten derzeit, ihre Stromer loszuschlagen. Viele Staaten subventionieren den Verkauf massiv. Deutschland tut das nicht und ist noch weit entfernt vom Leitmarkt für Elektromobilität.

Joachim Becker

Alle reden von der Elektromobilität. Dabei erweisen sich die Stromer bislang eher als Ladenhüter. 2011 ging der Anteil alternativer Antriebe an den Neuzulassungen in Deutschland auf 0,82 Prozent zurück. Insgesamt waren unter den 3,17 Millionen neu zugelassenen Fahrzeugen nur rund 2154 Elektrofahrzeuge (2010: 541). Für die CO2-Bilanzen der Automobilhersteller in Deutschland spielen die Batterieautos keine Rolle. Trendsetter Renault hat fünf Milliarden Euro in die Elektromobilität investiert, die nun bei der Weiterentwicklung konventioneller Antriebe fehlen. Die Hoffnung der Elektro-Pioniere, einen Vorsprung zum übermächtigen Rivalen VW herauszufahren, erfüllte sich nicht.

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Der Elektrosmart kostet mit rund 23.000 Euro etwa 10.000 Euro mehr als die vergleichbare Benzin-Variante.

(Foto: dpa)

General Motors musste die Produktion des Chevrolet Volt aufgrund der schwachen Nachfrage in diesem Frühjahr für fünf Wochen stoppen. Andere Hersteller versuchen, den Verkauf durch Nachlässe anzukurbeln. Ein Opel Ampera mit Vierzylinder-Benziner und Akkus für 60 Kilometer elektrischer Reichweite kommt auf den stolzen Preis von 42.900 Euro. Der Nissan Leaf kostet als vollwertiger Viersitzer mit reinem Elektroantrieb mindestens 36.990 Euro. Für den Mitsubishi i-Miev und den baugleichen Peugeot iOn sowie den Citroën C-Zero wurden bis vor Kurzem ähnlich hohe Preise verlangt. Seit Mai gewähren die Hersteller für die neue Generation Nachlass.

Günstiger sind die Preise für das größere E-Mobil von Renault. Die Franzosen bieten ihre Limousine Fluence Z.E. ab 25.690 Euro an - allerdings ohne Batterie, das wichtigste Bauteil. Für dessen Miete kommen pro Monat 82 Euro hinzu. Renaults Batteriewägelchen Twizy gibt es für rund 7000 Euro plus 50 Euro monatliche Batteriemiete. Immerhin will Renault dieses Jahr 90.000 Elektroautos produzieren. Davon sollen 8000 in Deutschland verkauft werden.

Vorsichtiger äußert sich Smart-Chefin Annette Winkler. Sie erwartet bei der neuesten Generation des Smart electric drive einen Absatz im niedrigen fünfstelligen Bereich. "Wir wollen damit keine Verluste machen", sagt die Smart-Chefin. Nach Jahrzehnten der Forschung und finanzieller Vorleistungen bedeutet dies zumindest eine Trendwende: Elektromobile nehmen Kurs auf den Massenmarkt. Der Elektro-Smart ist fast doppelt so teuer wie das Basismodell mit konventionellem Antrieb. Aber als alternativ angetriebener Zweit- oder Firmenwagen soll sich der Zweisitzer durchsetzen.

Mindestens 18.910 Euro kostet der Elektro-Smart

Bis 2014 soll es 15 E-Automodelle deutscher Hersteller im Angebot geben. Der neue Smart Fortwo electric drive wird das erste Elektroauto aus Deutschland sein, das in Großserie gebaut wird. Bisher wurde der Stromer nur in einer Kleinserie von 2000 Stück gefertigt. Der City-Flitzer der nächsten Generation kann für knapp 300 Euro pro Monat geleast werden. Für 18.910 Euro gibt es den 75 PS starken Zweisitzer (rund 140 Kilometer elektrische Reichweite) zu kaufen.

Alle namhaften Automobilhersteller geben mittlerweile sehr viel Geld aus, um Antriebsalternativen zu entwickeln. Doch es gibt keinen vorgezeichneten Weg in die Zukunft. Das weiß kaum jemand besser als Martin Winterkorn. Fragt man den Volkswagen-Chef nach seinen Erfahrungen mit revolutionären Sparautomobilen, bekennt er sich offen als "3-Liter-Auto-geschädigt". Vor 15 Jahren wurde der Audi A2 zum Flop, weil er sich für Kunden nicht rechnete. Das soll nun anders werden: Mitte nächsten Jahres startet der E-Up als erstes Elektroauto des Konzerns, kurz danach geht der E-Golf in Serie.

Ob aber Deutschland jemals zum "Leitmarkt" werden kann, wie es die Bundesregierung will? Vor allem chinesische Hersteller, bei konventionellen Antrieben weit im Rückstand, setzen alles daran, den E-Markt zu erobern. Und was die Förderung des Verkaufs betrifft, sind andere Länder in Europa wesentlich spendabler. In Frankreich, Spanien, Italien und England erhalten Kunden bis zu 6000 Euro Unterstützung vom Staat. In Norwegen, Dänemark, Belgien und den Niederlanden gibt es statt der Kaufprämien ähnlich hohe Vergünstigungen bei der Neuwagen-, Kfz- oder Luxussteuer. Darüber hinaus sind die Fahrer von E-Mobilen zumindest auf öffentlichen Parkplätzen von Maut- und Parkplatzgebühren befreit und können die Busspuren nutzen. In Österreich fördern einige Bundesländer und Kommunen eine Neuanschaffung der Stromer teilweise in erheblichem Ausmaß.

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