Elektroautos:Herumkurven in der Nische

Elektroauto, Elektromobilität, E-Auto

Auf den Straßen sind bisher nur wenige Elektroautos unterwegs. Die EU will das ändern und E-Autos weiter fördern.

(Foto: dpa)

Noch werden die Elektroautos hierzulande belächelt. Doch die Zeichen mehren sich, dass ein neues Zeitalter beginnt. Die Hersteller sprechen zwar von einem "Marathon", doch werden sie schon bald viele neue E-Modelle auf die Straße bringen. Sie haben gar keine andere Wahl.

Von Thomas Fromm

Berlin vor vier Wochen. Wieder einmal waren sie alle da, die Automanager, die zuständigen Minister und Wissenschaftler, um über ein Auto zu reden, das es bis heute so gut wie gar nicht gibt: das Elektroauto. Eine Million elektrisch betriebener Fahrzeuge sollen bis 2020 auf deutschen Straßen unterwegs sein - so zumindest der Plan der Bundesregierung. Zurzeit sind es gerade mal ein paar Tausend. Von einer "Nische in der Nische", spricht der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer.

Das Elektroauto ist heute also nicht mehr als eine Art Unternische. Bei dem Treffen ging es wieder um die vielen Probleme der Stromer, die teuren Batterien, die geringe Reichweite, die mangelnde Infrastruktur zum Aufladen. Und vielleicht wäre es dabei geblieben, wäre diesmal in Berlin nicht dieser Mann aufgetreten: Wan Gang. Er ist nicht nur chinesischer Forschungsminister, sondern auch einer, der seit langem für Elektroautos trommelt. Ein Mann, der weiß, wie es ist, in Millionen-Städten zu leben, in denen sich die Sonne nicht mehr durch den dicken Smog-Nebel bricht. In denen es auch mittags nicht richtig hell wird. "Das Elektroauto ist ein Muss", sagte Wan Gang. "Es gibt keinen anderen Weg."

Auf das falsche Pferd gesetzt

Dafür, dass das Elektroauto ein Muss ist, gibt es zurzeit ziemlich wenige davon auf den Straßen. Lange Zeit hatten sich die Deutschen kaum für die alternativen Antriebe interessiert. Selbst als der japanische Hersteller Toyota schon vor Jahren damit begann, voll auf Hybrid, also eine Mischung aus Elektro- und Verbrennungsmotor, zu setzen, zuckten die deutschen Manager und Ingenieure nur mit den Schultern.

Na und? Dafür arbeite man ja schließlich an sauberen Dieselmotoren. Außerdem: Die Marken mit den Ringen, dem Stern und dem blau-weißen Emblem verkauften sich doch hervorragend - in den USA, in China, in den arabischen Ländern. Warum alles verändern, wenn es gerade so gut funktioniert? Dahinter, meinen viele, stecke eine tief sitzende Angst: Dass das deutsche Premiumauto nur so lange als Statussymbol in der Welt taugt, wie es von PS-starken Benzinmotoren angetrieben wird. Aber ein Elektroauto als Statussymbol - ist man wirklich schon so weit?

In deutschen Vorstandsetagen sprach man lange Zeit von "rollenden Verzichtserklärungen". Ein Begriff, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muss. Der sehr viel aussagt über die Kultur des Autos in diesem Land.

Das Alarmsignal war deutlich

Dann kamen die Franzosen. Peugeot mit seinem iOn oder die Renault-Modelle Fluence, Kangoo, Twizy und Zoe. Kleine Wagen, die nicht wirklich so aussahen, als wären sie schon der ganz große Wurf. Allesamt keine Statussymbole, also auch keine Konkurrenz für die hiesigen Hersteller. Aber doch ein Alarmsignal, laut und deutlich: Es passiert etwas da draußen in der Autowelt. Es kam aber auch der kalifornische Elektroautobauer Tesla mit seinem Model S. Fast 500 Kilometer Reichweite, 200 km/h Spitzengeschwindigkeit. Verzichtserklärung? Von wegen.

Viele glauben, dass das Elektroauto-Zeitalter in Deutschland nun bald beginnt. In Deutschland kommt in einigen Monaten BMW mit seinem Elektroauto i3 auf den Markt, einem Stromer aus dem Leichtbaumaterial Carbon. Ein kleines Auto, das an die 40.000 Euro kosten soll. Reichweite: 160 Kilometer, bei 170 PS. BMW geht gerade am Anfang nicht davon aus, dass viele Privatleute zugreifen - vor allem für Fuhrparks und Firmenflotten biete sich der i3 an, heißt es im Konzern. Und doch ist der i3 ein Test: Setzt er sich durch, hat BMW mit seiner Strategie richtig gelegen. Läuft das Geschäft schleppend, wäre dies ein Punkt für die Elektroauto-Skeptiker. Zum Beispiel die Manager bei Audi und VW, die zurzeit lieber auf Autos mit Hybridantrieben setzen. Ein "Marathon" sei die Elektrifizierung der Autos, "kein Sprint", sagt Audi-Chef Rupert Stadler.

Endpunkt unbekannt

Und selbst bei diesem Marathon weiß niemand, wo und wann genau der Endpunkt kommt. Die Lage ist derzeit konfus. Studien werden in Monatsintervallen geschrieben. Studien, die dem Elektroauto eine große Zukunft bescheinigen. Und skeptische Studien, die ausrechnen, warum sich der Bau von Elektroautos wegen der hohen Preise weder für die Hersteller noch für die Kunden lohnt. Dazu: die teuren und anfälligen Riesenbatterien unter der Fahrgastzelle, die wenigen Aufladestationen vor allem im ländlichen Bereich, der Streit um den Aufladestecker-Standard.

Und doch glaubt VDA-Präsident Matthias Wissmann an das Elektroauto. Der Chef des Verbands der Autoindustrie erwartet fürs zweite Halbjahr 2013 und für 2014 steigende Verkaufszahlen bei Elektroautos. Bis 2014 kämen immerhin an die 16 Modelle neu auf den Markt. "Wir werden dann über einige Zehntausend Fahrzeuge reden und Mitte des Jahrzehnts hoffentlich auch über eine sechsstellige Zahl", sagte er neulich. Die Prognose ist deshalb bemerkenswert, weil sie aus der Industrie kommt. Daher, wo man Elektroautos noch bis vor Kurzem in etwa für so dynamisch hielt wie handbemalte Hollandräder. Vieles spricht dafür, dass Wissmann mit der Prognose nicht ganz daneben liegt. Gewiss, es wird viele neue Elektro- und Hybridmodelle geben. Aber es wird auch daran liegen, dass den Herstellern wegen der strengeren CO2-Auflagen aus Brüssel gar nichts anderes übrig bleibt.

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