Daihatsu Cuore:Unser Kleiner ist nun fast erwachsen

Kinderkrankheiten sind bei dem auf 3,41 Meter gewachsenen Wagen kaum auszumachen / Preise beginnen bei 13 990 Mark

(SZ vom 27.01.1999) "Schau, ist nicht was aus ihm geworden!" So sprechen stolze Eltern, wenn es ihr Sprößling zu etwas gebracht hat. Doch des Deutschen liebste Kinder sind nicht immer zweibeinig, sondern kommen manchmal auf vier Rädern daher. Und so ist man bei Daihatsu Deutschland stolz auf die Neuauflage des Kleinwagen-Klassikers Cuore, die am 6. Februar zu den 370 Daihatsu-Händlern rollt. 1981 brachte der japanische Hersteller die ersten dieser Mini-Vehikel, die aus der Platznot in Tokio geboren wurden, nach Deutschland - damals mit einem Zweizylindermotor mit 20 kW (27 PS). 3,9 Millionen Exemplare des Cuore konnten weltweit verkauft werden. Nur im autoverrückten Deutschland haftete dem Fahrer eines solchen mobilen Zwerges ein bißchen das Image an: Zu mehr hat es wohl nicht gelangt.

Doch die Zeiten haben sich geändert, bewußter Verzicht steht hoch im Kurs, siehe Smart, dessen Marketing-Strategen gleich die Rücksitze wegrationalisiert haben. So weit sind die Japaner bei der nun vierten Generation des Cuore nicht gegangen: Sie haben es bei vier Sitzplätzen belassen, auch wenn die Karosserie um zehn Zentimeter in der Länge (auf 3,41 Meter) und um acht Zentimeter in der Breite (auf 1,48 Meter) zunahm.

Der schnöde Charme der Basis

Den Größenzuwachs spürt man auch, wenn man in dem relativ weichen Gestühl Platz nimmt. Vor allem kommen die Ellbogen nun nicht mehr ständig unfreiwillig mit der Tür in Kontakt, und der Luftraum über dem Fahrersitz ist ausreichend. Dennoch ist es ganz klar, daß der Cuore ein Kleinwagen geblieben ist und somit nicht die Platzverhältnisse einer Mittelklasselimousine bieten kann. Trotz aufgepeppter Sitzbezüge herrscht in der Basisversion der schnöde Charme schwarzen oder grauen Kunststoffs vor: Das Interieur ist wohl mit funktionell am besten beschrieben, denn die Instrumente lassen sich klar ablesen, Hebel und Schalter sind am richtigen Platz - bis auf die fummeligen Knöpfe des Radios. Und das Lenkrad ist eindeutig zu groß ausgefallen, die Knie großgewachsener Fahrer wollen kaum darunter passen. Die Karosserieform haben die Designer nur behutsam mit Weichspüler behandelt, auf allzu rundliche Formen haben sie verzichtet.

Den Cuore gibt es in drei Ausstattungsvarianten, aber immer dem gleichen Motor: Einstiegsversion ist der dreitürige GL, der 13 990 Mark kostet. Das ist ein fairer Preis. Zwar hat der Vorgänger nur 13 100 Mark gekostet (ohne Airbags), oder 13 500 Mark mit den Luftsäcken für Fahrer und Beifahrer. Im Cuore IV sind die Airbags aber selbst in der günstigsten Variante serienmäßig, und auch die restliche Sicherheitstechnik ist auf dem Stand der Zeit. Klar ist aber, daß ABS in so einem Kleinwagen aufpreispflichtig ist: Für 690 Mark gibt es ein modernes Vier-Kanal-Vier-Sensoren-ABS; unverständlich hingegen bleibt, daß die Käufer der Basisversion den Bremshelfer weder für Geld noch gute Worte bekommen können. Erst in der dreitürigen GLX-Version (15 690 Mark) und im Topmodell Cuore Fun (16 790 Mark) gibt es auch Annehmlichkeiten wie Servolenkung, Kopfstützen hinten und elektrisch verstellbare Außenspiegel. Fehlanzeige herrscht bei allen Versionen bei Seitenairbags.

Beim Fun kommen noch so wichtige Dinge wie ein Dachspoiler, der einem Opel Manta GSi zur Ehre gereicht hätte, eine Heckschürze mit Einsätzen aus Gittergeflecht, Frontspoiler und breitere Reifen auf Leichtmetallfelgen hinzu. Zwar ist der Basis-Cuore mit den schmalen Reifen bestimmt kein Schönling, er wirkt etwas hochbeinig, aber die Proportionen stimmen noch eher als beim Fun, der wie ein martialisches Matchbox-Auto aussieht. Mit dem Fun schielt Daihatsu auf ein jüngeres Publikum.

Keine Wahlmöglichkeiten bleiben bei der Motorisierung: Unter der Fronthaube werkelt nun ein Dreizylindermotor mit 1,0 Litern Hubraum und Vierventil-Technik. Die Leistung erhöhte sich auf 41 kW (55 PS), was für das gut 700 Kilogramm schwere Auto wirklich genug ist. Bei ersten Fahrten zwischen Grauen und Jerusalem entpuppte sich der Cuore als sehr agiler Kleinwagen. Der Motor dreht willig hoch, gibt dabei aber einen recht kernigen Klang von sich. Die Schaltung ist kein Ausbund an Leichtigkeit, aber immerhin präzise, und das Fahrwerk tendiert in Richtung straff. Hier für die Zahlenfreunde noch die Basisdaten: Höchstgeschwindigkeit 140 km/h, Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 12,8 Sekunden, Verbrauch 5,0 Liter Normalbenzin auf 100 Kilometer (GL).

Rückbesinnung auf das Notwendige

Daihatsu Deutschland hat sich mit dem neuen Cuore hohe Ziele gesetzt: 4500 Einheiten wurden 1998 vom "alten" Cuore verkauft, in diesem Jahr sollen es 7200 vom neuen werden. Damit ist der Cuore das Volumenmodell, mit großem Abstand vor dem Sirion (3600) und dem Move (2400). Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, denn die Rückbesinnung auf das Notwendige - auf ein Auto ohne Chichi - bietet durchaus Chancen, zumal der Cuore nach dem Lada Samara das zweitgünstigste Großserienauto ist, das in Deutschland angeboten wird. Der Preis ist wohl das stärkste Verkaufsargument für ihn: Je nach Variante ist ein Cuore zwischen 2000 und 3000 Mark günstiger als ein VW Lupo, ein Seat Arosa oder ein Nissan Micra, mit denen er jetzt verglichen werden will. Der Klasse eines Fiat Seicento sei man entwachsen, sagt Daihatsu. Das klingt ganz nach stolzen Eltern.

Von Otto Fritscher

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