Dempster Highway am Polarkreis:Polar-Express im Norden

Eine Schneeflocke fällt vom Himmel und bei deutschen Autofahrern bricht Panik aus. Was hierzulande zum Ausnahmezustand auf den Straßen führt, ist nahe am Polarkreis über Monate hinweg der Normalfall. Ein Blick auf den Dempster Highway im Norden Kanadas.

Von Jürgen Wolff

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Eine Schneeflocke fällt vom Himmel und bei deutschen Autofahrern bricht Panik aus. Was hierzulande zum Ausnahmezustand auf den Straßen führt, ist nahe am Polarkreis über Monate hinweg der Normalfall. Ein Blick auf den Dempster Highway im Norden Kanadas.

736 Kilometer Straße - und gerade mal ein knappes Dutzend Autos, die einem während einer Tagestour entgegen kommen. Der Dempster Highway ist die nördlichste öffentliche Straße Kanadas und die einzige, die rund ums Jahr über den Polarkreis führt. Sie verbindet seit August 1979 Dawson City mit Inuvik in den Northwest Territories. Speziell in den Wintermonaten ist sie vor allem eines: ziemlich leer.

In den Wintermonaten herrschen Temperaturen bis zu -40 Grad Celsius. Dann werden sogar zugefrorene Stücke des Mackenzie River einfach zur Straße umfunktioniert und führen über Inuvik hinaus weiter nach Tuktoyaktuk an die Nordküste Kanadas.

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Der Dempster Highway ist typisch für die Fernstraßen im hohen Norden. In weiten Teilen folgt er einem alten Hundeschlittenweg aus der Goldgräberzeit. Manchmal geht es in Tundra-Ebenen schnurgerade über zig Kilometer Richtung Horizont, dann wieder schlängelt er sich durch vulkanische Gebirge oder entlang vereister Fluss- und Bachläufe durch weite, tief verschneite Nadelwälder.

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Wer hier im Winter unterwegs ist, der ist über hunderte von Kilometern auf sich allein gestellt. Siedlungen entlang der Route gibt es nicht. Bis nach Eagle Plains, einem Rasthof kurz vor dem Polarkreis, sind es rund 400 Kilometer.

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Immer wieder stehen eingeschneite Autos am Straßenrand, die liegen geblieben sind und nun notgedrungen bis zum Frühjahr überwintern. Wer hier von der Straße abkommt, hat schlechte Chancen, vor dem Tauwetter gefunden zu werden.

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Die Fahrbahn selbst ist erstaunlich griffig - das liegt an dem tiefkalten Schnee. Tempo 100 ist erlaubt und meist auch machbar. Ein-, zweimal am Tag planiert ein riesiger Schneepflug die Fahrbahn. Die meisten Autos fahren in der Straßenmitte und weichen erst auf ihre Spur aus, wenn sich weit voraus Gegenverkehr ankündigt. Wo die Straße rechts und links endet, ist unter dem Schnee meist nicht genau auszumachen.

Parken ist vor allem auf vielen langen geraden Strecken des Highways verboten. Zum einen besteht die Gefahr stecken zu bleiben, zum anderen wird der Highway in Notfällen als Start- und Landebahn für Flugzeuge genutzt.

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Das einzige Rasthaus kurz vor dem Polarkreis ist Eagle Plains, das etwa auf halber Strecke zwischen Inuvik und Tuktoyaktuk liegt. Danach gibt es noch Stationen in Fort McPherson und Tsiigehtchic. Draußen auf dem Parkplatz stehen ein Dutzend hell beleuchteter Sattelschlepper mit laufendem Motor. Auf die Idee, den Motor abzustellen käme niemand - bei den eisigen Temperaturen wäre er am nächsten Morgen nicht mehr zu starten. Und wenn das Wetter zu schlecht zur Weiterfahrt ist, kann der Zwangsaufenthalt mehrere Tage dauern.

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Der Dempster Highway wurde erst 1979 eröffnet, obwohl die Planung bereits 1958 begann. Er sollte das Mackenzie Delta im Norden von Kanada und seine großen Öl- und Gasvorräte erschließen. Parallel zur Straße wurde eine Öl-Pipeline geplant. Doch angesichts der enormen Kosten lag das Projekt bis Anfang der 1960er Jahre nach 115 fertiggestellten Kilometern erst einmal auf Eis.

Als knapp zehn Jahre später im benachbarten Alaska ebenfalls Öl- und Gasvorkommen entdeckt wurden, nahm die kanadische Regierung das Straßenbauprojekt mit Milliardenaufwand wieder auf. Sie hatte Angst, von den USA im Wettlauf um die Rohstoffe abgehängt zu werden.

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Schon die Konstruktion des zweispurigen Highways ist angesichts der unwirtlichen Klimabedingungen einzigartig. Er sitzt auf einem 1,2 bis 2,4 Meter dicken Kiesbett, das ihn vom Permafrostboden darunter isoliert. Ohne das Kies-Polster würde die Eisschicht tauen und die Fahrbahn im Untergrund versinken. Die zwei Stahlbrücken über den Ogilvie und den Eagle River wurden von einem kanadischen Militär-Regiment gebaut.

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Der Dempster Highway ist nicht die einzige Fernstraße im hohen Norden des amerikanischen Kontinents, an dem die Armee beteiligt war. Auch der Alaska Highway war zunächst ein reines Militärprojekt. Tausende amerikanische Soldaten bauten 1942 die 2.233 Kilometer lange Querverbindung vom kanadischen Dawson Creek zum US-amerikanischen Fairbanks in Alaska in nur knapp neun Monaten. Die Amerikaner befürchteten im Zweiten Weltkrieg die Invasion japanischer Truppen in Alaska und wollten deshalb bei jedem Wetter schnellstmöglich Truppen in den Norden schicken können.

© süddeutsche.de/pi/hei/ihe/reek
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