Daimler-Chrysler-Scheidung:Daimler soll Vergangenheit bewältigen

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Zwei Aktionäre und Konzernkritiker lassen nicht locker: Sie wollen den Stuttgarter Autobauer dazu zwingen, angebliche Fehler bei der Fusion mit Chrysler aufzuarbeiten.

Von Dagmar Deckstein

Mit der schieren Namensänderung von "DaimlerChrysler" in "Daimler AG" dürfte es auf der außerordentlichen Hauptversammlung des Stuttgarter Autokonzerns am 4. Oktober nicht getan sein. Erneut will der als Konzernkritiker bekannte Aktionär Ekkehard Wenger das Konzernmanagement dazu zwingen, angebliche Versäumnisse der Vergangenheit aufzuarbeiten, die zu Lasten der Aktionäre gingen.

Geschiedene Marken: Am 4. Oktober sollen die Aktionäre über die Namensänderung abstimmen. Chrysler soll aus der Firmierung verschwinden. (Foto: Collage: Michael Mainka; Fotos: AP, ddp)

Zusammen mit seinem Kollegen Leonhard Knoll verlangt der Würzburger Wirtschaftsprofessor verschiedene Sonderprüfungen, unter anderem zur Fusion mit Chrysler, um mögliche Schadenersatzansprüche gegenüber dem Vorstand und dem Aufsichtsrat klären zu lassen.

Zum Gegenstand einer solchen Prüfung wollen die beiden Aktionäre aber auch das Aktionärstreffen in Berlin selbst erheben. Sie verlangen Aufklärung darüber, warum das Management "die erheblichen Kosten einer außerordentlichen Hauptversammlung in Kauf genommen habe, statt auf den ordentlichen Hauptversammlungen 2007 oder 2008 einen Beschluss über die Änderung der Firma zu fassen."

Ebenso hegen sie den Verdacht, dass "gegen viel Geld sinnlose Beratungsleistungen eingekauft wurden, um die sich geradezu aufdrängende Rückkehr zum Traditionsnamen Daimler-Benz unwissenden internationalen Anlegern als scheinbar zweitbeste Wahl 'verkaufen' zu können."

Daimler-Namensrechte liegen bei Ford

Zudem halte sich auf den Kapitalmärkten hartnäckig das Gerücht, dass für einen dreistelligen Millionenbetrag erst das Recht erworben werden musste, den Namen "Daimler AG" überhaupt führen zu dürfen. Die Namensrechte an Daimler gehören nämlich seit mehreren Jahrzehnten dem US-Autobauer Ford. Unter dem Markennamen Daimler verkauft die Ford-Tochter Jaguar traditionell eigene Luxusautomobile.

Wie schon auf der letzten Hauptversammlung Anfang April lassen Wenger und Knoll nicht locker, was die Folgen des Zusammenschlusses von Daimler-Benz und Chrysler 1998 anbetrifft. Geklärt werden soll, ob Vorstand und Aufsichtsrat es unterlassen haben, die damaligen Unternehmenswerte der beiden Firmen genau festzustellen. Wenger und Knoll vermuten, dass als Basis für den Umtauschwert lediglich die Börsenwerte herangezogen worden seien und bei Chrysler ein Zuschlag von annähernd 30 Prozent vorgenommen wurde. "Somit konnte sich auch die Zustimmung einer weit überwiegenden Anzahl von Aktienstimmen nicht auf fundierte Informationen stützen", klagen die beiden Aktionäre in einem ihrer 17 Gegenanträge.

Doch keine Fusion unter Gleichen

Im Visier haben Wenger und Knoll immer wieder den früheren Konzernchef Jürgen Schrempp, unter anderem wegen seines Interviews mit der Financial Times im Jahr 2000. In dem hatte er zugegeben, das die "Fusion unter Gleichen" in Wahrheit eine Übernahme Chryslers durch Daimler gewesen sei, worauf der Autokonzern amerikanischen Sammelklägern 300 Millionen Dollar Schadenersatz zahlen musste. In diesem Zusammenhang fordern sie auch den Vertrauensentzug gegen den Gesamtbetriebsratschef und Aufsichtsrat Erich Klemm, weil er vor "Schrempps Misswirtschaft beständig die Augen verschlossen" habe.

Grundsätzlich kann jeder Aktionär eine Sonderprüfung beantragen. Um eine Ergänzung der veröffentlichten Tagesordnung zu erzwingen, schreibt das Aktiengesetz jedoch vor, dass der Aktionär über einen anteiligen Betrag am Grundkapital von mindestens 500.000 Euro verfügt. Eine Beteiligung in dieser Größenordnung müssen Wenger und Knoll demzufolge halten.

Damit tatsächlich ein Sonderprüfer eingesetzt wird, muss die Hauptversammlung allerdings mit einfacher Mehrheit dem Antrag zustimmen. Wird er abgelehnt, können Aktionäre, die mehr als ein Prozent des Grundkapitals halten, beim Landgericht Stuttgart die Einsetzung eines Sonderprüfers verlangen. Das hatten Wenger und Knoll im April nicht getan, nachdem ihre Anträge nur fünf Prozent Zustimmung der Aktionäre erhielten.

© SZ vom 10.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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