Eindrücke von der Pariser Bootmesse:Das dicke Ende kommt

Breit auslaufende Heckpartien, bessere Gleiteigenschaften und Platz unter Deck: Frankreichs Werften gehen neue Wege im Bau von Segelyachten.

Andreas Lindlahr

Frankreich ist eine Segelnation per excellence. Franzosen segeln gerne - und das auch schnell und weit. Deshalb scheuen die dortigen Werften weder Mühen noch Kosten, um die Entwicklung von Yachten voranzutreiben und die anspruchsvolle Segelgemeinde zufriedenzustellen. Wohin der französische Weg im Yachtbau führt und was in Zukunft Zeichen setzen soll, zeigten die Werften jetzt auf der International Boat Show in Paris.

Eindrücke von der Pariser Bootmesse: Die Pogo 12.50 ist eine Alternative für Eigner, die ihre Yacht selbst segeln wollen.

Die Pogo 12.50 ist eine Alternative für Eigner, die ihre Yacht selbst segeln wollen.

(Foto: Andreas Lindlahr)

Der Trend, den die Franzosen derzeit anführen, geht hin zum breiten Heck. Was Pioniere des französischen Yachtdesigns wie Pierre Rolland, Finot/Conq oder Marc Lombard schon vor Jahrzehnten verwirklichten, um Regattaseglern den schnellen Ritt über den Atlantik zu ermöglichen, entdeckt nun auch die Cruisingwelt. Zum einen fördern die nach hinten breit auslaufenden Rümpfe die Gleiteigenschaften - vor allem dann, wenn der Wind schräg von hinten weht. Zum anderen aber steht dadurch unter Deck mehr Platz für komfortable Einbauten und größere Kabinen zur Verfügung - was vor allem vom weltweit boomenden Chartermarkt begrüßt wird.

Wohnlandschaften unter Deck

So zeigte beispielsweise die französische Großwerft Bénéteau in Paris mit der neuen Baureihe Sense, entworfen von dem Designbüro Berret Racoupeau, ein regelrechtes Raumwunder mit unzähligen Innovationen, die Komfort und Vergnügen steigern sollen. An Bord der neuen Sense 55 wird, wie auf den kleineren Schwesterschiffen Sense 50 und 43, der durch die extreme Breite entstehende Platz für Wohnlandschaften unter und an Deck genutzt. Der großzügige Cockpitbereich im Achterschiff - hier finden sich Badeplattform, ausgedehnte Sitzgelegenheiten zum Sonnen und Genießen ebenso wie die Steuerstände - geht fast nahtlos in die nur wenig tiefer gelegene Kabine unter Deck über. Das bislang oft mühsame Rein- und Rausklettern gehört so der Vergangenheit an.

Ziel der Konstrukteure war es, auf diese Weise eine konzeptionelle Annäherung zu ungleich größeren Katamaranen zu schaffen: mehr Lebensraum, verteilt über zwei Ebenen. Die fast 19 Tonnen verdrängende Yacht bietet üppigen Luxus, verteilt auf einen großzügigen Salon, drei Kabinen mit jeweils zwei Kojen und dazugehörenden Duschräumern samt WC. Die Bénéteau Sense 55 kostet 320.000 Euro, dazu kommen die Kosten für die Besegelung und die jeweilige nationale Mehrwertsteuer.

Alternative für Selbst-Segler

Eine preiswertere und kleinere Alternative für jene Eigner, die ihre Yacht nicht unbedingt verchartern, sondern selber segeln wollen, ist die Pogo 12.50 von Pogo-Structures. Bereits jetzt nominiert für den Wettbewerb "Yacht of the Year 2012", der sich Ende Januar im Rahmen der boot in Düsseldorf entscheiden wird, bietet diese extravagante Touren-Version der Rennmaschine Pogo40S2 einen anklappbaren, maximal drei Meter tiefen Bleikiel, der auch das Befahren seichterer Gewässer ermöglicht - mit hochgefahrenem Kiel beträgt der Tiefgang noch 1,20 Meter. Dazu kommt ein Kohlefaser-Rigg, das ohne Achter- oder Backstagen auskommt, damit leicht bedienbar ist und gleichzeitig hohe Segelperformance verspricht.

Eindrücke von der Pariser Bootmesse: Unter Deck bietet die neue Pogo 12.50 viel funktionalen Wohnraum.

Unter Deck bietet die neue Pogo 12.50 viel funktionalen Wohnraum.

(Foto: Andreas Lindlahr)

Das hübsche Schiff mit seinen kantigen Linien und dem breiten Heck vermittelt einen sportlichen Eindruck. Da die Werft traditionell Wert auf gute Segelleistung legt, wurde auf jeden unnötigen Schnickschnack verzichtet und dadurch das Gesamtgewicht auf nur noch 5,5 Tonnen begrenzt.

Unter Deck gibt sich die Inneneinrichtung schlicht, modern und funktionell; auf den ersten Blick ein gutes Konzept für segelnde Familien mit sportlichem Ehrgeiz. Auch diese Yacht steht für den neuen Weg und hat dank der breiten Bauweise überraschend viel Platz unter und an Deck. Zudem sorgen Doppelruder wie die der Sense-Baureihe von Bénéteau auch bei Schräglage unter vollen Segeln für angenehmes Steuerverhalten.

Eine 50 Fuß, umgerechnet rund 15,20 Meter lange Version der Pogo-Linie ist schon in Arbeit und soll Ende 2012 angeboten werden. Die kleinere, jetzt in Paris gezeigte und 12,50 Meter lange Pogo kostet mit Schwenkkiel wenigstens 186.000 Euro plus Mehrwertsteuer; die Preise für die Festkiel-Version beginnen mit netto 175.890 Euro.

Zu den Segelyachten, die an der Seine für Aufsehen sorgten, gehörte auch die Code-0 von BlackPepper - die elegante Carbon-Schönheit im Retrolook erwies sich als Blickfang. Dieser knapp zehn Meter lange und nur 1950 Kilogramm schwere Daysailer, gezeichnet von Romaric Neyhousser, steckt voller optischer und technischer Reize. Kohlefaser sorgt für ein niedriges Gesamtgewicht und die Rumpfform mit Doppelruderanlage und Klappkiel verspricht ein hohes Maß an Segelvergnügen. Allerdings müssen auch hier wenigstens 180.000 Euro plus Mehrwertsteuer auf den Tisch der Werft gelegt werden.

Segeln selbst mit kleiner Crew möglich

Mt wenigstens 69.000 Euro noch erschwinglich, ist die A 27 genannte Neuerscheinung aus dem Hause Archambault - ein Crossover zwischen Hightech-Yacht und handlichem Cruiser, der das Segeln selbst mit kleiner Crew ermöglichen soll. Auch diese Werft, bislang eher für schlanke Designs bekannt, baut jetzt im Heckbereich des Rumpfes breiter, schafft so erkennbar mehr Platz und verpasst diesem Entwurf auf Kundenwunsch und gegen Zuzahlung ebenfalls einen Klappkiel für die Fahrt in flachen Gewässern.

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