Dreirädrige Motorroller:Mit dem Dritten fährt man besser

Nach dem überraschenden Piaggio-Erfolg wollen nun auch Peugeot und Quadro dreirädrige Motorroller auf den Markt bringen.

Thilo Kozik

Das hatte die Welt noch nicht gesehen: Mitte 2006 überraschte der Piaggio-Konzern mit einem ungewöhnlichen Gefährt namens MP3, das vorne zwei und hinten ein Rad trug. Motorisiert war der MP3 mit 125 Kubik oder 250 Kubik großen Automatik-Triebwerken.

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Was im Oktober noch eine Studie war, wird jetzt Realität - das motorisierte Dreirad von Peugeot.

(Foto: Peugeot)

Trotz der schon damals unbestrittenen fahrdynamischen Vorzüge herrschte allerdings allerorten Skepsis - zu ungewohnt war die Idee, den Fahrern eines Zweirads ein drittes Rad zu verpassen.

Doch die Idee setzte sich durch, mit dem Verkaufsstart 2007 fand das Dreirad auf Anhieb zahlreiche Freunde in Italien, Frankreich und Deutschland. Die Beliebtheit wuchs mit stärkeren Motorvarianten, die besser mit dem erheblichen Konstruktionsaufwand und dem Zusatzgewicht zurechtkamen.

Und als Piaggio 2009 die LT-Version des MP3 auf den Markt brachte, die mit Autoführerschein gefahren werden darf, gibt es kein Halten mehr.

Fakt ist, dass sich der Piaggio MP3 400 LT zwischen Januar und Dezember 2010 hierzulande besser als jeder andere Roller verkauft hat - exakt 1648 Einheiten. Unter allen Zweirädern belegt das 400er-Dreirad sogar den neunten Platz, noch vor den beiden BMW-Modellen F 800 und F 650 GS.

Nachahmer sind am Start

Der große Vorteil gegenüber nur einem Vorderrad ist die doppelt so große Kontaktfläche der beiden Reifen vorne. Das sorgt für erheblich bessere Haftung, mit der sich spürbar mehr Bremskräfte übertragen lassen; Piaggio spricht von rund zwanzig Prozent höherer Bremsleistung und deutlich besserem Frontgrip. Dadurch verlieren die Vorderräder später die Haftung, die Front beginnt später zu rutschen als bei einem Single und die Gefahr des Einklappens mit nachfolgendem Sturz ist durch die breitere Spur praktisch gebannt.

Der Clou aber ist die Möglichkeit, den MP3 in der LT-Version mit dem Autoführerschein fahren zu dürfen. Hier treffen gleich drei den Verkehr regelnde Ordnungen aufeinander. Dass man einen Helm tragen muss, gibt die Straßenverkehrsordnung vor, weil man sich auf dem MP3 nicht anschnallen kann - anders als beim seligen C1 von BMW, der deshalb von der Helmpflicht befreit war.

Um den MP3 LT mit dem Autoführerschein fahren zu dürfen, muss er laut Fahrerlaubnisverordnung FeV als "dreirädriges Kfz" anerkannt sein. Was das ist, regelt wiederum die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung: Hier nutzt Piaggio eine Lücke in den EU-Homologationsvorschriften, die vorschreiben, dass der Abstand zweier Räder auf einer Achse mehr als 46 Zentimeter betragen muss - beim LT sind es exakt 46,5 Zentimeter.

Weitere Unterschiede gegenüber dem Standard-MP3 sind weiter von der Fahrzeugmitte entfernt an Auslegern angebrachte Frontblinker sowie eine tiefer heruntergezogene Frontverkleidung mit mittiger Tagfahrleuchte; letzteres ist für die Länder wichtig, in denen Pkw tagsüber mit Licht fahren müssen. Dazu schreibt die Homologation eine zusätzliche Integral-Fußbremse vor, die auf alle Räder wirkt.

Der Überraschungserfolg des Piaggio-Dreirads ruft nun die ersten Nachahmer auf den Plan, unter ihnen Peugeot. Für den Herbst des Jahres haben die Franzosen die Premiere eines solchen Rollers angekündigt, der bereits seit drei Jahren in der Pipeline steckt.

Autoführerschein reicht

Zuerst als dreirädrige Studie mit einem dem C1 nachempfundenen Dach, stand im vergangenen Oktober auf dem Pariser Salon eine futuristisch gestylte Version mit Hybridantrieb namens Hybrid3 Evolution.

Wie beim MP3 sind die beiden Vorderräder über ein Parallelogrammgestänge miteinander verbunden; dieses betätigt jedoch ein quer zur Fahrtrichtung mittig zwischen den Rädern angebrachtes Federbein. Gegenüber den beiden unabhängigen Schwingen der Italiener dürfte diese Konstruktion mehr Stabilität mit sich bringen.

Das Peugeot-Dreirad wird jedoch nicht als Hybrid an den Start gehen, sondern mit einem 300-Kubik-Einzylindermotor versehen sein, der mit Kompressor bis zu 41 PS Spitzenleistung generiert.

Dritter im Bunde ist der italienische Hersteller Quadro, der seinen 350D bereits der Öffentlichkeit präsentiert hat. Bei dieser vom Frühjahr an erhältlichen dreirädrigen Variante wird die Vorderradführung hydraulisch gesteuert, ebenfalls in einem Achsabstand von mehr als 46 Zentimeter, wodurch auch hier der Autoführerschein in den Sattel hilft. Bis 2014 möchte Quadro eine ganze Flotte mit verschiedenen Motorisierungen auf den Markt bringen.

Doch die neue Lust auf allen Dreien macht nicht jedem Spaß. Denn so mancher EU-Zulassungsbehörde sind diese Homologationsvorschriften ein Dorn im Auge, man würde dieses Schlupfloch lieber heute als morgen gestopft sehen. Doch bis in Brüssel dazu eine EU-weite Entscheidung gereift ist, dürfte noch so manches motorisierte Dreirad für jede Menge Fahrspaß sorgen.

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